THEO VAN GOGH WATCH: China im Rücken: Putin kündigt neue Angriffe in der Ukraine an – und droht Kiew

dpa/AFP/jla – 17-9-2022 BERLINER ZEITUNG

Ungeachtet der schweren Niederlage seiner Armee im Gebiet Charkiw hat der russische Präsident Wladimir Putin weitere Angriffe auf ostukrainische Gebiete angekündigt. „Unsere Offensivoperationen im Donbass werden nicht ausgesetzt“, sagte Putin am Freitagabend bei einer Pressekonferenz. Russlands „militärische Spezialoperation“ gehe lediglich langsam voran. Zudem nehme die russische Armee stetig weitere Gebiete ein, behauptete er bei dem Zusammentreffen mit mehreren asiatischen Staats- und Regierungschefs im usbekischen Samarkand.

China im Rücken: Putin kündigt neue Angriffe in der Ukraine an – und droht Kiew

Das Gipfeltreffen der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) – ein Verbund asiatischer Staaten, der 2001 als Gegengewicht zu westlichen Institutionen gegründet wurde – war für Putin auch die Gelegenheit, deutlich zu machen, dass er trotz des Ukraine-Kriegs international noch nicht vollständig isoliert ist.

Unter dem Druck ukrainischer Gegenoffensiven hatten Russlands Streitkräfte sich am vergangenen Wochenende aus dem ostukrainischen Gebiet Charkiw fast vollständig zurückgezogen. Dort seien binnen einer Woche mindestens 300 Ortschaften mit knapp 150.000 Einwohnern befreit worden, teilte Vizeverteidigungsministerin Hanna Maljar am Dienstag mit. Auch aus dem Süden des Landes vermeldeten die ukrainischen Streitkräfte die Zurückeroberung immer weiterer Ortschaften im Gebiet Cherson.

Bei der Konferenz äußerte sich Putin nun erstmals zu den Erfolgen des Gegners. „Die Kiewer Führung hat erklärt, dass sie eine aktive Gegenoffensive begonnen hat“, sagte er. „Nun, schauen wir, wie diese sich entwickeln wird und womit sie endet.“ Zugleich warf der Kremlchef der Ukraine Anschlagsversuche gegen russische Atomkraftwerke vor – und drohte Kiew mit Vergeltung: „Falls sie letztendlich nicht verstehen, dass solche Methoden inakzeptabel sind, wird es eine Antwort geben.“ Wenn sich die Lage nicht ändere, werde diese noch „härter“ ausfallen, als bisherige Gegenschläge.

Gegenüber seinen asiatischen Amtskollegen, darunter auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan als sogenannter Dialogpartner, rechtfertigte Putin zugleich die jüngsten militärischen Niederlagen seiner Streitkräfte. „Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass wir nicht mit der gesamten Armee kämpfen. Wir kämpfen nur mit einem Teil der russischen Armee, mit den Vertragssoldaten“, so der Präsident. Eine Generalmobilmachung, wie sie von einigen Stimmen in Russland gefordert wird, lehne er derzeit jedoch ab.

Darüber hinaus hob Putin vor allem die Zusammenarbeit mit China gegenüber Präsident Xi Jinping bei dem Gipfeltreffen hervor. Für dessen „ausgeglichene Position“ im seit nunmehr einem halben Jahr andauernden Ukraine-Krieg hatte er Xi bereits am Donnerstag bei einem ersten persönlichen Treffen seit Beginn des Konflikts gedankt. Xi stellte sich nun zumindest in wirtschaftlicher Hinsicht an die Seite Russlands und betonte mit Bezug auf die angebliche Vorherrschaft des Westens, dass es an der Zeit sei „die internationale Ordnung in eine gerechtere und vernünftigere Richtung“ zu lenken.