Gefährlicher Abschwung  –  Weil sonst alles zusammenbricht: Es droht die staatlich organisierte Geldentwertung / Daher steigt der Goldpreis immens

MESOPOTAMIA NEWS : DER NIEDRIGZINS KANN DEN CRASH VERSCHLEPPEN – ABER NICHT STOPPEN !  

Thomas Mayer ist Gründungsdirektor des Flossbach von Storch Research Institute. Davor war es bis 2012 Chefvolkswirt der Deutschen Bank.  FOCUS  20. Juli 2019  – Gastautor Thomas Mayer

Wir erleben einen Rekordaufschwung, doch die Zeichen für eine Rezession mehren sich. Doch die Notenbanken können mit Zinssenkungen nicht auf die Abkühlung reagieren. Der Staat könnte – doch zu einem hohen Preis.

Das National Bureau of Economic Research bestimmt halboffiziell die Dauer von Rezessionen und Konjunkturaufschwüngen für die US-Wirtschaft bis ins Jahr 1854 zurück. Seit letztem Monat qualifiziert sich dort der gegenwärtige Konjunkturaufschwung als längster Aufschwung der Geschichtsschreibung.

Das wirft einige Fragen auf: Wo steht die US-Volkswirtschaft heute? Hat der Aufschwung noch genügend Kraft? Was könnte ihn beenden? Wie würde sein Ende aussehen und was kommt danach? Da wir und der Rest der Welt in hohem Maß von der wirtschaftlichen Entwicklung in den USA abhängen, sind diese Fragen nicht nur für die Amerikaner wichtig. Versuchen wir also, Antworten zu finden.

Seit Ende der 1940er Jahre wuchs das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) der USA im Verlauf der Aufschwünge im Schnitt mit einer Jahresrate von 4,2 Prozent. Im laufenden Aufschwung expandierte die Wirtschaft dagegen mit der bisher geringsten Rate von nur 2,3 Prozent. Dies dürfte der Preis für die Stabilisierungspolitik der Staaten und Zentralbanken in der Finanzkrise gewesen sein.

Auf den starken Einbruch folgte ein starker Aufschwung

In der dadurch ausgelösten Rezession schrumpfte die Wirtschaft über knapp zwei Jahre mit einer Jahresrate von nur 2,0 Prozent. Dagegen fiel sie in der großen Depression der dreißiger Jahre, die ebenfalls durch eine Finanzkrise ausgelöst wurde, über vier Jahre mit einer durchschnittlichen Jahresrate von 7,3 Prozent und expandierte in den folgenden vier Jahren mit einer Rate von 9,4 Prozent.

Damals wurde durch die Depression viel zerstört, so dass der Aufbau größer ausfallen musste. In der jüngsten Finanzkrise stützten Staaten und Zentralbanken aber viele angeschlagene Schuldner ab, so dass die Dynamik der Wirtschaft aufgrund der ausgebliebenen Entschuldung und des Aufbaus neuer Schulden dauerhaft geschwächt wurde. Heute ist die Schuldenquote der Welt noch höher als vor Beginn der Finanzkrise. Die in der Geschichte einmalig niedrigen Zinsen sind heute notwendig, damit die Welt nicht unter ihrer Schuldenlast zusammenbricht.

Mathematisch ausgedrückt sind niedrige Zinsen zwar notwendig, aber nicht hinreichend, um den Zusammenbruch zu verhindern. Dazu sind auch stabile Einkommen nötig, denn sonst können die Schulden nicht zurückgezahlt werden.

Doch seit letztem Jahr signalisieren immer mehr Konjunkturindikatoren eine steigende Rezessionsgefahr. Glaubt man den Einkaufsmanagerindizes von IHS Markit, dann schrumpft die Industrie weltweit schon seit Mai. Noch expandiert der globale Dienstleistungssektor, doch die Dynamik lässt seit Mitte letzten Jahres kontinuierlich nach. Ohne neue positive Impulse dürfte er im Verlauf der nächsten sechs bis zwölf Monate der Industrie in die Rezession folgen. Diese Indizes bilden das reale Bruttoinlandsprodukt nicht exakt ab, geben aber gute Hinweise darauf, wohin die Reise geht.

Handelskrieg lastet auf der Wirtschaft

Die Gründe für die Schwäche sind nicht schwer zu finden. Seit der Intensivierung des Handelsstreits der USA mit China ist das Wachstum des Welthandels zum Erliegen gekommen. Die sich aus dem Streit ergebende Unsicherheit belastet auch die Investitionstätigkeit von in der Exportindustrie tätigen Unternehmen. Das betrifft vor allem exportabhängige Volkswirtschaften wie die Eurozone und insbesondere Deutschland. Hinzu kommen regionale Probleme in Europa wie der drohende harte Brexit, Belastungen durch die Intensivierung des Klimaschutzes, Veränderungen in der Produktionstechnik durch die Digitalisierung und der schwelende politische Konflikt im Nahen Osten. Der aus diesen und anderen Spannungen resultierende Gegenwind für die Konjunktur dürfte in der näheren Zukunft kaum abnehmen.

Stirbt der jetzt schon altersschwache Konjunkturaufschwung schließlich, werden die Rufe nach politischen Maßnahmen zur Linderung der Rezession wieder sehr laut werden. Doch der Spielraum der Geldpolitik ist insgesamt gering und im Euroraum erschöpft. Noch tiefere Zinsen und noch mehr Anleihekäufe durch die Europäische Zentralbank werden kaum neue Impulse geben können.

Staat muss es richten – mit dem Geld der Notenbanken

Alle Augen werden sich auf die Fiskalpolitik richten. Und damit die Schuldentürme noch höher wachsen können, werden die Zentralbanken die Finanzierung von Budgetdefiziten übernehmen müssen. Die dazu passende Rechtfertigung liefert die aus den USA kommende „Modern Monetary Theory“, die den alten Wein der monetären Staatsfinanzierung in neue Schläuche gießt.

Noch können sich die Finanzmärkte auf all das keinen Reim machen. Die Aktienmärkte feiern den Aufschwung weiter, während sich die Rentenmärkte an seinem Sterbebett auf die Rezession vorbereiten. Keiner denkt daran, was danach kommen könnte: die staatlich organisierte Geldentwertung.