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Zieh dein Kopftuch an! SAMPLER AUS FAZ & DIE WELT  16-1-2022

Die Studie „Konfrontatitve Religionsbekundung“ des Vereins für Demokratie und Vielfalt in Schule und beruflicher Bildung (DEVI) zeigt, dass strenggläubige Muslime an immer mehr Berliner Schulen die Regeln bestimmen

und ihren Mitschülern religiöse Vorschriften machen. In Koranschulen lernen Schüler, die Autorität des Korans und des Propheten über die des Klassenlehrers zu stellen. Von ihren Eltern und ihrem Umfeld werden sie in ihrer bildungsfeindlichen Haltung unterstützt. Besonders im Umfeld konservativer Moscheen gelten ungeschriebene Gesetze auf dem Schulhof. Die religiöse Infiltration werde unterstützt durch von Islamisten betriebene Medienkanäle, die Schülern einreden, sie würden in Deutschland wie in einem großen KZ gehalten. Einigen der befragten Lehrer kommt ihre Schule wie eine Insel in einer ihr feindlichen Werteordnung vor. Immer mehr Themen würden nach gut und böse sortiert, konfliktträchtige Stoffe wie der Nahostkonflikt oder Sexualkunde werden zunehmend gemieden. Im Ramadan ist an manchen Schulen kaum Unterricht zu machen. Politiker versuchen, das Problem unter den Teppich zu kehren.

90 % der befragten Neuköllner Schulen berichten von regelmäßigen Vorfällen mit islamistisch motiviertem Mobbing oder Unterdrückung von Mädchen. Dabei geht es um Phänomene wie

• Konflikte um religiöse Kleidung
• Forderung von Gebetszeiten und -räumen
• Nichtteilnahme an schulischen Aktivitäten
• Verweigerung des Sportunterrichts von Mädchen, insbesondere des Schwimmens und Fahrradfahrens
• Unterrichtsabsenzen wegen Religionsausübung oder des Besuchs privaten Religionsunterrichts
• Verweigerung von Aufgabenstellungen
• Forderungen nach Einhaltung religiöser Speisevorschriften
• Beanspruchung von Sonderrechten
• Systematische und lang anhaltende Demütigungen und Beleidigungen entlang religiöser Themen bzw. religiös konnotiertem Alltagsverhalten
• Anpassungsdruck: Wer ein guter Muslim oder eine gute Muslima sein will, muss fasten oder Kopftuch tragen
• Verweigerung des Handschlags und herablassendes Verhalten gegenüber weiblichen Lehrkräften
• Stellvertreterkonflikte.

Auch islamistische Interventionen von Schülern und Eltern gegen für sie anstößige Lehrinhalte kommen vor. Philosophie, Geschichtswissenschaft, Psychologie, Ethik, Theologie und vergleichende Religionswissenschaften, Soziologie, aber auch Naturwissenschaften, sofern sie metaphysische Fragen berühren, sowie alle Fächer, die Fragen nach Geschlechterrollen und Sexualität behandeln, dürften nur von gläubigen und frommen Muslimen gelehrt werden, hatte mit Sayyid Qutb einer der Vordenker des Islamismus bereits 1964 diktiert. Westliche Kultur und Wissenschaften insgesamt würden zu den „durch das Welt-Judentum gespielten Tricks“ gehören. Schon ein schwacher Einfluss westlicher Philosophie könne die „klare Quelle des Islam vergiften.“

Laut Angaben des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg (2019) hatten zum Stichtag am 29. September 2017 15,3 % der Berliner Schüler keine deutsche Staatsangehörigkeit und 38,7 % sprachen eine nicht-deutsche Herkunftssprache (ohne Oberstufenzentren).

Mit der großen Heterogenität der Schüler in Berlin ist im Alltag eine Reihe an Konflikten verbunden, von denen die mediale Berichterstattung nur gelegentlich oder nur verzerrt Auskunft gibt.

Repräsentative Untersuchungen wie die „Verlorene Mitte“ wiesen bereits auf signifikante Unterschiede zwischen Befragten mit und ohne Migrationshintergrund hin, beispielsweise bei den Punkten:

• Rassismus: 16,1 % Zustimmung bei Personen mit Migrationshintergrund vs. 8,2 % ohne
• Abwertung von homosexuellen Menschen: 14,7 % vs. 8,2 %
• Abwertung von Langzeitarbeitslosen: 57,1 % vs. 49,9 %
• Abwertung von Menschen mit Behinderung: 3,1 % vs. 0,7 %.

Grundschulen berichten von der Schwierigkeit, Eltern in ihre Arbeit einzubinden. Engagiert seien nur wenige. Die Mehrheit der Eltern halte sich nicht an Absprachen und komme irgendwann spontan vorbei, oftmals während der Unterrichtszeit, und wolle mit einer Lehrkraft sprechen. Wenn dies zu dem Zeitpunkt nicht möglich ist, reagieren die Eltern oftmals ungehalten und verständnislos. Zudem gebe es eine Vielzahl von Eltern, die man gar nicht erreiche. Manche Eltern wollen weiblichen Lehrkräften nicht die Hand geben oder gar nicht erst mit ihnen sprechen. Solche Beobachtungen werden vor allem im Umfeld von durch den Berliner Verfassungsschutz überwachten Moscheen gemacht.

Insbesondere für ältere Schüler gilt, dass das Radikalisierungsrisiko erheblich steigt, wo keine pädagogischen Konzepte zur Bearbeitung dieser Problemlagen greifen. Jugendliche beziehen ihre Informationen wesentlich aus den zentralen Sozialisationsinstanzen. Oft sind das Internet und hier insbesondere einschlägige Webseiten und Social-Media-Kanäle zentrale, gelegentlich ausschließliche Informationsquellen. Zu den reichweitenstärksten deutschsprachigen Angeboten gehören etwa die verschiedenen Medienkanäle der „Generation Islam“, die sich erkennbar an Jugendliche wenden und von Personen betrieben werden, die (mutmaßlich) der in Deutschland verbotenen Hizb ut-Tahrir nahe stehen. Mit mehr als 65.000 Abonnenten gehört die Facebook-Seite von „Generation Islam“ zu den reichweitenstärksten islamistischen Angeboten in Deutschland. Besonderen Erfolg hatte Generation Islam gemeinsam mit der ebenfalls reichenweitenstarken „Realität Islam“ unter Jugendlichen mit der Kampagne #NichtOhneMeinKopftuch, die verbunden mit der Behauptung von der #Wertediktatur den meist jugendlichen Nutzern täglich suggerierte, sie würden Opfer von Diskriminierung und Verfolgung werden, die die Ausmaße nationalsozialistischen Terrors annähmen. Geteilt und stark rezipiert wurde beispielsweise ein Video mit dem Titel „Der neue Jude – der ewige Moslem“.

In Frankreich griff nach der Ermordung Patys die den französischen Sozialisten nahestehende Fondation Jean Jaurès (vergleichbar etwa der deutschen Friedrich-Ebert-Stiftung) das Thema auf. Sie führte Ende 2020 landesweit eine repräsentative Befragung von Lehrern durch. 80 % gaben an, dass sie sich mindestens einmal mit konfrontativer Religionsbekundung durch ihre Schüler im Unterricht auseinandersetzen mussten. Darunter viele der hier in Frage stehenden Erscheinungsweisen, etwa Unterrichtsabsenzen zur Religionsausübung, Forderungen nach Einhaltung von Speisevorschriften, Verweigerung des Sportunterrichts von Mädchen, insbesondere des Schwimmens, Verweigerung des Besuchs von religiösen oder religiös konnotierten Orten im Rahmen des Unterrichts (z. B. Kirchen), Absenzen zum Besuch privaten Religionsunterrichts, Verweigerung des Handschlags.

Dramatische Herausforderungen stellen curriculare Lerninhalte dar, die mit religiösen, weltanschaulichen oder politischen Überzeugungen kollidieren. Etwas mehr als ein Drittel aller Lehrer gaben an, dass sie bei dieser Kernaufgabe des Lehrerberufs in Konflikte mit ihren Schülern geraten sind. Dies betrifft Themenfelder wie Gesundheitserziehung und Sportunterricht, Werteerziehung und politische Bildung, republikanische Werte und Funktionsweise der parlamentarischen Demokratie sowie Naturwissenschaften. Es handelt sich um Unterrichtseinheiten, die mit fundamentalistischen Religionsauffassungen inkompatibel sind, die also in den Augen der Schüler nicht verhandelbar sind, darunter die teilweise Sichtbarkeit des Körpers im Schwimmbad, die demokratischen Werte der Republik sowie Themen rund um Evolution oder die Entstehung der Welt.

Erstmalig tauchte der Begriff der konfrontativen Religionsbekundung in einem Hintergrundvermerk des Landesinstituts für Lehrerbildung Hamburg (LI) vom 04.12.2013 auf, der von Kurt Edler verfasst wurde, dem ehemaligen Referatsleiter „Gesellschaft“ am Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung. Das in der Presse vielfach thematisierte Papier berichtete über „Religiös gefärbte Konfliktlagen an Hamburger Schulen“, so der Titel. Ausgangspunkt für den Hintergrundvermerk waren zunehmende „islamistische Aktivitäten“ in einzelnen Quartieren Hamburgs, die sich auch in den Stadtteilschulen niederschlugen. In „einzelnen Konfliktfällen wird bei Schülern, aber auch Eltern eine salafistische Orientierung erkennbar.“ Die Rede ist von deutlicher Anspannung und Besorgnis in den Kollegien und Schulgemeinschaften:

„Eine jahrgangsspezifische Umfrage habe ergeben, dass von 15 Antwortenden 4 Lehrkräfte Vorfälle von Geschlechterdiskriminierung vermeldeten, 4 Lehrkräfte Nötigungsdruck wegen Kleidung und eine Lehrkraft einen Vorfall religiös motivierter Gewaltandrohung. Die Schulleitungen mehrerer Grundschulen berichten von einem Tanz- und Spielverbot orthodox-muslimischer Eltern für ihre Kinder sowie von salafistischer Propaganda in den Freundschaftsbüchern. […] Allgemein wird jedoch der Trend wahrgenommen, mit der jeweiligen Schule in eine ständige Auseinandersetzung hinsichtlich des Essens, des Sport- und Schwimmunterrichts, der Gebetsmöglichkeit und aller unterrichtlichen Fragen zu treten, die Glaubensfragen und das wissenschaftliche Weltbild betreffen. Es sei, so der Stoßseufzer einer betroffenen Pädagogin, einfach unglaublich anstrengend. Zu Religionsbezeugungen in konfrontativer Absicht kommt es dort, wo z. B. Schüler sich rasch zu einem Gruppengebet an einem belebten, zentralen Ort der Schule versammeln, um durch das Gebet öffentliche Aufmerksamkeit auf ihre Religionspraxis zu lenken.“

Die fachpädagogische Auseinandersetzung mit den Thesen Kurt Edlers rund um die konfrontative Religionsbekundung blieb jedoch weitgehend aus. Angesichts der Evaluationsergebnisse der Bundesprogramme zur Extremismusprävention (Stichtag: 31.12.2016) überrascht das nicht. Ausweislich des „Bericht der Bundesregierung über Arbeit und Wirksamkeit der Bundesprogramme zur Extremismusprävention“ gibt es kaum Projekte, die im Rahmen der Islamismusprävention auch tatsächlich Radikalisierungsprozesse in den Blick nehmen. Stattdessen sprach und spricht das Gros der Präventionsprojekte im Themenfeld Islamismus lieber von Islamophobie bzw. Islamfeindlichkeit oder will sich überhaupt nicht explizit mit dem Präventionsgegenstand befassen. Festzuhalten ist daher, dass sich der hegemoniale Mainstream der Islamismusprävention sträubt, die vom Islamismus ausgehende objektive Gefährdung zu thematisieren und stattdessen lieber die einschlägigen Opfernarrative aufgreift.

88 % der vom Bundesfamilienministerium bis 2018 geförderten Projekte in der Fördersäule „Radikalisierungsprävention“ im Themenfeld Islamismus geben an, mit „den Zielgruppen zu arbeiten, ‚weil sie von Diskriminierung und Ausgrenzung betroffen sind‘“ (gegenüber je 33 % in den Themenbereichen „Rechtsextremismus“ und „linke Militanz“). 93 % von ihnen bezeichnen „interkulturelle/interreligiöse Bildung/Diversity“ als eines ihrer wichtigsten Arbeitsfelder (17% der Projekte im Themenfeld „Rechtsextreme Orientierung und Handlungen“, 33% der Projekte „Linke Militanz“).

Wenn die von Edler im LI-Papier angedeuteten psychosozialen Prozesse, als die man „Radikalisierung“ betrachten muss, beinahe vollständig ausgeblendet werden, macht man sich freiwillig blind für die „Psychologie der Misere“ (Leo Löwenthal). Deshalb ist Edlers Mahnung aus dem LI-Papier vom Dezember 2013 so bedeutend, wonach das „friedliche Zusammenleben in der Schulgemeinschaft […] besonders dort bedroht [ist], wo eine kollektive Zuordnung zu einer Religion erfolgt.“ Der hoch moralisierende Appell an das kollektive Opfertum, der sich an Islamophobie, Rassismus, Vorurteilen oder Marginalisierung (z. B. sog. „strukturellem Rassismus“) abarbeitet, blendet in der Regel individuelles Handeln und Ausdeuten des biographischen Geschehens aus und damit die Ambivalenz, die oft schlicht darin liegt, dass Menschen zugleich Täter und Opfer sein können – und es meist auch sind.

Der Psychoanalytiker Fethi Benslama weist auf das entscheidende Defizit hin, dass sich der weitaus größte Teil der Studien dem Thema sozialwissenschaftlich und unter Ausklammerung der „psychologischen und erst recht der psychopathologischen Seite der Radikalisierung“ nähert. Diskriminierung muss, wie Rüdiger Lohlker schreibt, als Korrelat von Radikalisierungprozessen betrachtet werden, „als alleiniger Auslöser für die Radikalisierung taugt die Diskriminierung nicht.“

Die deutsche Forschungs- und Präventionspraxis nähert sich solchen Phänomenen hingegen nahezu ausschließlich über strukturellen Rassismus und strukturelle Diskriminierung. Rassismus und Diskriminierung schlummern in solchen Vorstellungswelten tief eingegraben in den Strukturen der Aufnahmegesellschaft, beinahe zu subtil, um sie noch greifen zu können. Allein die Betroffenen vermögen die Auswirkungen eines Rassismus, der sich derart ungreifbar in die Gesellschaft eingeschrieben hat, noch zu fassen. Die jungen Menschen, von denen beispielsweise der Kinder- und Jugendhilfebericht im Kapitel über „Islamismus“ spricht, sind auf die Opferrolle abonniert. Der Alltag dieser Kinder und Jugendlichen wird als feindselig oder gar feindlich beschrieben. Sie erleben „Benachteiligung“, sehen sich mit „Ablehnungsdiskursen“ konfrontiert und machen „Ablehnungserfahrungen“, erleben „Unrecht“, und werden negativ „als Muslime markiert“. Im Zentrum dieses hoch offiziellen Radikalisierungsmodells der Bundesregierung stehen also Rassismus, Diskriminierung und Islamophobie, die den Alltag junger Muslime prägen und sie regelrecht in die Radikalisierung treiben würden. Erst danach und nur im Einzelfall greifen weitaus persönlichere und individuelle Faktoren wie problematische familiäre Kontexte, krisenhafte Ereignisse, beispielsweise der „Verlust“ von Bezugspersonen, und schließlich machen sich erst am Ende der Fahnenstange individuelle Dispositionen geltend.

Dass die Berliner Präventionspraxis Radikalisierungsfaktoren bzw. –stufen unterhalb der „kontinuierlichen Teilnahme“ und des „Aufbaus persönlicher Beziehungen“ in islamistischen Strukturen und Angeboten nicht in den Blick nimmt, beschreiben auch die Evaluatoren des „Berliner Landesprogramms Radikalisierungsprävention“. Es sind insbesondere zwei Radikalisierungsstufen, die in ihrer Wahrnehmung von der Prävention in Berlin ausgeblendet werden:

• „Stufe 1 : Besonderes, durch Offenheit geprägtes Interesse an islamistischen Inhalten, Kulturen, Gruppen, Personen;
• Stufe 2: Erste aktive Teilnahme an islamistischen Angeboten: Chat, persönliche Treffen, Lektüre usw.

Das führt zu einer „Wahrnehmungslücke“, so die Evaluatoren Hans-Gerd Jaschke und Helmut Tausendteufel, die letztlich die psychosozialen Bedingtheiten von Radikalisierung ausblendet: „Akzeptiert man, dass Radikalisierung lange vor der Bereitschaft beginnt, Gewalt anzuwenden, dann sind das geballte Vorkommen antisemitischer Einstellungen oder Phänomene wie konfrontative Religionsausübung Indikatoren für den Einsatz von präventiven und intervenierenden Maßnahmen. Mit dieser Sichtweise würden zudem lokale Szenen und Milieus in den Blick genommen, von denen anzunehmen ist, dass sie eine wichtige Voraussetzung für individuelle Radikalisierungen sind.“

Die Kritik, die an den Begriff der konfrontativen Religionsbekundung herangetragen wird, geht meist davon aus, dass er vor allem innerhalb einer politischen Debatte benutzt wird. Er werde gleichbedeutend mit Islamismus verwendet und sei zumindest implizit von einer islamophoben Motivation getragen. Kurz: wer den Blick auf konfrontative Religionsbekundung richte, sei weniger an pädagogischen, sondern vor allem an politischen oder sicherheitsbehördlichen Lösungen interessiert. Problematisches Verhalten von Jugendlichen werde innerhalb dieser politischen Debatten böswillig oder doch zumindest fälschlich mit Islamismus und seinen brutalsten terroristischen Erscheinungsformen assoziiert; (muslimische) Jugendliche würden so mit ihren alltäglichen und jugendtypischen Problemen in die Nähe von Terroristen gerückt. Provokation und konfrontatives Verhalten seien gewissermaßen als zu vernachlässigende Erscheinungen von Adoleszenz zu behandeln, wie sie alle Menschen in ihrem Leben zu durchlaufen hätten.

In Wahrheit ist die Frage nach dem Wesen des Schulfriedens tatsächlich eine durch und durch pädagogische. Vielmehr zeigt sich, dass die Abwehr dieser Debatte selbst politisch motiviert ist und von wenig pädagogischem Verständnis getragen wird. Solche Positionen unterliegen der von Jaschke und Tausenteufel beschriebenen „Wahrnehmungslücke“. Zugrunde liegt ihnen ein Missverständnis von Radikalisierungsprozessen, das profunde Erkenntnisse der Entwicklungspsychologie nicht berücksichtigt.

Im Kern steht hinter solchen Kritiken an dem Begriff der konfrontativen Religionsbekundung letztlich die Abwehr der Vorstellung, das Radikalisierungeschehen könne irgendwie mit dem Islam in Verbindung zu bringen sein. Anstatt im pädagogischen Prozess mit den Jugendlichen gemeinsam aufzugreifen, was an ihnen empörend und problematisch erscheint, werden sie von oben herab auf das bessere Islamverständnis der Expert*innen, Islamwissenschaftler*innen und Imame verwiesen. Einher geht damit der Rückverweis der Jugendlichen auf ihre Opferrolle. Jugendlichen, die durch hoch brisante Äußerungen und Verhaltensweisen auffallen, wird vor solchen Grundannahmen letztlich die Chance verwehrt, darüber nachzudenken, warum und entlang welcher Mechanismen ihr eigenes Verhalten außerhalb der eigenen Milieus auf Unverständnis und Ablehnung stößt. Indem solche Präventionspraxen Jugendlichen herablassend die Motive absprechen und sie von oben herab belehren, was sie von der Welt zu denken und zu fühlen haben, wird den Jugendlichen vorenthalten, was in anderen pädagogischen Feldern selbstverständlich ist: dass man sie als Erwachsene im Werden ernst nimmt.

Fazit von Jaschke und Tausendteufel: „So zu tun, als hätte Islamismus nichts mit der muslimischen Bevölkerung zu tun und als würde es sich lediglich auf einige wenige Fanatiker beziehen, stellt letztlich eine Verleugnung der Realität dar.“
https://demokratieundvielfalt.de/…/DEVI_Broschuere…

Erste Reaktion von Politikern der Linkspartei und der Grünen in Berlin:
Solche Untersuchungen sind rassistisch und antimuslimisch und müssen sofort beendet werden.

Die Grünen-Abgeordnete Susanna Kahlefeld, Vorsitzende des Ausschusses für Bürgerschaftliches Engagement und Partizipation im Berliner Abgeordnetenhaus, hält das DEVI-Projekt für fachlich falsch aufgesetzt: „Statt Lehrer*innen eine Hilfestellung zu bieten, wenn sich Schüler*innen provozierend verhalten, ist das Ziel einzig und allein, Religion an sich als ein Problem darzustellen.“

Ahmed Abed, Fraktionschef der Linkspartei im Neuköllner Bezirksparlament, hält das Projekt für „antimuslimisch“ und fordert, dass es nicht weiter finanziert werden dürfe. „Fast jede Art von muslimischem Leben an Schulen wird als potenzielles Problem der Radikalisierung betrachtet.“ Die Dokumentationsstelle berge die Gefahr, „alltägliche schulische Konflikte zu befeuern, statt sie zu schlichten“.

Kein Muslim wird jedoch stigmatisiert, wenn über derartige Vorkommnisse sachgerecht berichtet wird. Vielmehr sind moderate Muslime selbst den Angriffen ihrer orthodoxen Mitschüler ausgesetzt. Besonders betroffen sind muslimische Schülerinnen, die schon im Kindesalter in eine unterwürfige Rolle gedrängt werden. Auch der Umgang mit Homosexualität ist wieder zu einem großen Problem an den Schulen geworden. Warum nehmen die Grünen und die Linkspartei ausgerechnet eine reaktionäre, intolerante Ausprägung des Glaubens in Schutz und verraten dadurch ihre progressiven Werte?
https://www.welt.de/…/Berlin-Religionsstreit-an-Schulen…
https://www.faz.net/…/berlin-strengglaeubige-muslime…