Rocker Clubs in Deutschland: MEDIAN EMPIRE / IMPERIUM DER MEDER – “Die besten Krieger sind Kurden.”

VON MEHMET ATA – FAZ – 13.8.2012 – KÖLN. “Die Kanaken sind brutal. Die freuen sich, wenn es Stress gibt.” Yusuf redet über die Migranten in der Rockerszene. Er ist selbst einer von ihnen, ein einflussreicher Bandido. Schon oft war er in gewalttätige Auseinandersetzungen verwickelt. “Seit einigen Jahren mischen die Kanaken ordentlich mit in der Szene”, sagt er. Türken, Kurden, Araber, Perser.

Es ist ein sonniger Sommerabend, der Rocker sitzt in einer Teestube in einer Stadt in Nordrhein-Westfalen. Ganz leer ist der Laden. Kein Wunder. Die Wände sind vom Zigarettenrauch vergilbt, Bilder zeigen den Bosporus und Strände mit Palmen. Sie passen nicht zum Rest der Teestube mit ihrem ranzigen PVC-Boden. Die milchigen Fensterscheiben sorgen dafür, dass niemand von der Straße reinschauen kann. Hier fühlt Yusuf sich sicher. (…)

 Das Rheinland ist von den Hells Angels dominiert, das Ruhrgebiet von den Bandidos. Doch beide Gruppen wollen expandieren und die anderen Clubs zurückdrängen. Dabei geht es um Drogen- und Waffengeschäfte und um Prostitution. (…)

Mit der Rekrutierung von Migranten konnten die Rockerclubs innerhalb weniger Jahre stark wachsen und Einfluss gewinnen. Zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen: Dort hat sich die Zahl der Ortsgruppen bei den Hells Angels und den Bandidos seit 2005 fast verdoppelt. Allein seit Mai 2011 gab es vier Neugründungen von Ortsgruppen bei den Hells Angels, sieben bei den Bandidos. Doch nicht nur bei den großen Rockerclubs machen die Migranten mit. Es gibt inzwischen auch viele, die sich in eigenen Clubs organisieren. Azad ist einer von ihnen. Er ist Chef des Rockerclubs Median Empire, der seinen Hauptsitz in Köln hat. Nach eigenen Angaben sind die Rocker auch in Viersen, Nürnberg, Karlsruhe und Duisburg aktiv.

Azad sitzt am Kopf des Tisches, dichtgedrängt um ihn herum die anderen. Es ist so eng, dass man sich kaum bewegen kann. Ein Jahr lang war Azad Mitglied der Mongols, bevor er im November letzten Jahres Median Empire gründete. Die Rocker beziehen sich mit dem Namen auf das medische Reich, das vom achten bis zum sechsten Jahrhundert vor Christus bestand. Viele Kurden sehen sich als Nachfahren der Meden. “Bei den Mongols war kein Respekt da. Es wurde gelogen, verarscht”, sagt Azad. Hinter seinem Rücken sei er als “Zuchtkanake” bezeichnet worden. Azads Stimme hebt sich. Was genau passiert ist, will er nicht erzählen: “Darüber redet man nicht”.

Azad ist mit 30 der Älteste am Tisch. Ein agiler Typ, sehr aufrechter Gang. Er trägt einen buschigen Schurrbart, der typisch ist für viele Kurden. Seine Eltern hatten in der kommunistischen Partei Irans ihre politische Heimat. Azad selbst war viele Jahre lang im Umfeld der verbotenen Arbeiterpartei PKK aktiv.

Wenn er über Ausländer in der Rockerszene spricht, klingt er martialisch. “Die Blonden haben Angst vor den Kanaken. Die träumen nachts, dass sie ihnen ein Messer in den Rücken rammen.” Er selbst sei aber nicht gewalttätig – “natürlich nicht”. Median Empire habe nichts mit Drogen oder Prostitution zu tun, sagt Azad. Sein Rockerclub habe aber in Köln “vier Türen”. Heißt: in vier Diskotheken stellt er die Türsteher.  (..)

Es sei bei den Rockern wie im Osmanischen Reich: “Die besten Krieger sind Kurden.” Aber es sei nicht nur die Brutalität, die die Ausländer so stark mache. “Ich habe fünfzehn Cousins, er hat zehn Cousins. Wenn es Stress gibt, sind die zur Stelle.” Die anderen Männer lauschen Azad wie hypnotisiert. Keiner traut sich, ihn zu unterbrechen. Hinterher sagt einer der jungen Rocker, dass die Bruderschaft, dass Median Empire sein Leben sei. Die anderen nicken.

Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 12.08.2012, Nr. 32, S. 9