MESOP MIDEAST WATCH : VÖLKERRECHT & KRIEGSRECHT  & GHAZA – von PROFESSOR NORMAN PAECH

Dieser Krieg ist schon lange nicht mehr ein Verteidigungskrieg gegen die Hamas. Er ist ein Krieg gegen das Volk in Gaza, welches nach jüngsten Plänen der Regierung vollständig in die Sinai-Wüste nach Ägypten vertrieben werden soll. Das alte Siedlungskonzept „Land ohne Volk“ lebt wieder auf. Dieser Krieg hat alle Regeln hinweggefegt, mit ihnen ist er nicht mehr zu regulieren bzw. zu „humanisieren“.

 

Wir müssen uns eingestehen, das ist Völkermord!

 

Kimberly Dixon

“Der renomierte Völkerechtler Noram Paech bewertet diese Realität u.a. mit folgenden Worten:

“Was geht da vor? Welche Perversion hat diese Politik ergriffen? Ist dieser Krieg, der ununterbrochene Bombenhagel, dieses ungehinderte tägliche und nächtliche Massaker überhaupt noch mit den allgemeinen Kategorien der Genfer Konventionen und ihrer beiden Zusatzprotokolle erfassbar?

 

Schutz der Zivilisten, gleichgültig ob sie der Aufforderung zur Evakuierung gefolgt sind oder nicht, Schutz der Krankenhäuser und des medizinischen Personals – 4 Krankenhäuser und 38 medizinische Stationen sind zerstört -, Verbot unterschiedsloser Angriffe und der Aushungerung als Mittel der Kriegsführung, Verbot, die Versorgung mit den notwendigsten Lebensmitteln, Trinkwasser und Medikamenten zu behindern.

Appelle, diese Regeln zu beachten, sind seit dem 7. Oktober vollkommen hilflos, ja lächerlich.

Dieser Krieg ist schon lange nicht mehr ein Verteidigungskrieg gegen die Hamas. Er ist ein Krieg gegen das Volk in Gaza, welches nach jüngsten Plänen der Regierung vollständig in die Sinai-Wüste nach Ägypten vertrieben werden soll. Das alte Siedlungskonzept „Land ohne Volk“ lebt wieder auf. Dieser Krieg hat alle Regeln hinweggefegt, mit ihnen ist er nicht mehr zu regulieren bzw. zu „humanisieren“.

 

Wir müssen uns eingestehen, das ist Völkermord! Ein hässliches Wort, dem man seine Hässlichkeit auch nicht mit dem Begriff Genozid nehmen kann. Gerade in der deutschen Geschichte erinnert es an die äußersten Verbrechen, die nie mehr geschehen dürfen. Und ich zögere, es zu gebrauchen.

 

Das Wort hat dennoch in letzter Zeit politische Konjunktur. Völkermord an den Armeniern, an den Tibetern, den Uiguren und den Ukrainern. Nur gegenüber dem eigenen Völkermord an den Herrero und Nama mag der Bundestag das Wort nicht in eine Resolution kleiden.

 

Und jetzt der Vorwurf des Völkermords an Israel? Er wird gegen die Hamas für ihren Überfall am 7. Oktober, in der Tat ein brutales Kriegsverbrechen, erhoben. Aber gegenüber dem jüdischen Staat – das sei purer Antisemitismus.

 

Das Internationale Recht ist nüchtern und emotionslos. Es hat seine Kriterien für den Völkermord in Art. II der Völkermord-Konvention von 1948, Art. 6 des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofes von 1998 und § 6 des deutschen Völkerstrafgesetzbuches von 2002 formuliert. Übereinstimmend heißt es da, dass „Völkermord eine der folgenden Handlungen (sei), die in der Absicht begangen wird, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören“.

 

Zu diesen Handlungen gehören die „Tötung von Mitgliedern dieser Gruppe“, wobei die Anzahl nicht von Bedeutung ist. Sodann heißt es, die „Verursachung von schwerem körperlichen oder seelischen Schaden an Mitgliedern der Gruppe“ sowie „vorsätzliche Auferlegung von Lebensbedingungen für die Gruppe, die geeignet sind, ihre körperliche Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen.

 

Wer die Bilder von den Trümmern Gazas sieht und die Berichte ihrer Menschen hört, erkennt, dass die stereotypen Meldungen in den Medien von israelischen Angriffen gegen Stellungen der Hamas nur der untaugliche Versuch sind, den unterschiedslosen Krieg gegen die gesamte Bevölkerung im Gazastreifen als gezielte Verteidigung zu rechtfertigen.”

 

(zitiert aus Nachdenkseiten „Schwerter aus Eisen“ – ein Völkermord in Gaza “, 3.11.2023) [4]”