THEO VAN GOGH WATCH : GRÜNE & SPD WOLLEN GROSSE TEILE DES TAUNUS DAUERHAFT VERNICHTEN !

Energiewende: Kritik an geplante Stromtrasse Rhein-Main-Link

04.09.2024, 18:39Lesezeit: 4 Min. FAZ

Der Netzbetreiber Amprion plant, Strom von der Nordsee nach Hessen zu bringen. Das Vorhaben gefährdet Trinkwasservorkommen, Weinberge, Feldhamster und Baudenkmäler. Die Kommunen im Taunus bringen der Bundesnetzagentur ihre Bedenken vor. Auch der Ministerpräsident schaltet sich ein.

In wenigen Jahren sollen Erdkabel auf einer Strecke von 600 Kilometern Strom aus Windenergie von der Nordsee bis nach Hessen transportieren. Verwirklichen soll das der Stromnetzbetreiber Amprion, die Bundesnetzagentur muss das Vorhaben genehmigen. Doch der Verlauf der Trasse ist umstritten. Vor allem im Main-Taunus-Kreis regt sich Widerstand. Aber auch der Hochtaunuskreis, der Wetteraukreis, der Landkreis Gießen und die Städte Mainz und Wiesbaden sind betroffen. Die Kommunen können ihre Einwände in sogenannten Antragskonferenzen vorbringen. Am Mittwoch ging es in Königstein um den Knoten und zwei Konverterstationen im Rhein-Main-Gebiet.

„Das ist noch ein grober Planungsstand, und heute entscheiden wir auch nicht darüber“, sagte Thorsten Strothmann, zuständiger Referatsleiter der Bundesnetzagentur. Die Antragskonferenz sei dafür da, öffentliche und private Belange einzusammeln. „Auf Ihre Expertise vor Ort kommt es vor allem an.“

Im Laufe des Tages kristallisierten sich eine gute und eine schlechte Nachricht heraus. Die schlechte betrifft die Idee, die Trasse platzsparend entlang von Autobahnen zu verlegen. Der fünf bis zehn Kilometer breite, mit einer Software erstellte Präferenzraum für die Trasse ist weitgehend bindend. Auf diese Weise soll das Verfahren beschleunigt werden. „Die Bündelung mit der A3 und der A66 wird nicht stattfinden, solange im Präferenzraum eine Trassierung möglich ist“, sagte Strothmann.

Nur bei triftigen Gründen erlaube das Gesetz eine Abweichung. Martin Pehm vom Planungsbüro ILF verwies darauf, dass diese Möglichkeit durchaus geprüft worden sei. Zwischen Flörsheim und der Autobahn gebe es jedoch eine Reihe von Brunnen zur Trinkwasserversorgung, die Bahnstrecke habe eine Anbauverbotszone, und mehrere Gewerbebetriebe müssten weichen.

Pläne treffen auch Hochheimer Weinberge

Bessere Nachrichten gab es für die Hochheimer Winzer. Simon Schreiber, Jungwinzer beim Weingut Schreiber, sagte, als die Winzer vor einiger Zeit die Trassenführung bemängelt hätten, sei „ein Unding“ passiert. Es sei nämlich eine noch viel schlimmere Variante auf den Tisch gekommen, die rund 65 Hektar Weinberg vernichten würde. „Das sind geschützte Lagen, man kann nicht einfach nebendran einen neuen Weinberg pflanzen.“ Die Winzer haben eine eigene Variante vorgeschlagen, die westlich an Hochheims Lagen vorbeiläuft.

Amprion habe den Vorschlag zur Kenntnis genommen, bestätigt Dominik Stunder, Gesamtprojektleiter des Netzbetreibers. „Das ist eine Alternative, die wir berücksichtigen wollen.“ Man wolle die Weinberge möglichst verschonen und ein Tiefspülverfahren anwenden, das die Reben nicht tangiere.

Die Bundesnetzagentur will noch nichts versprechen. Zunächst müsse der Boden geprüft werden und ob eine geschlossene Bohrung in größerer Tiefe möglich sei. Doch er wolle sich die Variante genau anschauen. „Das wird nicht nur gelesen und abgeheftet.“ Winzer Schreiber sagte später auf Anfrage: „Das geht in die richtige Richtung. Aber beruhigt bin ich noch lange nicht.“

Trassenverlauf soll Trinkwasser nicht beeinflussen

Der Hochtaunuskreis ist im Nordwesten von den Plänen betroffen. Der Erste Kreisbeigeordnete Thorsten Schorr (CDU) verwies in Königstein darauf, dass im möglichen Trassenverlauf im Weiltal zwei Gebäudedenkmäler liegen: die Kirchenruine Landstein und die Landsteiner Mühle. In der Nähe der Gemeinde Weilrod ist auch ein Friedwald. Aus Sicht des Kreises ist in der Gegend allenfalls vorstellbar, Kabel in geschlossener Bauweise zu verlegen, also ohne Gräben auszuheben. Auch an der Taunusbahn könnte es Probleme geben, sobald deren Elektrifizierung bis Grävenwiesbach fortschreite.

Ein zentraler Punkt ist das Trinkwasser. So wird ein Trassenverlauf durch die Feldberggemeinde Schmitten geprüft. Wegen der dortigen Quellgebiete lehnt Bürgermeisterin Julia Krügers (CDU) diese Variante strikt ab.

Die Gemeinde habe massiv damit zu kämpfen, Trinkwasser zu sichern, und schon mehrfach den Trinkwassernotstand ausgerufen. Ähnlich sieht es in Grävenwiesbach aus. Laut Bürgermeister Tobias Stahl (CDU) liegen vier Schürfungen im Planungsgebiet, aus denen bis zu 80 Prozent des Trinkwassers des Kerngebiets der Gemeinde kommen.

Der Kreis dringt laut Schorr weiter darauf, statt der Erdkabel Hochspannungsleitungen zu verwenden. Landrat Ulrich Krebs (CDU) hatte der Bundesnetzagentur dazu eine Stellungnahme geschickt. Darin regt er auch eine Route entlang der A5 an, außerhalb des Waldes. Der Naturpark Taunus sei Naherholungsgebiet und Kaltluftquelle des Ballungsraums. Auch sei fraglich, ob das Schiefer- und Quarzitgebirge überhaupt gequert werden könne.

Rhein schreibt besorgten Brief an Scholz

Die erste Antragskonferenz in Rhein-Main zu den Trassen hatte in Butzbach stattgefunden. Jetzt hoffen Kommunen in der nördlichen Wetterau und im Landkreis Gießen auf ein Umdenken bei den Planern. Die Rockenberger Bürgermeisterin Olga Schneider (Dorfpartei) hatte ebenfalls eine Trasse nahe der A5 ins Spiel gebracht.

In Münzenberg könnten zwei der vier Trinkwasserbrunnen in Mitleidenschaft gezogen werden. Bürgermeisterin Isabell Tammer (FWG) sagte, die Trasse drohe auch die dort lebenden Feldhamster gefährden. Um die Leitungen an der A5 zu verlegen, müsste die Autobahn GmbH zustimmen. Denn 40 Meter links und rechts einer Autobahn gilt ein Anbauverbot.

Derweil hat der hessische Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) den Bundeskanzler gebeten, die Einwände ernst zu nehmen. Würde der geplante Trassenverlauf verwirklicht, so würde „die Nutzung der ohnehin knappen Freiflächen und somit insbesondere die wirtschaftlichen, städtebaulichen und infrastrukturellen Entwicklungsmöglichkeiten zusätzlich massiv eingeschränkt“, heißt es in dem Brief an Olaf Scholz (SPD).

Es drohe die Vernichtung wertvoller forst- und landwirtschaftlich genutzter Flächen. „Insbesondere werden Weinlagen von Weltruf und die unwiederbringliche Arbeit von Generationen gefährdet.“ Rhein verweist vor allem auf den Main-Taunus-Kreis, der schon jetzt von vielen Infrastrukturprojekten betroffen sei.