ZUKÜNFTIGES DUOPOL RUSSLAND & USA

MESOP : Terrorgefahr ist für Putin eine Frage der Opportunität / Putin’s geopolitische Technik der Einflussdurchsetzung /

Von Friedrich Schmiidt – Moskau – FAZ – 10 März 2016

MOSKAU, 9. März. Dem russischen Fernsehpublikum werden derzeit lächelnde Syrer mit Bildern von Diktator Baschar al Assad vorgeführt, russische Helfer, die Wasserflaschen verteilen. Das Verteidigungsministerium bringt auch westliche Reporter aus Moskau an ausgewählte Orte in Syrien, um die Ruhe vorzuführen. Weltmacht zum Anfassen.

Bei dem militärischen Eingreifen in den Bürgerkrieg ging es Präsident Wladimir Putin darum, den Sturz des „legitimen Präsidenten” Assad zu verhindern. Das gelang. Assad wird nun mal an die kürzere, mal an die längere Leine genommen. Wenn Putins Nahost-Beauftragter Michail Bogdanow dieser Tage sagt, Assads Plan, im April Parlamentswahlen abzuhalten (was die oppositionelle Nationale Koalition ablehnt), widerspreche nicht dem Genfer Prozess, dann erinnert das an die Rhetorik im Zusammenhang mit den Vorgängen in der Ostukraine.

Vor allem haben die Luftangriffe Putin die angestrebte Augenhöhe mit Washington eingebracht. Die Einigung mit Barack Obama über eine Waffenruhe verkündete er persönlich im Fernsehen. Der unabhängige Moskauer Militärfachmann Alexander Golz kommentierte, die Einigung „nach Putins Modell” entspreche dessen Ideen von Weltpolitik: Großmächte versuchten mit „Marionetten” ihre Interessen durchzusetzen, schöben angesichts einer Bedrohung wie durch den IS dann „die Bauern beiseite” und einigten sich nach dem Vorbild Jaltas, wo Stalin, Roosevelt und Churchill 1945 Europa aufteilten. Sollte der Krieg weitergehen, werde Moskau Washington die Schuld geben, etwa mit dem Vorwurf, die „Schützlinge” Türkei und Saudi-Arabien nicht im Griff zu haben. Dann hätte die Waffenruhe dazu gedient, die Arsenale aufzufüllen. Halte die Waffenruhe, so Golz, werde der Kreml versucht sein, das Modell zu übertragen: „Erst ein Problem schaffen, indem man sich in irgendeinen langen Konflikt einmischt, und dann alle, die nichts mit Moskau zu tun haben wollen, zur Zusammenarbeit aufrufen.”

Die Geopolitik ließ zuletzt ein anderes Ziel des Einsatzes in den Hintergrund treten: Gefahren durch den IS für Russland zu bekämpfen. Doch Terrorgefahr ist für Moskau ohnehin eine Frage der Opportunität. In den vom Kreml kontrollierten Medien erfährt man derzeit nichts über den Fall der usbekischen Kinderfrau, die ein Mädchen in Moskau enthauptet hatte — aus „Rache” für Syrien. (frs.)