WIE VON MESOP SCHON SEIT 2 TAGEN BERICHTET ÄNDERT SICH NUN DER STATUS QUO TÜRKEI/USA GEGENÜBER SYRIEN – DE FACTO FLUGVERBOTSZONE + „SICHERHEITSSTREIFEN FÜR ANKARA!
USA richten Sicherheitszone im Norden Syriens ein
VON CLEMENS WERGIN – DIE WELT – 27 juli 2015 – Nach Medienberichten gibt Washington dem Wunsch aus Ankara nach, eine Sicherheitszone im Norden Syriens einzurichten. Das könnte USA und Türkei stärker in Konflikt mit dem Assad-Regime bringen.Nach langem Zögern will die US-Regierung nun doch eine Sicherheitszone im Norden Syriens einrichten. Entsprechende Angaben der türkischen Regierung haben US-Offizielle am Sonntag gegenüber der “Washington Post” und dem “Wall Street Journal” bestätigt.Das stellt eine erhebliche Veränderung der bisherigen Syrien-Politik von Präsident Barack Obama dar, der sich in der Vergangenheit den türkischen Bitten zur Einrichtung einer Flugverbotszone im Norden Syriens immer verweigert hat. Und es könnte die Türkei und die USA in einen verschärften Konflikt mit dem syrischen Regime von Präsident Baschar al-Assad bringen.
Ankara forderte seit langem die Einrichtung einer Sicherheitszone an der türkischen Grenze, um die syrische Opposition vor Angriffen des syrischen Militärs von Diktator Assad zu schützen. Laut Angaben aus Washington soll sich angestrebte Sicherheitszone nun jedoch nicht in erster Linie gegen Assad richten, sondern die moderate syrische Opposition vor Angriffen der fundamentalistischen Terrorganistion Islamischer Staat (IS) schützen, die inzwischen weite Landstriche in Syrien und im benachbarten Irak kontrolliert.
“Worüber wir mit der Türkei reden, ist eine Kooperation, um die Partner auf dem Boden im Norden Syriens zu unterstützen, die gegen IS kämpfen”, zitiert das “Wall Street Journal” einen ungenannten Vertreter der Obama-Regierung. “Das Ziel ist, eine IS-freie Zone zu schaffen und für mehr Sicherheit und Stabilität an der türkischen Grenze zu Syrien zu sorgen.”
Aleppo soll kein Teil der Flugverbotszone werden
Die neue Übereinkunft steht offenbar im Zusammenhang mit der in der vergangenen Woche verkündeten Vereinbarung zwischen Washington und Ankara, wonach die Amerikaner nun auch den grenznahen türkischen Luftwaffenstützpunkt Incirlik für Luftangriffe gegen IS benutzen dürfen. Bisher mussten die Amerikaner weite Wege aus etwa aus Bahrain zurücklegen, was den Aktionsradius der Kampfjets im syrischen Einsatzgebiet beschränkte. Auf Incirlik als Operationsbasis zurückgreifen zu können wird die Effektivität der amerikanischen Schläge gegen IS deutlich erhöhen.
Die angestrebte Sicherheitszone soll allerdings deutlich kleiner sein als von den Türken und von manchen US-Experten und amerikanischen Oppositionspolitikern ursprünglich gefordert. Sie soll nur einen etwa 110 Kilometer langen und 65 Kilometer tiefen Streifen entlang der türkisch-syrischen Grenze umfassen. Es handelt sich um das Gebiet zwischen Dscharabulus im Osten und Azaz im Westen. Die hart umkämpfte zweitgrößte syrische Stadt Aleppo soll nicht Teil der Sicherheitszone werden.
Die Amerikaner hüten sich auch davor, den Begriff Flugverbotszone zu verwenden. Die Einrichtung einer solchen bedarf nämlich der Zustimmung des UN-Sicherheitsrates, in dem die Vetomacht Russland seit Jahren gegen das syrische Regime gerichtete Beschlüsse verhindert. Sowohl die Türkei wie auch Washington bezeichnen die Maßnahme deshalb als Verteidigungsmaßnahme zum Schutz der Türkei gegen Angriffe auf sein Staatsgebiet von syrischen Territorium aus, die auf Artikel 51 der UN-Charta fußt sowie auf UN-Sicherheitsratsbeschlüssen zum Kampf gegen IS.
“Das sollte nicht als Offensive gesehen werden. Es sollte als legitime Selbstverteidigung betrachtet”, sagte ein türkischer Offizieller dem “Wall Street Journal”.
Am Sonntag hatte die Türkei zudem um eine Zusammenkunft des Nato-Rates unter Artikel 4 gebeten, weil es seine Sicherheit und territoriale Integrität durch Angriffe von IS von syrischem Territorium aus gefährdet sieht. Das Treffen soll voraussichtlich am Dienstag in Brüssel stattfinden.
Türkische Angriffe gegen Kurden als Problem
Unklar ist, ob die amerikanische Regierung das syrische Regime von der angestrebten Einrichtung einer Sicherheitszone auf seinem Staatsgebiet vorab in Kenntnis gesetzt hat. Washington hatte Damaskus in der Vergangenheit davor gewarnt, den Konflikt mit den vorwiegend amerikanischen Kampfjets zu suchen, die IS-Stellungen auf syrischem Territorium angreifen. Allem Anschein nach gab es seit dem Beginn der amerikanischen Luftschläge eine Art Stillhalteabkommen mit Damaskus, wonach die syrische Armee die US-geführte Anti-IS-Koalition gewähren ließ und die Amerikaner andererseits darauf verzichten, den moderaten Oppositionsgruppen, die von IS und Assad gleichermaßen bedrängt werden, auch gegen Angriffe von syrischen Regierungstruppen beizustehen.
Die Einrichtung einer Sicherheitszone im Norden verändert nun den bisherigen Status Quo zwischen Washington und Damaskus. Allerdings hat die syrische Armee im Norden ohnehin nicht mehr viel zu melden und musste sich zuletzt auch aus Stellungen in und um Aleppo zurückziehen.
Auch die Situation der Kurden dürfte noch zu Verstimmungen zwischen Amerikanern und Türken führen. Hatte Ankara doch in den vergangenen Tagen den Kampf gegen IS zum Vorwand genommen, auch Stellungen der kurdischen PKK zu bombardieren – zumindest im Irak, nach kurdischen Berichten kam es auch zu Angriffen in Syrien.
Ankara will verhindern, dass die Kurden in Syrien zum größten Nutznießer werden, wenn IS weiter aus dem türkisch-syrischen Grenzgebiet zurückgedrängt wird. Andererseits haben sich die Kurden sowohl in Syrien als auch im Irak als die effektivsten Bodentruppen der Amerikaner im Kampf gegen die islamistischen Gotteskrieger erwiesen. Und da Präsident Obama es weiterhin ablehnt, US-Bodentruppen zu schicken, haben die Amerikaner neben den Kurden auch nicht viele Alternativen, auf die sie unter den syrischen Oppositionstruppen setzen könnten. http://m.welt.de/politik/ausland/article144475564/USA-richten-Sicherheitszone-im-Norden-Syriens-ein.html