THEO VAN GOGH: DER „NORMALE“ KAPITALISMUS! Gaskrise sorgt für Milliardengewinn bei RWE / Energieversorgung : Warten auf bessere Preise-Gashändler stoppen LNG-Schiffe auf See

Witsch, Kathrin – HANDELSBLATT 11-11-22  – Monatelang haben Unternehmen wie RWE an den Energiepreisen prächtig verdient. Jetzt will die Bundesregierung einen Teil der Gewinne der Krisenprofiteure „abschöpfen“. 

In den vergangenen neun Monaten hat der Essener Energiekonzern RWE seinen Gewinn mit 2,1 Milliarden Euro (Ebit) im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt. Zwar legte auch das Geschäft mit erneuerbaren Energien ordentlich zu, aber den Großteil machte die Sparte Wasser/Biomasse/Gas aus. Dank der hohen Gaspreise stieg das bereinigte Ebitda von 430 Millionen Euro im Vorjahr auf nun mehr 1,1 Milliarden Euro.

Seit Monaten steigen die Preise für Strom, Gas und andere Energieträger massiv. In der Folge fallen die Gewinne für RWE deutlich höher aus. Der Handel mit Strom und Gas hatte dem Unternehmen schon 2021 das beste Ergebnis seit Jahren beschert.

„Die große Stromnachfrage bei gleichzeitiger Knappheit verfügbarer europäischer Erzeugungskapazitäten sorgte für einen hohen Einsatz der Erzeugungsflotte von RWE“, heißt es am Mittwoch in einem Statement zu der Veröffentlichung der Zahlen. Der Konzern bestätigte seine Jahresprognose eines bereinigten operativen Ebitda von fünf bis 5,5 Milliarden Euro.

Statt Schulden abzubauen, nutzt RWE seine Milliardengewinne für Investitionen. In den ersten neun Monaten des Jahres haben die Essener weltweit 3,1 Milliarden Euro investiert – mit dem Fokus auf erneuerbare Energien. Der Rekordkauf des US-amerikanischen Solarkonzerns Con Edison Clean Energy Businesses im Wert von 6,8 Milliarden Euro ist da noch gar nicht mit eingerechnet.

Die Gewinne dürften in den nächsten Monaten noch steigen. Zwar kündigte RWE-Chef Markus Krebber einen früheren Kohleausstieg bis 2030 insgesamt an. Dafür gehen im Zuge der Energiekrise nun jedoch erst einmal zwei Braunkohleblöcke zusätzlich wieder ans Netz. Der spontane Weiterbetrieb der zwei Kraftwerksblöcke ist bei den derzeitigen Strompreisen extrem lukrativ. Bis zu eine Milliarde Euro zusätzlicher Gewinn sind für den Konzern möglich.

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Neben RWE profitieren hierzulande vor allem zahlreiche Betreiber von Wind- und Solarparks von den gestiegenen Strompreisen. Doch mit den Rekordgewinnen könnte bald erst einmal Schluss sein. Um Entlastungen für Bürger und Bürgerinnen in Milliardenhöhe zu finanzieren, sollen genau diese Krisenprofiteure nun zur Kasse gebeten werden.

Seit Monaten fordern einige Politiker, Aktivisten und Experten eine Steuer auf sogenannte Übergewinne. Auch von der Europäischen Kommission wird der Vorschlag schon eine Weile unterstützt. Erste Vorschläge sind nun aus dem Bundeswirtschaftsministerium durchgedrungen. Statt einer Steuer soll es eine Abschöpfung der Zufallserlöse geben.

Erste Details zur Erlösabschöpfung

Die Erlösobergrenze, ab der abgeschöpft wird, soll je nach Technologie unterschiedlich hoch sein. Am Mittwoch kamen in einem Papier erste Details ans Licht. Bei Wind- und Solarenergie soll der Referenzerlös etwa die Förderhöhe gemäß Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) oder – falls die Produzenten wie viele derzeit ohne Förderung auskommen – ein pauschaler Betrag von zehn Cent pro Kilowattstunde betragen. Ebenso hoch soll der Satz für Atomkraftwerke liegen, die nach dem 31. Dezember 2022 hinaus noch laufen. Der für Braunkohle soll jedoch deutlich niedriger liegen.

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