MESOP MIDEAST WATCH : SHAME AND TROUBLE IN THE FAMILY = USA & ISRAEL

„Zutiefst enttäuschend“: Netanjahu verärgert US-Verbündeten

21.06.2024, FAZ – Israels Regierungschef heizt mit einem Video die Spannungen im Verhältnis zur US-Regierung an. Und das, während die Sorge vor einem Krieg mit der Hizbullah wächst. Der Überblick.

Eine neue Fehde des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu mit der US-Regierung erschwert einem Medienbericht zufolge die Bemühungen um eine Deeskalation im Konflikt zwischen Israel und der Hizbullah-Miliz in Libanon. Netanjahus Video vom Dienstag, in dem er die US-Regierung wegen einer zurückgehaltenen Waffenlieferung mit harschen Worten angegriffen hatte, sorge für eine Kluft zwischen den Verbündeten und untergrabe Israels Abschreckungskraft in der Region, berichtete das US-Nachrichtenportal „Axios“ unter Berufung auf mehrere US-Beamte.

Netanjahus Video sei „gelinde gesagt verblüffend“, „zutiefst enttäuschend“ und „ärgerlich“ gewesen, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby, am Donnerstag.

Netanjahu legt nach

Israels Regierungschef legte am Abend nach Kirbys Äußerungen noch einmal nach: „Ich bin bereit, persönliche Angriffe zu ertragen, solange Israel von den USA die Munition erhält, die es im Krieg um seine Existenz braucht“, sagte Netanjahu nach Angaben seines Büros. „Es gibt nichts Besseres, als der Hizbullah zu sagen, dass die USA Israel Waffen vorenthalten, was falsch ist, damit sie sich ermutigt fühlt“, zitierte „Axios“ einen ranghohen US-Beamten. Hizbullah-Chef Hassan Nasrallah hatte am Vorabend die Kampfbereitschaft seiner Schiitenmiliz betont: „Wenn sie (die Israelis) Libanon einen Krieg aufzwingen, wird der Widerstand ohne Einschränkungen, Regeln und Grenzen zurückschlagen“. Zugleich betonte der Generalsekretär der Miliz, Libanon strebe keinen großangelegten Krieg mit Israel an.

Seit mehr als acht Monaten beschießen sich Israel und die Hizbullah ständig. Zuletzt nahm die Intensität der Gefechte deutlich zu. Es wird befürchtet, dass ein offener Krieg zwischen beiden Seiten sich zu einem regionalen Konflikt ausweiten könnte, in den auch die USA als wichtigster Verbündeter Israels hereingezogen würden. Zwischen Israels Regierungschef Netanjahu und der Regierung von US-Präsident Joe Biden hatte es bereits in den vergangenen Monaten heftige Verstimmungen gegeben. Biden und andere ranghohe US-Regierungsvertreter machten mehrfach auf ungewöhnlich deutliche Weise klar, dass sie mit Netanjahus Vorgehen im Gaza-Krieg nicht einverstanden sind. Kritik gibt es insbesondere wegen der hohen Zahl ziviler Opfer und der humanitären Not in dem abgeriegelten Gebiet.