MESOP STANDPUNKT : DIE CLINTON’S, OBAMA’S & GOLDMAN-SACHS HABEN TRUMP GROSS GEMACHT

Was Trump groß gemacht hat – Von Dennis J. Snower (Der Amerikaner Dennis J. Snower ist Präsident ‘des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel.)  FAZ  7 Nov 2016

Wer wählt Donald Trump? Diverse Analysen kommen zu einem klaren Ergebnis: Es sind vor allem die Hoffnungslosen, die den Glauben an ihre Zukunft und die ihrer Kinder verloren haben. Viele haben ihre Arbeitsplätze verloren und finden keine neuen. Trump ist ihr Idol, weil er verspricht, die verlorenen Jobs zurückzuholen.

Der Unmut ist berechtigt, denn die amerikanische Regierung hat wenig für sie getan: Eine Reintegration Arbeitsloser in den Arbeitsmarkt findet praktisch nicht statt, staatlich finanzierte Weiterbildung gibt es ebenso wenig wie einen funktionierenden Sozialstaat. Die Regierung gibt relativ wenig Geld für eine aktive Arbeitsmarktpolitik aus. Es ist daher kein Wunder, dass Menschen, deren Jobs es aufgrund von Globalisierung und technischem Fortschritt nicht mehr gibt, zornig sind auf das Establishment.

Dass Trump Kandidat einer der großen amerikanischen Volksparteien werden konnte, muss die amerikanische Politik wachrütteln. Wir leben in Zeiten großer ökonomischer Umbrüche, im Zuge der Digitalisierung werden alte Jobs obsolet, neue entstehen. Das Problem dabei ist, dass sich die Rechenleistung von Computern nach dem Mooreschen Gesetz alle zwei Jahre verdoppelt und damit die Produktivität von Maschinen rasant steigt, während Menschen länger brauchen, um ihre Fähigkeiten anzupassen. Es ist Aufgabe der Regierung, sie zu unterstützen. Hier hat die Regierung in Washington versagt. Opportunistisch, wie er ist, weiß Trump dies zu nutzen. Seine Unterstützer sind tendenziell weiß, gehören der Arbeiterklasse an und haben ein niedriges Bildungsniveau. Sie glauben, dass Chinesen und andere ausländische Wettbewerber ihnen ihre Arbeit wegnehmen. Trump schürt dieses Vorurteil. Einer Studie des Pew Research Centers zufolge glauben 60 Prozent von Trumps Unterstützern, dass ausländische Wettbewerber ihrer finanziellen Lage geschadet hätten, obwohl viele klassische handwerkliche Tätigkeiten, etwa im Bausektor, überhaupt nicht von ausländischer Konkurrenz betroffen sind.

Auch dass Trumps Unterstützer auf dem Arbeitsmarkt übermäßig unter der Konkurrenz von Einwanderern litten, ist eine Fehleinschätzung: Nach einer Pew-Studie stehen vielmehr jene Amerikaner, die entlang der mexikanischen Grenze leben und überproportional von Einwanderung betroffen sind, Migranten positiver gegenüber als Amerikaner in anderen Landesteilen. Wie eine Gallup-Analyse zeigt, stimmen sie nicht häufiger für Trump. Dessen Unterstützer stammen aus weißen Enklaven, die von Einwanderung kaum betroffen sind. Die Angst vor Migranten kommt vor allem daher, dass man sie nicht kennt.

Es ist die Angst vor dem sozialen Ab-sturz, die Trump die Wähler zutreibt. Angst, die Trump mit Mythen und Vorurteilen befeuert — aber gegen die sich etwas tun lässt. Das Problem sind nicht die von Trump ins Feld geführten Sündenböcke — Chinesen und Mexikaner —, das Problem ist die Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik. Schlecht ausgebildete Arbeiter brauchen Weiterbildung, aber die Regierung tut jämmerlich wenig dafür. Laut einer OECD-Studie nimmt Amerika einen der hintersten Plätze ein. Finnland und Dänemark, die ganz vorne stehen, geben im Verhältnis zu ihrem Bruttoinlandsprodukt zehn Mal so viel für Weiterbildung aus wie die Vereinigten Staaten, Deutschland vier Mal so viel.

Es kann zwei Gründe geben, warum Menschen mit schlechten wirtschaftlichen Aussichten konfrontiert sind: mangelnden Einsatz oder mangelnde Voraussetzungen. In den Vereinigten Staaten ist es Letzteres. Dafür ist die Regierung verantwortlich. Wenn der amerikanische Traum, sich durch eigene Anstrengung vom Tellerwäscher zum Millionär hocharbeiten zu können, für immer größere Bevölkerungsteile unerreichbar geworden ist, läuft etwas schief.

Egal wie die Wahl ausgeht: Ohne Kurs-wechsel in der Arbeitsmarktpolitik wird das Problem nicht verschwinden. Amerika braucht ein Sozialsystem, das Hilfe zur Selbsthilfe anbietet, durch Weiterbil-dung und aktive Arbeitsmarktpolitik. Hier können die Amerikaner von Europa lernen. Wenn die neue Regierung das nicht versteht, wird die Zahl der Wütenden weiter anschwellen — und sich schon bald ein neues Idol suchen.

Der Amerikaner Dennis J. Snower ist Präsident ‘des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel.