THEO VAN GOGH VORHERSAGE: Seid gefasst: Der Wirtschaftskrieg geht in die nächste Runde
Maurice Höfgen • 3-12-22 BERLINER ZEITUNG
Die guten Nachrichten sinkender Börsenpreise für Strom- und Gas werden leider bald getrübt. Der Grund: Die EU setzt im Wirtschaftskrieg zur Attacke gegen Wladimir Putins Ölkonzerne an.
Gegen Russland, den bis vor kurzem noch größten Öl- und Diesellieferanten der EU, werden gleich mehrere Sanktionen umgesetzt. Ab dem 5. Dezember verbietet die EU, russisches Öl über Tanker in die EU zu schiffen. Zeitgleich soll gemeinsam mit den G7-Staaten ein Ölpreis-Deckel in Kraft treten, um Russland teure Exporte an andere Länder zu vermiesen. Die deutsche Regierung geht noch weiter und will bis Jahresende auch auf russisches Öl aus Pipelines verzichten. Ab Februar gilt das Embargo dann auch für Ölprodukte wie Diesel, Benzin und Heizöl.
Die EU ist trotz ambitionierter Klimaziele immer noch ein Öl-Junkie. Ohne Öl geht hier nicht viel. Öl ist Energieträger und Rohstoff zugleich. Ohne Öl stünde der Verkehr lahm, die Chemieproduktion würde gedrosselt, die wummernde Wirtschaftsmaschine stünde still. Die EU muss Öl also woanders einkaufen. Das Problem: Öl ist knapp. Die größten Ölförderer der Welt haben sich zu einem großen Kartell zusammengeschlossen, dem OPEC-Kartell. Sie stimmen die Fördermengen ab, damit der Preis auf dem Weltmarkt so hoch ist, dass es sich für alle Öl-Förderer lohnt. Wenn die EU ihr Öl woanders einkauft, ist das kein neues, zusätzliches Öl, sondern sie konkurriert mit anderen Abnehmern über die bisherigen Mengen – und treibt so die Preise in die Höhe. Für alle wohlgemerkt. Auch für arme Entwicklungsländer, die am Wirtschaftskrieg gar nicht beteiligt sind.