MESOP : GESAMTER MENSCHENRECHTSBERICHT TÜRKEI MAI 2016 – (Demokratisches Türkeiforum)

  • Meldungen im Mai 2016 – Die folgenden Nachrichten wurden im Mai 2016 vom DTF erfasst (übersetzt).
  • Türkische Gerichtsbarkeit

Laut Information der Tageszeitung Cumhuriyet vom 30.05.2016 hat sich der stellvertretende Ministerpräsident und Regierungssprecher Numan Kurtulmuş zu der Teilnahme von Gerichtspräsidenten an Besuchen des Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan geäußert:
Die Gerichtsbarkeit und ihre Einrichtungen seien letztendlich an das Amt des Staatspräsidenten gebunden, der im türkischen Staat das höchste Amt hat. Wenn die Präsidenten der Ober- Gerichte in irgendeiner Form vom Staatspräsidenten gerufen würden, würden sie an einer Versammlung teilnehmen. Die Teilnahme von Gerichtspräsidenten an Versammlungen, an denen der Staatspräsident teilnehme, sei in keinerlei Weise eine befremdliche Angelegenheit… Die Unabhängigkeit der Justiz werde nicht verletzt.


 Cumhuriyet berichtete am 28.05.2016 über Kritik des ehemaligen Präsidenten des Verfassungsgerichtes Haşim Kılıç an der Begleitung von Gerichtspräsidenten bei Reisen von Staatspräsident Tayyip Erdoğan: Die Beteiligung an Reisen von Erdogan, den die Gerichtsvertreter wie einen Ministerpräsidenten behandeln, und das Applaudieren bei seinen Reden sei falsch. In der Vergangenheit habe es das noch nie gegeben. Wenn die Vertreter der Gerichtsbarkeit nicht an Gerechtigkeit glaubten, müssten sie wenigstens den Eindruck erwecken. http://www.cumhuriyet.com.tr/haber/turkiye/541766/Alkislayamazlar.html

 

  • Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR)
  • Urteil des EGMR im Fall Nusret Kalkan

Die Tageszeitung Demokrat Haber berichtete am 10. Mai 2016 über das Urteil des EGMR im Fall Nusret Kalkan. Nusret Kalkan war im Jahr 2008 mit seiner Familie in der Provinz Mardin zu einem Picknickplatz gegangen. Dort wurde er durch Schüsse eines Soldaten getötet. Nusret Kalkan wurde seit 2007 wegen angeblicher Mitgliedschaft in der PKK gesucht.
Die Türkei erklärte in ihrer Verteidigung, dass Nusret Kalkan nicht auf einen Stopp-Befehl der Soldaten reagiert habe. Der EGMR urteilte, dass von den türkischen Sicherheitskräften unverhältnismäßige Gewalt ausgeübt worden sei. Die Türkei wurde zu einer Zahlung von 65.000 Euro an den 68jährigen Vater verurteilt.

 

  • EGMR Urteil zu Polizeigewalt

Die Tageszeitung BirGün berichtete am 25. Mai 2016 über ein Urteil des EGMR im Fall der Klage von Mitgliedern der Gewerkschaft DISK und der türkischen Ärztevereinigung TTB wegen Polizeigewalt. Am 1. Mai 2008 wollten Gewerkschaften und Berufsverbände auf dem Taksim-Platz im Gedenken an den 1. Mai 1977, bei dem 34 Menschen getötet worden waren, die 1. Mai Feier begehen. Die Regierung hatte jedoch die Feier verboten. Die Menschen versammelten sich daraufhin an dem Morgen vor dem Gebäude des DISK-Büros. Dort wurden sie mit Wasserwerfern und Tränengas angegriffen. Die Gewalt dauerte bis in die Nachtstunden an. Die Polizei hat auch in das DISK-Gebäude und sogar in Krankenhäuser Tränengasgranaten geworfen und sehr viele Menschen dadurch verletzt.
Der EGMR urteilte, die Türkei habe gegen die Artikel 3 und 11 der Europäischen Menschenrechtskonvention verstoßen: Gegen Artikel 3, da durch die Polizeigewalt Menschen verletzt wurden und gegen Artikel 11, da gegen das Recht auf friedliche Versammlung verstoßen worden sei. . Den beiden Verletzten unter den Klägern soll die Türkei 10.000 Euro zahlen, den 19 weiteren Klägern 7.500 Euro.

 

Suruc – Polizei wusste von geplantem Bombenanschlag

Die Tageszeitung BirGün berichtete am 25.05.2016, dass die Polizeidirektion Urfa am 17. Juni (2015 d. Übers.) die Polizei von Suruç (Provinz Urfa) über einen bevorstehenden Bombenanschlag informiert und sie aufgefordert hatte, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen. Das entsprechende Dokument befindet sich in der Anklageschrift gegen Mehmet Yapalıal, den Polizeidirektor von Suruç, wegen Verletzung seiner Amtspflichten.
Die auf Antrag von Anwälten eingeleiteten Ermittlungen gegen Polizeichef Mehmet Yapalıal wegen des Massakers von Suruç, bei dem 33 Personen, überwiegend Studierende, ermordet wurden, wurden abgeschlossen und die Anklageschrift fertiggestellt. In der Anklageschrift wird festgestellt, dass zwar der Beschluss gefasst wurde, zwischen dem 8. Juli und dem 8. August 2015 Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen, der Angeklagte Yapalıal diesen Beschluss aber nicht umgesetzt habe.
Aus der 2-seitigen Anklageschrift geht hervor, dass die Polizeidirektionen von Urfa und von Suruç wussten, dass der IS in Suruç einen Selbstmordanschlag durchführen wollte.
In der Anklageschrift heißt es: „Der Polizeidirektor von Suruç hat es angesichts des wahrscheinlichen Angriffs von außen auf die Menschen, die sich vor dem Amara-Kulturzentrum versammelt hatten, unterlassen, Durchsuchungen von Personen und Gepäckstücken nach Sprengstoff vorzunehmen und damit nicht für ausreichende Sicherheitsmaßnahmen gesorgt. Deshalb wird seine Bestrafung gefordert.
Das Amtsgericht von Suruç hat den ersten Verhandlungstermin in dem Verfahren wegen Vernachlässigung der Amtspflicht auf den 22. September festgelegt.

 

  • Zwei Todesfälle bei erneutem Angriff in Roboski

Bianet berichtete am 30. Mai 2016 über verschiedene Berichte über den Angriff in Roboski. Während der HDP-Abgeordnete für Sirnak Ferhat Öncü zum Audruck bringe, dass Zivilisten angegriffen worden seien, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur, dass PKK-Mitglieder einen Posten angegriffen und einen Leutnant getötet hätten.
Ferhat Öncü sagte, Zivilisten, die Grenzhandel im Dorf Roboski im Distrikt Uludere in der Provinz Sirnak betrieben, seien angegriffen worden und nachdem der 18-jährige Vedat Encü sein leben verloren habe, hätten 30-40 Personen über die Grenze in den Irak fliehen müssen. Er merkte an, dass das Leben der Zivilisten auf der anderen Seite nicht sicher sei. Der Angriff habe an dem selben Ort stattgefunden wie das Massaker 2011. Bei dem 34 Menschen getötet wurden. Dieser zweite Mordanschlag habe stattgefunden bevor die Täter des Roboski-Massakers herausgefunden worden seien. Ambulanzfahrzeuge seien nicht wie beim Roboski-Massaker geschickt worden. Bei dem Angriff seien weitere fünf Personen verletzt worden seien, zwei davon schwer.

Die vom Staat betriebene Nachrichtenagentur Anadalu (AA) und die Dogan-Nachrichtenagentur (DHA) berichteten zu dem Vorfall, dass die Personen in der Gegend keine Zivilisten seien und dass sie mit langen doppelläufigen Gewehren die Kanimasi-Top-Zone an der irakischen Grenze angegriffen hätten.
In einem weiteren Artikel vom 30.05.2016 schreibt Bianet über ein Interview mit dem Kriegsdienstverweigerer und Menschenrechtsaktivisten Yannis Vasilis Yaylalı, der seit dem Massaker in Roboski lebt, über die Ereignisse von Roboski in der Nacht zuvor. Yaylalı berichtet, dass gegen 9.30-9.45 Uhr der Platz bei dem Stein Nummer 15, wo das Roboski-Masaker vor 5 Jahren stattgefunden hat, bombardiert wurde. Die Dorfbewohner, die am Morgen auf die andere Seite der Grenze gegangen waren um Handel zu treiben, wurden bei ihrer Rückkehr der Bombardierung ausgesetzt. Die Bombardierungen fanden von den beiden direkt über der Grenze liegenden Orten Gülyazı Alayı und Beyaz Tepe statt. Yaylali erhielt die Information, dass nach dem ersten Artillerie-Beschuss 15-20 Leute auf die andere Seite der Grenze rannten. 15-20 Minuten nach der Bombardierung erreichte die Nachricht das Dorf und die Dorfbewohner kamen zum Tatort.

Eine Ambulanz soll geschickt worden sein, aber sie wurde vermutlich nicht wegen der Verletzten sondern zur Bergung der Leiche von Vedat Encü.geschickt.
Auf die Frage nach dem getöteten Leutnant antwortete Yaylali, dass der Ort, an dem der Leutnat sein Leben verlor nichts mit diesem Vorfall zu tun habe, sondern mit einem Konflikt in der Andaç Region. Hier habe kein Konflikt stattgefunden. Das Militär habe die Dorfbewohner beschossen, von denen sie wussten, dass sie Grenzhandel betreiben. Die Sicherheitskräfte hätten Thermalkameras und alle Arten von

Ausrüstung. Sie beobachteten jeden Schritt der Dorfbewohner. Die Familien der meisten von denen, die gegangen waren, seien Ranger. Daher sei das Militär über ihr Kommen und Gehen informiert.
Es gebe an dem Ort keine Operationen. Nur dann und wann seien Schüsse der Artillerie zu hören.
Am 31.05.2016 berichtete Bianet in einem weiteren Artikel, dass auch Yılmaz Encü (18) sein Leben verloren habe. Er sei bei der Bombardierung schwer verletzt worden, er habe bei der Bombardierung am 29. Mai 2016 durch die Regiment-Kommandantur Gülyazı ein Bein verloren, sei in das Staats-Krankenhaus von Sirnak gebracht worden habe dort das Leben verloren.
Der aus dem Dorf Roboski stammende Parlamentsabgeordnete der HDP Ferhat Encü wollte zu Trauerbesuchen in sein Heimatdorf kommen, aber dies sei ihm ohne Begründung verweigert worden.

 

  • Sprengstoffladung der PKK explodiert in Dorf bei Diyarbakir

Hurriyet Daily News vom 13.05.2016 und 17.05.2016 berichtete von 16 Toten und 23 Verletzten nach der massiven Explosion von 15 Tonnen Sprengstoff der PKK am 13. Mai 2016 in einem Dorf bei Diyarbakir.
Als ein mit Sprengstoff beladener Lastwagen durch das Dorf Taslık Köyü fuhr, soll es zu Streit zwischen den Dorfbewohnern und den PKK-Militanten gekommen sein. Der Lastwagen zog die Aufmerksamkeit der Dorfbewohner auf sich, weil er zweimal zurückkehrte. Die Dorfbewohner wurden misstrauisch und wollten wissen, was der Lastwagenfahrer machen wollte. Sie nahmen auf dem Weg zum Lastwagen Waffen auf und blockierten die Straße mit zwei Autos. Zwischen den Dorfbewohnern und dem Fahrer, der sagte, er habe den Weg verloren, entwickelte sich ein Streit. Der Fahrer soll dann sein Gewehr genommen und den Dörflern gesagt haben, dass sie einen Angriff auf die Gendarmeriestation planten und forderte sie auf, nicht dagegen einzuschreiten. Die Dorfbewohner wollten die Militanten hindern, die Gendarmeriestation anzugreifen. Als sie die Gendarmerie anriefen, um über die Sache zu berichten, habe der Fahrer das Feuer auf sie eröffnet.
Aufgrund des entstehenden Kampfes zwischen dem Fahrer und den Dörflern soll eine Kugel den Zünder in dem Lastwagen getroffen haben und es habe eine gewaltige Explosion gegeben.
 BBC Türkce vom 17.05.2016 berichtete, dass die PKK eine Erklärung abgegeben habe, die Sprengstoffladung sei explodiert, weil Dorfbewohner darauf geschossen hätten.
Der HDP Ko-Vorsitzende Selahattin Demirtas habe die Tat (der PKK) verurteilt und gefordert, dass die Verantwortlichen sich entschuldigen.

 

  • Seit Januar 2016 Entlassung von 894 türkischen Journalisten

Hurriyet Daily News vom 15.05.2016 informierte über einen Bericht von Press for Freedom, das monatliche, viertel- und jährliche Berichte zur Pressefreiheit in der Türkei herausbringt. Der Bericht, der während einer Pressekonferenz am 14. Mai vorgestellt wurde, zeichnet ein düsteres Bild der sich weiter verschlechternden Lage der Pressefreiheit in der Türkei.
Zwei Zeitungen und eine Nachrichtenagentur wurden „zum Schweigen“ gebracht mittels eines treuhänderischen Gremiums. Dieses Gremium wurde eingesetzt aufgrund „starker Beweise“ einer Verbindung zu der Gülen Bewegung – Anhänger des in den USA lebenden Islamgelehrten Fethullah Gülen, der von der regierenden AKP Partei und Recep Tayip Erdogan vom Freund zum Feind erklärt wurde.
Alleine im April wurden in der Türkei 160 Journalisten entlassen, was die Zahl der Entlassungen im ersten Quartal 2016 auf 894 erhöhte.
Weiterhin wird berichtet, dass 104.904 Internetseiten blockiert wurden. Der Zugang zu der Internetseite der Dicle News Agency (DIHA) wurde seit den Wahlen vom 7. Juni 2015 insgesamt 38 Mal verwehrt, 13 Journalisten der Agentur befinden sich in Haft.
Gewalt gegen Pressevertreter in dem genannten Zeitraum ist ebenfalls angestiegen. 200 Angriffe gegen Journalisten wurden berichtet, in dieser Zahl sind auch Angriffe gegen 21 Medieneinrichtungen enthalten. Ein vierter syrischer Journalist, Zahir al-Sherquat, wurde im April wahrscheinlich von Mitgliedern des Islamischer Staat im Irak und der Levante (ISIL) ermordet. Nach diesem Mord forderte das in Wien ansässige International Press Institute (IPI) von der türkischen Regierung, entschiedene Schritte gegen ISIL-Gewalt auf türkischem Boden einzuleiten.
Zwischen Januar und April 2016 wurden 33 Reporter verhaftet, 13 Ermittlungen gegen Journalisten wurden eingeleitet und 12 Journalisten standen vor Gericht. Im gleichen Zeitraum wurden weitere 12 Journalisten angeklagt wegen „Beleidung des Präsidenten“.
Press for Freedom wies im Besonderen auf die Situation des Chefredakteurs der Zeitung Cumhuriyet, Can Dündar, und des Bürochefs in Ankara, Edrem Gül, hin. Am 6. Mai wurden sie wegen der „Weitergabe von Staatsgeheimnissen“ zu einer 5-jährigen Gefängnisstrafe verurteilt – Stunden, nachdem sie unverletzt einem bewaffneten Anschlag vor dem Istanbuler Gericht entgangen waren.

  • Frauen
  • Frauen- und Kinderrechte durch neue Gesetzesvorschläge unter Druck

Bianet berichtete am 18.05.2016, dass die vor einigen Monaten gegründete sog. parlamentarische Untersuchungskommission zu Scheidungen am 16.05.2016 ihren Untersuchungsbericht vorgelegt hat. Die Kommission hatte den Auftrag Faktoren zu untersuchen, welche die Familieneinheit negativ beeinträchtigen, Scheidungen zu untersuchen und Vorschläge zur Stärkung der Institution der Familie vorzulegen. Die Vorschläge der Kommission lassen eine drastische Verschlechterung der Frauen- und Kinderrechte erwarten. Anstatt den häufigen Scheidungsgrund häusliche Gewalt zu verhindern, würden die Kommissionsvorschläge Scheidung erschweren, berichtet bianet.org. Der Bericht sehe unter anderem vor, dass in Fällen von Gewalt die Aussage der Frau nicht mehr ausreichend sein werde und stattdessen Beweise vorgelegt werden müssten, Familiensachen würden vor Gericht nicht öffentlich verhandelt werden, Unterhaltsrechte der Frau beschränkt werden und über die Heirat von sexuell missbrauchten Kindern mit dem Missbrauchenden hinweggesehen werden. Beispielsweise solle im Falle eine fünfjährigen „erfolgreichen“ Ehe von einer Bestrafung abgesehen werden, einer Zwangsverheiratung des Opfers mit dem Täter steht somit nichts im Wege. In Fällen häuslicher Gewalt sieht der Bericht vor, dass vor Scheidungen ein Mediationsverfahren eingeleitet wird.

 

  • Journalistin wird von Gericht Sorgerecht entzogen

Cumhuriyet berichtet am 18.05.2016, dass die 2. Kammer des Strafgerichts in Tarsus der Journalistin Arzu Yıldız für ihre Bildberichterstattung über den vor diesem Gericht verhandelten Prozess zu illegalen Waffenlieferungen durch den türkischen Geheimdienst an den IS zu einer Freiheitsstrafe sowie dem Entzug des Sorgerechts für ihre beiden minderjährigen Töchter verurteilt wurde. Der Entzug des Sorgerechts als Strafe für ein vom Sorgerecht völlig unabhängiges Vergehen ist ein bisher einmaliger Vorgang.
Die Journalistin hatte Bilder des Verfahrens zu illegalen Waffenlieferungen durch den türkischen Geheimdienst an den IS gezeigt. Ihr wurde vorgeworfen, damit gegen Nicht-Öffentlichkeit des Verfahrens verstoßen zu haben. Die Journalistin berief sich auf die Pressefreiheit und verwies darauf, dass regierungsnahe Medien ebenso Bilder des Prozesses gezeigt hatten ohne in irgendeiner Weise angeklagt oder verfolgt worden zu sein. Neben eine Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 8 Monaten wurde der Journalistin auch das Sorgerecht für ihre Kinder entzogen. Dieser beispiellose Vorgang deutet daraufhin, dass Arzu Yıldız nicht nur als Journalistin für ihre kritische Arbeit sondern auch für ihr öffentliches und berufstätiges Frausein bestraft wird.
Fünfzehn der Hassangriffe seien durch mehr als eine Person begangen worden, bei zwei Angriffen waren mutmaßlich Polizisten beteiligt. Zwölf Angriffe seien mit scharfen Gegenständen verübt worden, in zwei Fällen wurden Schusswaffen benutzt und in einem Fall wurde Arsen angewendet.
Der Bericht kritisiert die diskriminierende Rhetorik, die von Politikern und staatlichen Institutionen benutzt wird und fordert die türkische Republik auf, die notwendigen rechtlichen Veränderungen durchzuführen um ihre internationalen Verpflichtungen für Menschenrechte zu erfüllen.
In vier von neun Fällen von Hassrede, über die in den Medien berichtet wurde, stammten die Äußerungen von bekannten Politikern, nämlich von Präsident Recep Tayyip Erdogan, von dem ehemaligen Minsterpräsidenten Ahmet Davutoglu, dem damaligen stellvertretenden Ministerpräsidenten Yalcin Akdogan und dem innenminister Efkan Ala.
In ihren Bemerkungen zielten die genannten Politiker auf einen LGBT stellvertretenden Kandidaten der HDP, Baris Sulu, und machten die Versprechen dieser Partei für LGBT Rechte und die Legalisierung der Heirat von Homosexuellen herunter.>br> Der Bericht kritisiere die gewaltsame Beendigung der LGBT Pride Parade im Juni 2015 in Istanbul durch die Polizei mit Tränengas und Wasserwerfern und sagte, der Hass gegen LGBTs sei in einen “Aufruf zum Massaker” umgeformt worden, weil Politiker auch noch Öl ins Feuer gossen.
Der gewaltsamen Beendigung sei vorausgegangen, dass eine Islamistische Gruppe mit dem Namen “Junge Islamische Verteidigung” Poster an Wänden und Laternenpfählen befestigt hatte und die Schwulen mit dem Tod bedrohte. Kaos GL schließe seinen Bericht ab mit gesetzlichen Forderungen, darunter der Einführung von verfassungsmäßigen Garantien gegen Hassverbrechen, der Forderung nach dem Beginn einer wirksamen Kampagne gegen den Gebrauch von Hassreden durch Politiker und die Praxis zu beenden, dass die Türkischen Streitkräfte die mutmaßlichen LGBT Soldaten als Leute zu bezeichnen, die „eine Störung der geschlechtlichen Identität“ haben.
Der Verein fordere außerdem die Einführung von Trainingsplänen, die zusammen mit Organisationen der Zivilgesellschaft vorbereitet werden um sicherzustellen, dass Mitglieder der Sicherheitskräfte keine homophobe, transphobe und diskriminierende Praktiken anwenden.

 

  • Während der AKP-Regierungszeit verloren 17057 Arbeiter ihr Leben

Nach einer Meldung von Bianet vom 09.05.2016 hat die Versammlung für Gesundheit der Arbeiter und Arbeitssicherheit in einem Bericht festgestellt, dass während der Regierungszeit der Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) mindestens 17.057 Arbeiter ums Leben gekommen sind.
In den letzten beiden Monaten des Jahres 2002 haben mindestens 146 Arbeiter, 2003 mindestens 811 Arbeiter, 2004 mindestens 843 Arbeiter, 2005 mindestens 1.096 Arbeiter, 2006 mindestens 1.601 Arbeiter, 2007 mindestens 1.044 Arbeiter, 2008 mindestens 866 Arbeiter, 2009 mindestens 1.171 Arbeiter, 2010 mindestens 1.454 Arbeiter, 2011 mindestens 1.710 Arbeiter, 2012 mindestens 878 Arbeiter, 2013 mindestens 1.235 Arbeiter , 2014 mindestens 1.886 Arbeiter, 2015 mindestens 1.730 Arbeiter und in den ersten vier Monaten des Jahres 2016 mindestens 586 Arbeiter ihr Leben verloren.
Als Gründe für die hohen Todeszahlen werden u.a. genannt:
– Sofort nachdem die AKP an die Macht kam, wurde das Arbeitsgesetz Nr. 4857 erlassen, wodurch flexible und unsichere Arbeitsverhältnisse legalisiert wurden und die Arbeitssicherheit an allen Arbeitsplätzen vollständig verschwunden ist.
– Die Gewerkschaften wurden unterdrückt, Gewerkschaftsmitglieder wurden entlassen und regierungsnahe Gewerkschaften bekamen die Oberhand…

  • Ausgewählte Informationen der TIHV vom Mai 2016
  • Festnahmen und Verhaftungen

Die TIHV meldet aus der Presse 691 Festnahmen im Mai 2016, zumeist in der kurdischen Region, darunter Mitglieder der Demokratischen Partei der Völker (HDP) und der Partei der Demokratischen Regionen (DBP) und 220 Verhaftungen, fast ausschließlich aufgrund von Anklagen nach dem Anti-Terrorgesetz und weit überwiegend Kurden betreffend, darunter Mitglieder und Funktionäre der HDP und DBP.

  • Todesfälle
  • Verdächtige Todesfälle von Wehrpflichtigen

Am 3. Mai 2016 soll sich Adem Gül (23 J). der in der Yelkenli-Gendarmeriestation im Distrikt Tatvan der Provinz Bingöl sich versehentlich selbst erschossen haben. (TIHV, 04.05.2016)
Sefa Uzun, der seinen Militärdienst in der Elmali Gendarmeriestation in Tunceli ableistete, soll am 8. Mai 2916 gestorben sein, als er einen Elektroschock erlitt. Er war in der Provinz Erzurum registriert. (05.-09.05.2016) Ein Wehrpflichtiger, der seinen Dienst beim Militär in Muradiye ableistete, soll während der Nachtwache am 8. Mai Selbstmord begangen haben. (TIHV, 10.05.2016)
Am 9. Mai 2016 soll Rıza Fırat (31), Hauptmann einer Sondereinheit bei einer Operation im Distrikt Dörtyol der Provinz Hatay von Felsen gestürzt worden und infolgedessen gestorben sein. (TIHV, 10.05.2016)
Serkan Pamuk (21), der im Gefängnis Tekirdağ seinen Militärdienst ableistete, soll bei der Nachtwache am 18. Mai 2016 Selbstmord begangen haben. Er war in Denizli registriert. (TIHV, 18.-19.05.2016)

 

  • Tod im Gefängnis
  • Ferhat Sarihan (23), der im T-Typ-Gefängnis von Oltu (Erzurum) inhaftiert war, wurde 9 Stunden nachdem er in der Nacht des 2. Mai 2016 in seiner Zelle Probleme mit der Hirndurchblutung hatte, starb am 6. Mai im Krankenhaus. (05.-09.05.2016)


  • Flüchtlinge aus Syrien bei Grenzüberquerung getötet

Gül Mihemed Temo (40) und Mistefa Mihemmed (22) wurden Berichten zufolge getötet, Ebdulgani El Eli (29) wurde schwer verletzt, als Militärtruppen das Feuer auf sie eröffneten, als sie versuchten, am 2. Mai 2016 die Grenze von dem Dorf Merkabe in Syrien in den Distrikt Akcakale in der Provinz Sanliurfa zu überschreiten. (TIHV,05.-09.05.2016)

  • Arbeiter bei PKK-Anschlag getötet

Der Zivilist Adil Bülbül, der bei einem Angriff der PKK auf die Arbeiter einer Damm-Konstruktion in Kürtün im Distrikt Gümüshane verletzt worden war, starb im Krankenhaus.(TIHV,05.-09.05.2016)

 

  • Tod im Gebiet von Sirnak unter Ausgangssperre

Ali Sümbül (22), der am 15. Mai 2016 im Industriegebiet im Stadtteil Bahcelievler von Granatsplittern getroffen wurde, starb aufgrund von Blutverlust, da es der Ambulanz nicht erlaubt wurde, ihn ins Krankenhaus zu bringen. (TIHV, 14.-16.05.2016)

 

  • Verdächtiger Tod in Haft

Yekta E., der am 15. Mai 2016 festgenommen und zum Gericht in Diyarbakir gebracht wurde, soll Selbstmord begangen haben, indem er in Handschellen vom 4. Stock des Gerichtsgebäudes gesprungen sei. Yekta E. wurde in ein Krankenhaus gebracht, er starb am 16. Mai 2016. (TIHV, 17.05.2016)

 

  • Kind von Polizist getötet

Am 18. Mai 2016 hatte ein zivil gekleideter Polizist einen Streit mit zwei Personen im Stadtteil Bağcılar von Istanbul. Der Polizist eröffnete das Feuer auf die beiden Leute und tötete ein syrisches Kind. Die beiden in den Streit verwickelten Leute wurden verletzt. (TIHV, 18.-19.05.2016)

Aussergerichtliche Hinrichtung in Hakkari
 Sami Kaplan wurde getötet und Yakup Onay wurde verletzt, als Militärtruppen am 22. Mai 2016 auf Dorfbewohner das Feuer eröffnete, die protestierten und bei einer Razzia von Bembo im Distrikt Şemdinli in der Provinz Hakkari Widerstand leisteten. (TIHV, 21.-23.05.2016)

 

  • Folter und Misshandlungen

In Sanliurfa und seinen Distrikten wurden bei Operationen 37 Personen festgenommen, darunter Mitglieder der DBP. Nezir Atilla, der Dorfvorsteher des Ortsteils Cumhuriyet von Ceylanpınar und Nahsan Dağtekin wurden Berichten zufolge im Sicherheitsdiretorat von Şanlıurfa gefoltert. Nezir Atilla soll eine Hirnblutung gehabt haben und auf der Intensiv-Station behandelt worden sein. (TIHV, 14.-16.05.2016)

Am 24. Mai 2016 nahm die Polizei Dilek Arzu und Dilek Tataş im Stadtteil Sultanbeyli von Istanbul fest und legten Säcke über ihre Köpfe. Berichten zufolge wurden ihre Hände hinter dem Rücken in Handschellen gelegt und von den Polizisten im Fahrzeug geschlagen. Die Polizisten sollen sich auch im Fahrzeug auf sie gesetzt haben. (TIHV, 25.05.2016)

 

  • Straflosigkeit
  • Straflosigkeit im Fall der außergerichtlichen Tötung von Günay Özarslan

Am 25. Juli 2015 hatte die Polizei im Zuge von Ermittlungen in der gesamten Türkei wurde im Rahmen von Ermittlungen gegen die DHKP-C (Revolutionäre Volksbefreinungs-Partei-Front) eine Hausdurchsuchung im Bezirk Bağcılar von Istanbul durchgeführt. Günay Özarslan wurde bei der Operation erschossen. 15 Einschüsse wurden bei der gerichtsmedizinischen Untersuchung festgestellt.
Die Polizei hatte zwei Tage lang die Trauerfeier von Günay Özarslan im Stadtteil Gazi von Istanbul verboten und setzte Schusswaffen gegen die Menge ein. Mindestens vier Personen wurden dabei verletzt.
Laut Presseberichten vom 11.05.2016 beschloss der Staatsanwalt von Istanbul, den in den Verfall verwickelten Polizisten nicht zu verfolgen. Die Entscheidung wurde getroffen, weil die Aktion der Polizisten innnerhalb der Grenzen der Selbstverteidigung gelegen habe und die Polizisten das Feuer eröffnet hätten, um mögliche Schäden von Polizisten und Zivilisten fernzuhalten. (TIHV, 11.-13..05.2016)

 

  • Straflosigkeit im Fall der Tötung von Dilan Kortak

Anti-Terror-Einheiten führten am 3. Dezember 2015 in einem Haus im Stadtteil Sancaktepe von Istanbul eine Razzia durch, da behauptet wurde, in dem Haus seien PKK-Militante. Dilan Koratk (20) wurde erschossen und 3 Personen wurden festgenommen.
Laut Presseberichten vom 23. Mai 2016 schloss der Staatsanwalt die Ermittlungen ab und entschied, das Verfahren zu beenden. (TIHV, 24.05.2016)

 

  • Straflosigkeit im Fall Murat Yavuzer

Murat Yavuzer war am 1. Juni 2005 in Diyarbakir unter Diebstahlsverdacht festgenommen worden und zur Sağlık Polizeistation gebracht worden. Dort wurde er am gleichen Tag tot in seiner Zelle aufgefunden. Die Behörden behaupteten, Murat Yavuzer habe Selbstmord begangen, indem er sich mit seiner Hose an den Gitterstäben der Zelle erhängt habe. Bei der Autopsie wurden Spuren von Folter festgestellt und die Gitterstäbe in der Zelle waren so niedrig, dass es nicht möglich war, sich daran zu erhängen. Die installierten Kameras arbeiteten gerade an dem Tag des Vorfalls nicht und die Aufzeichnungen der Kameras konnten nicht gefunden werden. Das Strafgericht Nr. 7 von Diyarbakir sprach die Polizeibeamten N.C., A.S.D., C.D. und S.U. von der Anklage der „Vernachlässigung der Dienstpflicht“ frei. Die 5. Kammer des Kassationshofes hob das Urteil auf und verwies es zurück an das 7. Strafgericht in Diyarbakir für das Wiederaufnahmeverfahren.
Laut Presseberichten vom 31. Mai 2016 beendete das Strafgericht Nr. 7 das Verfahren, da nach 8 Jahren in dem Fall wegen Überschreitung der Verjährungsfrist.(TIHV, 31.05.2016)

  • Verschwindenlassen

Sondereinheiten, die für Operationen und die Blockade in Şırnak zuständig sind, gaben am 27. Mai 2016 auf Twitter bekannt, dass das Vorstandsmitglied der Partei der demokratischen Regionen in der Provinz Şırnak Hurşit Külter festgenommen und vernichtet sei.

Hurşit Külterselbst hatte zuvor am selben Tag eine Nachricht geschickt: “Ích bin eingekesselt, ich hoffe, ihr betet für mich.“

Das Sicherheitsdirektorat, die Gendarmeriekommandantur und der Staatsanwalt leugneten jedoch die Festnahme von Hurşit Külter mit der Begründung, eine solche Festnahme sei nicht registriert worden. Hurşit Külter, der möglicherweise außergerichtlich hingerichtet wurde, ist bis zum 30. Mai 2016 weiterhin verschwunden. (TIHV, 27.-30.05.2016)

 

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Das Demokratische Türkeiforum e.V. (DTF) setzt sich seit der Gründung 1990 für die Einhaltung der Menschenrechte und für Demokratie in der Türkei ein. Das DTF ist die deutsche Unterstützergruppe der Menschenrechtsstiftung der Türkei (TIHV). Spenden an das DTF werden praktisch zu 100% an die TIHV weitergeleitet.

Seit ihrer Gründung hat die TIHV mehr als 14.000 Folteropfer kostenlos behandelt. Behandlungszentren existieren in Ankara, Istanbul, Izmir, Adana und Diyarbakir. Das Dokumentationszentrum in Ankara gibt tägliche Berichte über Verletzungen der Menschenrechte in Türkisch und Englisch heraus und erstellt daraus Jahresberichte. Die Homepage des DTF wird als Sicherungskopie vieler dieser Dokumente genutzt.

Wie Unterstützergruppen in einigen anderen europäischen Ländern möchte das Demokratische Türkeiforum (DTF) in Deutschland zu der Finanzierung der TIHV beitragen. Spenden an das DTF e.V. werden in vollem Umfang an die TIHV weitergeleitet; sie sind steuerlich absetzbar.

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