THEO VAN GOGH NEWS: „GENDERN“ IS THE NEW „MADE IN GERMANY!” /DER NEUE JARGON DER EIGENTLICHKEIT IST DIE “GESCHLECHTERSENSIBILITÄT VON HEUTE!“

Kommunikation an Hochschulen : Wie Gendersprache den Wissenschaftsdiskurs blockiert

  • Von Dagmar Lorenz FAZ – 13.10.2022  – An den Hochschulen hat es sich immer mehr durchgesetzt, doch das Gendersprachdiktat ebnet Nuancen ein und beschneidet die sprachlichen Möglichkeiten des Deutschen. Ein Gastbeitrag.

Jargon der Eigentlichkeit“ – so nan­nte Theodor W. Adorno seinen Aufsatz, in dem er den sprach­lichen Muff der 1950er-Jahre se­zierte: Gemeint war eine Sonntagsreden-Prosa, die, angelehnt an die Diktion Heideggers, über das vermeintlich „Echte“, „Wesentliche“ und „Eigentliche“ schwa­dronierte. Für Adorno zeigt sich in dieser Phrasenrhetorik eine manipulative Me­chanik des Wortgebrauchs. Eine „be­scheidene Anzahl signalhaft einschnappender Wörter“ ist auf die Wirkung hin kalkuliert, die sie bei Lesern und Hörern hervorruft. Der Inhalt der mechanisch ab­gespulten Signalwörter ist dabei zweitrangig, denn, so Adorno: „Der des Jargons Kundige braucht nicht zu sagen, was er denkt, nicht einmal recht es zu denken: das nimmt der Jargon ihm ab und entwertet den Gedanken.“

Die „Eigentlichkeit“ von damals ist die „Geschlechtersensibilität“ von heute. Ihr Jargon bildet das kommunikative Grundrauschen im universitären Lehr- und Ar­beitsbetrieb. Nahezu jede Hochschulverwaltung veröffentlicht Leitlinien, „Empfehlungen“ und „Handreichungen“ zum „gendersensiblen Sprachgebrauch“, de­ren Beachtung für Studenten, Mitarbeiter und Dozenten mehr oder weniger verpflichtend ist. Stil und Textgestalt dieser Sprachleitfäden sind dabei Paradebeispiele für das von Adorno beobachtete „Formale“ eines Jargons, der sich in ständig wiederkehrenden Postulaten erschöpft. „Gleichstellung“ soll durch „geschlechtergerechte Sprache“ „vorangebracht“ werden. „Sprache“ sei „geschlechtersensibel“ einzusetzen. „Diskriminierungen“ sollen „abgebaut“ werden mit dem Ziel der „Sichtbarkeit aller Geschlechtsidentitäten“ durch „ge­schlechter­inklusive und diversitätssensible Sprache“ (Goethe Universität Frankfurt/Main 2020).