THEO VAN GOGH BETRACHTUNGEN: THE OTHER WAY ROUND! CAROLA MIT CHARLY MARX & FRED ENGELS
Kommentar – Rackete fordert „ökologischen Klassenkampf“ und geht dabei viel zu weit
FOCUS-online-Redakteur Malte Arnsperger • 11-12-22
Die Klima-Aktivistin Carola Rackete hat die Proteste der „Letzten Generation“ scharf kritisiert. Ihre Analyse legt den Finger in die Wunde – doch sie geht mit ihren radikalen Schlussfolgerungen viel zu weit.
Carola Rackete und Aktivisten der “Letzten Generation”
Was darf Protest in einem demokratischen Rechtsstaat und wie weit sollte er gehen, um etwas zu bewegen? Seit dem Bestehen der Bundesrepublik stand diese Frage immer mal wieder im Raum, etwa im Zuge des gewaltsamen Vorgehens der RAF. Derzeit wird über die Klima-Proteste der „Letzten Generation“ diskutiert. Sind die Aktionen der Gruppe zu radikal, schaden sie gar ihrem eigenen Anliegen?
Eine Ikone der links-alternativen Szene, Carola Rackete, hat dazu eine klare Meinung: Ja. In einem Thesenpapier übt die frühere Flüchtlingsboot-Kapitänin und Klimaaktivistin heftige Kritik an der „Letzten Generation“. Dies tut sie zurecht und mit klugen Argumenten, doch bei ihren Vorschlägen geht sie dann zu weit.
Letzte Generation: Aktionen der Klima-Kleber sind gefährlich
Die Klima-Kleber brechen mit ihren Aktionen mehrere Gesetze und sind darüberhinaus auch moralisch zu verurteilen. Das ist in Deutschland gesellschaftlicher Konsens. Das zeigen Umfragen, wonach eine Mehrheit diese Proteste verurteilt. Die Blockade von Autoverkehr oder die zeitweise Besetzung von Landebahnen sorgt nämlich nicht nur für großen Ärger bei den Betroffenen, sondern sind auch gefährlich für Unschuldige.
Und so urteilt Rackete in einem Beitrag, diese Form der Radikalität sei „keine ausreichende Lösung“. Laut „Zeit Online“ argumentiert Rackete, die „Letzte Generation“ nutze das Mittel der Sachbeschädigung zwar erfolgreich für Medienaufmerksamkeit, allerdings werde über Sabotage teilweise debattiert, als sei sie „eine magische Pille“.
Rackete beschwört Klima-Aktivisten mit richtigen Argumenten
Damit legt Rackete, die als Kapitänin des Flüchtlingsrettungsschiffes „Sea-Watch 3“ 2019 weltweit bekannt wurde, den Finger in die Wunde. Denn den Klima-Klebern fehlt es an kreativen Ideen, um ihre Anliegen an die Öffentlichkeit zu bringen. Sie agieren radikal, aber nicht intelligent. Und sie machen sich damit viele der Menschen, die sie bekehren wollen, etwa Autofahrer oder Fluggäste, zu Feinde. Sie isolieren sich, anstelle die Massen mitzunehmen wie es etwa die Bewegung „Fridays for Future“ vermochte.
Und so beschwört Rackete die „Letzte Generation“ richtigerweise, dass eine soziale Veränderung nur möglich sei „durch die Vielen, durch das Organisieren der Gesellschaft und eine Vielfalt von Beteiligungsformen“. Und weiter heißt es demnach in dem Text, den Rackete mit einem als „Momo“ benannten Klima-Aktivisten verfasst hat, dass gerade in Zeiten steigender Lebenshaltungskosten die Klimabewegung Gefahr laufe, noch weiter gegen ärmere Teile der Bevölkerung „ausgespielt zu werden“.
Man habe es zu lange verpasst, aufzuzeigen, wie Klimaschutz soziale Gerechtigkeit im Globalen Norden verbessern würde, schreiben die Autoren. „Wenn wir proletarisch-prekär geprägte Menschen vergessen oder sie proaktiv aus unserer Politik ausschließen, da sie nicht in unseren Lifestyle passen, können wir nicht weiterkommen“, schreiben Rackete und „Momo“.
Radikal-linke Träumereien
Doch leider ziehen die beiden Autoren aus diesen Feststellungen nicht die richtigen Schlussfolgerungen. Vielmehr können sie nicht der Versuchung widerstehen, ihren Klima-Mistreitern radikal-linke Träumereien als Lösungen aufzuzeigen. Um ökologischen und sozialen Kampf zu verbinden, plädieren Rackete und „Momo“ nämlich dafür, Energiekonzerne wie RWE und Wintershall „als größte deutsche fossile Unternehmen zu enteignen, Mietpreise zu deckeln und Deutsche Wohnen zu vergesellschaften, kostenlosen ÖPNV zu fordern und damit Fahren ohne Fahrschein unmöglich zu machen”.
Weitere Forderungen könnten demnach eine Reduktion der Wochenarbeitszeit, kostenlose Kinderbetreuung sowie Papiere und demokratische Beteiligungsmöglichkeiten für alle in Deutschland lebenden Menschen sein. Kurzum, so die Autoren: „Wir brauchen ökologischen Klassenkampf.“
Rackete und Momo führen Kritik an der „Letzten Generation“ ad absurdum
Mit dieser an Marx und Engels angelegten Forderung führen Rackete und Momo ihre Kritik an der „Letzten Generation“ ad absurdum. Denn die meisten solcher Fantasien haben in Deutschland keine Mehrheit. Im Gegenteil: Die meisten Menschen in Deutschland werden dafür sein, dass wir uns im Rahmen unseres auf sozialer Marktwirtschaft beruhenden Systems um einen besseren Klimaschutz bemühen.
Statt über weitreichende und illusorische Eingriffe in dieses System zu fabulieren und so Spaltern in der Gesellschaft den Mund zu reden, sollten sich insbesondere bekannte und in der Szene respektierte Figuren wie Carola Rackete bemühen, genau das zu tun, was sie selbst proklamieren. Nämlich die „Organisierung der gesamten Bevölkerung”.
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