THEO VAN GOGH NEU: MACRON BASIERT JETZT AUF LE PEN ! – Frankreichs Regierung findet ihre Partner rechts der Mitte

Mit der Verabschiedung eines Gesetzespakets zur Wahrung der Kaufkraft in der Nationalversammlung hat die französische Regierung einen wichtigen Test überstanden. Gelungen ist das mit der Unterstützung der Konservativen und der Rechtspopulisten.

Rudolf Balmer,22.7.2022, NEUE ZÜRCHER ZEITUNG  Nach mehrtägiger Debatte verabschiedete die Assemblée nationale das Kaufkraft-Gesetzespakets.

Auch ohne absolute Mehrheit in der Nationalversammlung ist Frankreichs Regierung nicht völlig in Blockaden und Stillstand gefangen. Das hat die Verabschiedung eines Gesetzespakets gezeigt, mit dem die von der Inflation bedrohte Kaufkraft gestärkt werden soll.

Nach einer mehrtägigen, hitzigen Debatte hat die Assemblée nationale am frühen Freitagmorgen eine nur leicht abgeänderte Version des ursprünglichen Vorhabens in erster Lesung angenommen. Mit 341 Ja-, 116 Nein-Stimmen und 21 Enthaltungen war das Ergebnis sogar sehr deutlich.

Für Macron und die Regierung von Premierministerin Élisabeth Borne war das ein wichtiger Schritt. Frankreichs Präsident hatte das Massnahmenpaket zur Erhaltung der Kaufkraft zu einem der ersten grossen Vorhaben seiner zweiten Amtszeit erklärt. Mit der Verabschiedung in der Nationalversammlung hat die Regierung nun ihre Fähigkeit demonstriert, dort von Fall zu Fall Mehrheiten bilden zu können.

Die Linke stellt sich konsequent quer

Die Partner dafür fand sie im rechten politischen Lager. Neben der Regierungspartei und ihren Verbündeten, die nur über 250 der insgesamt 577 Abgeordnetensitze verfügen, haben die konservativen Républicains (LR) und das rechtsnationalistische Rassemblement national (RN) für das Gesetz gestimmt. Zum ersten Mal hat damit dieser «Mitte-rechts-Zusammenschluss» funktioniert. Ein erster Annäherungsversuch bei der Debatte über eine gesundheitspolitische Vorlage im Kampf gegen die Corona-Epidemie war zuvor weit weniger erfolgreich gewesen. Ein Teil des Vorhabens war wegen der Ablehnung durch die Oppositionsfraktionen von links und rechts gescheitert.

Dass bei dem Gesetzespaket zur Kaufkraft keine solche unheilige Allianz der Oppositionsparteien zustande kam, liegt auch am Gegenstand der Debatte: Die Massnahmen zur Wahrung des Einkommensniveaus, darunter die Erhöhung der Altersrenten und der Sozialleistungen sowie die Begrenzung der Mietpreiserhöhungen, kommen den Forderungen der Bürger entgegen, die bei einer Inflation von 5,8 Prozent innerhalb eines Jahres den Gürtel enger schnallen müssen.Die linke Opposition, die bisher in der Nationalversammlung keinerlei Bereitschaft zur Kooperation mit dem Regierungslager gezeigt hat, ist bei der Gesetzesdebatte in eine politische Falle getappt. Mit dem Votum gegen derart populäre Vorschläge macht sie sich unbeliebt, zumal viele der Franzosen ihre Gründe zur Enthaltung nur schwer nachvollziehen dürften.

Den Sozialisten, den Grünen, den Kommunisten und der Linksaussenpartei La France insoumise, die sich vor den Parlamentswahlen zum Wahlbündnis Nupes zusammengeschlossen hatten, geht das Paket der Regierung nicht weit genug. Sie forderten unter anderem eine Erhöhung des Mindestlohns auf 1500 Euro netto und einen automatischen Teuerungsausgleich.

Das Nupes-Bündnis bröckelt

Allerdings hat nur ein Teil der Nupes-Abgeordneten, hauptsächlich von La France insoumise und den Grünen, bis zuletzt mit maximalistischen Gegenvorschlägen gegen das Gesetz gestimmt. Sozialisten und Kommunisten haben sich mehrheitlich der Stimme enthalten. Dass somit die Einheit der Nupes-Pateien bereits in die Brüche geht, ist ein politischer Erfolg für die Regierung. Denn die frontale Opposition der Linken ist damit klar minoritär und isoliert.

Nicht Teil der verabschiedeten Vorlage, aber immer noch in der Diskussion, ist die linke Forderung einer massiven Steuer für Unternehmen, die von den Folgen des Ukraine-Kriegs profitieren. Die Idee findet auch bei der Regierung und beim Rassemblement national einen gewissen Anklang. Um einem solchen Schritt zuvorzukommen, hat das französische Unternehmen Total am Freitag ein «massives Programm für Preissenkungen» angekündigt. Zusätzlich zum derzeitigen Tankrabatt der Regierung von 18 Cent pro Liter will Total an seinen Tankstellen Benzin und Diesel ab September um weitere 30 Cent senken.