THEO VAN GOGH NEUSTES – JENSEITS DER AUFKLÄRUNG ! – „Dürften erst über Gasmangel Bescheid wissen, wenn er nicht mehr aufzuhalten ist“
DIE WELT 15.9.22 – Die möglichen Folgen des erwarteten Gasmangels werden immer drastischer beschrieben. Jetzt warnt der Städte- und Gemeindebund vor großen Stromausfällen im Winter. Die Kommunen raten: Jeder sollte zu Hause Wasser und Lebensmittel für 14 Tage haben.
Der Chef der Bundesnetzagentur Klaus Müller kann einen Gasmangel in diesem Winter nicht ausschließen. „Wenn wir einen sehr kalten Winter bekommen, haben wir ein Problem“, sagt er. Sorge bereite ihm die schon jetzt steigende Nachfrage bei privaten Haushalten.
Ob es im Winter einen Gas-Notstand geben wird, ist nach Einschätzung der Bundesnetzagentur weiter offen. „Wir dürften erst über einen Gasmangel Bescheid wissen, wenn er nicht mehr aufzuhalten ist“, sagte Behördenchef Klaus Müller dem „Handelsblatt“. „Das Wetter, damit das private Heizverhalten und die Situation in den Nachbarländern sind die ausschlaggebenden Kriterien.“ Alle drei Faktoren ließen sich nicht
Seine Behörde arbeite an Modellen, um Politik und Wirtschaft einige Tage Vorwarnzeit vor einem Gasmangel geben zu können. „Durch die gut gefüllten Speicher können wir uns Zeit erkaufen, uns länger auf einen Gasmangel vorzubereiten. Mehr als eineinhalb Wochen können wir beim Gasverbrauch aber nicht voraussehen“, sagte Müller in dem Interview.
So will der Bund die Gas-Rationierungen durchsetzen
Sollte eine Gasmangellage auftreten, rechnet Müller mit Wellenbewegungen. „Es kommen Gasmangellagen, sie gehen, sie kommen wieder, sie treten mal hier, mal dort auf, womöglich auch deutschlandweit.“ Eine seriöse Prognose, wo die Gefahr eines Mangels am größten sei, könne er nicht geben. „In Deutschland kann es allerorts zu Kälteperioden kommen. Wenn wir einen sehr kalten Winter bekommen, haben wir ein Problem.“
Beim Gassparen stehe „noch viel Arbeit bevor“, sagte Müller dem „Handelsblatt“ weiter. Der Verbrauch der Industrie sei im August um 22 Prozent gefallen, unter anderem durch Umstellung auf andere Energieträger, „aber auch durch harte Produktionsstopps“. „Die Industrie trägt bei, was wir von ihr erbeten haben.“ Wenn das so weitergehe, helfe es, noch schlimmere Schäden durch Zwangsreduktionen zu vermeiden.
„Warnsignal“ bei privatem Verbrauch
Bei den privaten Haushalten habe es in den vergangenen Tagen mehr Gasabflüsse gegeben, als er gehofft habe. „Angesichts der warmen Temperatur und der extrem hohen Gaspreise hat mich das sehr verwundert. Das muss sich ändern.“ Müller vermutet, dass viele Heizungsanlagen noch nicht umgestellt wurden.
„Eigentümer, Mieter und Wohnungsgesellschaften haben die Heizungen immer noch so eingestellt wie im vergangenen Herbst. Ab einer bestimmten Temperatur springen dann die Heizungen morgens an. Das ist ein Warnsignal, da muss dringend etwas passieren.“