MESOP DEBATE : WHAT WILL HAPPEN AFTER ! HILLARY MINUS TRUMP OR VICE VERSA ?

Eric Gujer, Chef der NZZ Neue Zürcher Zeitung, heute auf Seite 1 seiner Zeitung über das dekadente Europa, das anderen die Drecksarbeiten der Weltpolitik überläßt und über die erstaunlichen Gemeinsamkeiten gutmenschelnder Europäer mit Donald Trump.

“…Die Kunst des Trittbrettfahrens

“Die europäische Öffentlichkeit applaudierte Obama, obwohl sein Zögern in Syrien unmittelbar vor der europäischen Haustür ein Sicherheitsvakuum schuf. Flüchtlinge und Terroristen gelangen zuerst nach Budapest, Wien oder Berlin, nicht nach Washington. Es ist zudem das direkte Nachbarland Türkei, das in den Strudel dieses Blutvergiessens gezogen und destabilisiert wird.

Dennoch dominiert billige Empörung, wonach die USA gefälligst das Problem lösen sollen, das sie mit dem Irakkrieg geschaffen haben.

Und dann war da noch Bush jr., die «bête noire» aller Anständigen und Wohlmeinenden. Aber eigentlich machte es Bush seinen Verbündeten leicht, indem er notfalls seine Feldzüge alleine führte und es den transatlantischen Vettern so ermöglichte, sich moralisch überlegen zu fühlen, ohne selbst tätig werden zu müssen.

Im Rückblick war er der ideale Präsident für die europäischen Trittbrettfahrer, die sich daran gewöhnt haben, dass die USA die Kastanien aus dem Feuer holen. Die Nato-Partner bestreiten nur 27 Prozent aller Verteidigungsausgaben in der Allianz. Den Rest zahlt Amerika, dem es faktisch obliegt, die westlichen Interessen militärisch zu sichern – ob im Baltikum, in der Strasse von Hormuz oder im Südchinesischen Meer.

Anlehnung an Moskau?

Sosehr sich die Europäer rund um den Globus auf den wohlmeinenden Hegemonen Amerika verlassen, so sehr pflegen sie ihr Zerrbild der amerikanischen Aussenpolitik, die sie für egoistisch, militaristisch und zynisch halten. Diese Perspektive unterscheidet sich nicht allzu sehr von derjenigen Trumps, der die Europäer eigensüchtig und unberechenbar findet und deshalb Bündnisverpflichtung nur erfüllen will, wenn jene ihr Wohlverhalten wie folgsame Schüler bewiesen haben. In ihren wechselseitigen Stereotypen und Klischees stehen sich Europäer und Trump näher, als allen Beteiligten lieb sein kann. Trump übertreibt gerne bis zur Groteske, aber im Kern möchte auch er, dass sein Land weniger internationale Lasten trägt.

Was wäre denn die Alternative zum amerikanischen Interventionismus, in dem sich Eigeninteressen und idealistisches Engagement für Menschenrechte und Völkerrecht auf eigenartige Weise vereinen? Einen ultrarealpolitischen Gegenentwurf präsentiert Präsident Putin, der mit minimalem Einsatz an Ressourcen maximalen Einfluss auf das syrische Geschehen ausübt.

Beobachter aus der nahöstlichen Region, in der Verhältnismässigkeit keinen hohen Stellenwert geniesst, loben die russische Zurückhaltung und Effizienz in Syrien. Dass Moskau die Zivilbevölkerung ins Visier nimmt und Spitäler bombardiert, spielt keine Rolle. Gesehen wird eher die geradezu chirurgische Präzision, mit der Putin seine Kriegsziele erreicht. Während die Europäer mit ihrer humanitären Mission in Afghanistan hadern und den Sinn sämtlicher Militäroperationen in Zweifel ziehen, demonstriert ihnen Putin, wie eine Intervention gelingt, wenn sie nur skrupellos genug ist.

Der amerikanische Wahlkampf fasziniert und stösst zugleich ab. Wir sollten das bizarre Spektakel als Weckruf verstehen und unsere Hassliebe zu den USA überdenken. Die drängendste Frage lautet, was passiert, sollte Washington die Rolle des Weltpolizisten nurmehr eingeschränkt spielen. Europa hat dann ein echtes Problem. Selbst wenn es deutlich mehr für seine Verteidigung ausgäbe, fehlte ihm doch die für eine resolute Aussenpolitik notwendige Geschlossenheit. Eine Anlehnung an Moskau wäre möglich, aber noch weniger kompatibel mit europäischen Wertvorstellungen als die amerikanische Hegemonie.

Ein besserer Bush

Bleibt also nur die fortgesetzte Abhängigkeit von Washington und damit die Hoffnung auf eine aktive, aber disziplinierte US-Politik, sozusagen auf Bush minus Guantánamo und Menschenrechtsverletzungen.

Sofern sich Amerika nicht von seinen Verbündeten abwendet, wird es von ihnen in Zukunft mit Sicherheit eine grössere finanzielle Beteiligung und mehr Eigenverantwortung erwarten. Um solch eine erwachsene Partnerschaft aufzubauen, wäre eine realistischere, weniger emotionale Sicht auf den grossen Bruder notwendig. Sonst ist Trump zwar weg, aber die Europäer bleiben im Käfig ihrer Ressentiments gefangen.””

https://www.facebook.com/nzz/