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Erdogan schickt Flüchtlinge zurück nach Syrien und Afghanistan – mit Unterstützung der EU
12.10.2024, Erkan Pehlivan Frankfurter Rundschau
Eine weltweite Untersuchung zeigt, dass die Bedingungen in türkischen Abschiebezentren desaströs sind. Diese Einrichtungen werden von der EU finanziert.
Ankara – Die Türkei schiebt wieder Flüchtlinge nach Syrien und Afghanistan ab. Dabei wird Ankara von der EU unterstützt. Das zeigt das Ergebnis einer gemeinsamen Recherche, an der unter anderem Medien wie Politico, Der Spiegel, El Pais und Le Monde beteiligt sind. Zu den Verfassern gehört auch die Flüchtlingshilfe NRC. Die Aussagen der Flüchtlinge belegen dabei ihre schwierigen Lebensverhältnisse in türkischen Einrichtungen, die von der EU finanziert werden.
Einer der Abgeschobenen teilte in dem Interview mit den Journalisten etwa mit, dass in der Haftanstalt, in der er drei Monate verbrachte, überall die EU-Flagge wehte. „An Türen, Fenstern, Seifensäcken, sogar auf Matratzen und Kissen“, erzählt einer der Flüchtlinge aus Syrien, der unter dem Synonym Sami bezeichnet wird, Politico gegenüber.
Der Syrer sei in der medizinischen Klinik in der Haftanstalt außerhalb der türkischen Stadt Şanlıurfa festgehalten worden, die von der EU finanziert wurde. Kurz nach seiner Ankunft sei ihm die Behandlung jedoch verweigert worden. Im März war der Flüchtling so erkrankt gewesen, dass er nicht mehr laufen konnte. „Ich kam mit einem Gewicht von 73 Kilogramm nach Şanlıurfa“, erinnert sich Sami. „Als ich ging, wog ich 44 Kilogramm.“
EU lässt sich Flüchtlingsdeal mit Türkei 11 Milliarden kosten
Die EU lässt wegen des sogenannten Flüchtlingsdeals Milliarden nach Ankara fließen. „Im Zuge der europäischen Flüchtlingskrise 2015 hat die EU mehr als 11 Milliarden Euro in die Türkei gepumpt, um das Land bei der Unterstützung, Unterbringung und Verwaltung von fast vier Millionen Menschen zu unterstützen, die vor dem verheerenden Bürgerkrieg in Syrien nach Norden geflohen waren“, schreibt Politico. Mit den Geldern sollte Ankara als Wachhund an der EU-Grenze fungieren und Flüchtlinge von Europa fernhalten.
Jetzt scheint aber auch die Türkei die Flüchtlinge loswerden zu wollen. Die Recherche kommt zu dem Ergebnis, dass von der EU finanzierte Infrastruktur dafür genutzt wird, Flüchtlinge nach Syrien, Afghanistan und andere Länder abzuschieben. Die Betroffenen berichteten den Journalisten von Folter, Vernachlässigung und der Verweigerung des Zugangs zu von der EU finanzierten Hilfsgütern, die die Bedingungen verbessern sollten. „Fahrzeuge mit dem blau-goldenen Emblem der EU und dem türkischen Stern und Halbmond machen nun Jagd auf Migranten ohne Papiere und haben sie in mindestens einem Fall gegen ihren Willen über die Grenze gebracht“, heißt es in dem Bericht.
EU finanziert 30 von 32 Abschiebezentren in der Türkei
Brüssel finanzierte sechs „Aufnahmezentren“ – Einrichtungen zur vorübergehenden Unterbringung und Registrierung von Asylbewerbern – und einem „Abschiebezentrum“, von dem aus Migranten, die kein Bleiberecht haben, in ihre Heimatländer abgeschoben werden sollte. Schon 2015 seien die Gebäude im Einvernehmen mit der Europäischen Kommission in Abschiebezentren umgewandelt worden. Nach Angaben aus Ankara verfüge die Türkei inzwischen über 32 Abschiebezentren für 20.000 Insassen. Geheiminformationen von Beamten zufolge soll die EU 30 Abschiebezentren in der Türkei unterstützt haben.
Die Journalisten, die an dieser Untersuchung arbeiteten, befragten 37 ehemalige Gefangene, die in 22 von der EU finanzierten Zentren festgehalten wurden. Aller der Befragten berichteten über katastrophale Bedingungen wie Überbelegung, unzureichende Ernährung und schlechte Hygiene. Von den 37 befragten Flüchtlingen berichteten 30, dass sie Schläge selber erlebt oder gesehen haben.
Brüssel dürften die miesen Verhältnisse in den von ihnen finanzierten Abschiebezentrenten bekannt sein. Die EU-Kommission sei immer wieder gewarnt worden – von zivilgesellschaftlichen Gruppen, Anwälten, Diplomaten und sogar ihren eigenen Mitarbeitern. Brüssel hatte dies allerdings immer wieder ignoriert, so der Bericht von Politico. Auf die Frage, ob die Kommission wisse, dass die Türkei nun EU-finanzierte Infrastrukturen zur Durchführung von Zwangsabschiebungen nutze, sagte ein Ex-Beamter: „Sie wissen es. Jeder weiß es. Die Leute verschließen ihre Augen.“
Türkei weist Vorwürfe über Misshandlung in Abschiebezentren zurück
Die türkische Regierung weist die Vorwürfe von sich. In einer Erklärung gibt Ankara gegenüber den Journalisten bekannt, „in Übereinstimmung mit dem Gesetz, den Menschenrechten und unseren zivilisatorischen Werten arbeitet, und zwar von der Erkennung und Erfassung irregulärer Migranten, die in unserem Land aufgegriffen werden, bis hin zu ihrer administrativen Inhaftierung in Abschiebezentren und ihrer anschließenden Abschiebung in ihre Herkunftsländer oder sichere Drittstaaten“. Alle Abschiebezentren befolgten demnach „das Prinzip der ‚Nulltoleranz gegenüber Misshandlungen“.
In Deutschland reagiert man empört auf den Bericht über die Flüchtlinge in der Türkei und fordert die Bundesregierung zum Handeln auf – auch weil die Abschiebezentren in dem Land mit deutschen Steuergeldern finanziert wurden. „Die Ampelregierung aus SPD, Grünen und FDP redet immer dann von Menschenrechten, Völkerrecht und Humanität, wenn es ihren geopolitischen Interessen in den Kram passt. Wenn es aber um einen NATO-Partner wie Erdogan geht, lassen sie sich offenbar Abschiebegefängnisse oder Lager für Schutzsuchende aus Syrien oder Afghanistan in der Türkei mit deutschen Steuergeldern finanzieren. Der Deutsche Bundestag und die Öffentlichkeit sollten darüber informiert werden, welche Deals Scholz, Baerbock und Lindner mit Erdoğan machen“, erzählt Dr. Kamal Sido, Nahostreferent bei der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) im Gespräch mit unserer Redaktion.
„Übrigens: Der Krieg in Syrien oder Afghanistan wäre nicht entstanden oder hätte sich nicht verschärft, wenn Deutschland und die NATO nicht Milizen, insbesondere islamistische, finanziert und bewaffnet hätten. Dann hätten viele Kurden, Hazara, Armenier, Assyrer/Aramäer, Yeziden, Christen oder Aleviten ihre Heimat nicht verlassen müssen. Was die Ampel macht, ist menschenverachtend“, so der Experte bei der GfbV.
EU lagert Menschenrechtsverletzungenvor die europäischen Grenzen aus
Ähnlich reagiert auch die Menschenrechtsorganisation medico. „Es ist ein offenes Geheimnis, dass die EU seit Jahren systematisch die illegalen Abschiebepolitiken der Türkei finanziert und damit viele der Menschenrechtsverletzungen erst ermöglicht. Es ist Teil der europäischen Externalisierungspolitik, mit der die EU versucht, Migration einzudämmen und Menschenrechtsverletzungen, wenn möglich, vor die europäischen Grenzen auszulagern“, sagt Valeria Hänsel, Referentin für Flucht und Migration bei medico, im Gespräch mit unserer Redaktion.
„Möglich wurden diese grauenvollen Einrichtungen für Flüchtlinge durch Gelder aus der EU. „Die milliardenschwere Finanzierung durch den EU-Türkei Deal war der Kickoff, Aufnahmeeinrichtungen für Geflüchtete in der Türkei in Gefängnisse umzuwandeln“. Seit Jahren mehrten sich Berichte über Folter und Misshandlungen in den türkischen Gefängnissen und auch darüber, dass Menschen systematisch zur sogenannten „freiwilligen Rückkehr“ gezwungen werden.