Nobelpreis für Peter Handke : Clowns auf Hetzjagd

MESOPOTAMIA NEWS : SEIT HEINRICH BOELL IST DIE DEUTSCHE LITERATUR MEDIOKER  – ABER MORALISTISCH !

  • Von Thomas Melle Aktualisiert am 20.10.2019- FAZ/FAS

Der Nobelpreisträger Peter Handke vor einer Woche in Chaville bei Paris Bild: Julien de Rosa/Epa-Efe/Rex

Beim Schauprozess gegen den Literaturnobelpreisträger Peter Handke auf Twitter ist von Literatur keine Rede. Auf Argumente wird weitgehend verzichtet. Ein Gastbeitrag.

Es geht gleich schief, als es losgeht: und zwar mit der – Hauptsache zitierfähigen – Aussage eines Fernsehkritikers, durch die Verleihung des Nobelpreises an einen bestimmten Schriftsteller habe „die politische Korrektheit eine krachende Ohrfeige erhalten“. Sofort wird der nervösen und bisweilen enervierenden Sprachsensibilität des ausgezeichneten Schriftstellers Hohn gespottet, um in einer Debatte, die den Schriftsteller nichts, den Fernsehkritiker aber alles angeht (denn dieser entblödete sich einst nicht, auf die Blackfacing-Debatte mit einem tatsächlichen Minstrel-Show-Blackfacing zu antworten), irgendwelche Siege oder Niederlagen zu verzeichnen. Der Schriftsteller, dem der Fernsehkritiker mit seiner schnalzenden Polarisierung vermeintlich beispringt, wird sofort festgetackert und instrumentalisiert. Die Weichen sind gestellt, der Zug wird entgleisen.

Die Stunde eines anderen Schriftstellers hat geschlagen. Der wiederum – sonst eher aufgefallen mit niedlichen Selbstinszenierungen, das Spielzeugschwert auf dem Twitterprofil in der Hand bei ironisch grimmiger Miene, sonst eher bekannt für eine Literatur, die die Welt und ihre Bosheit meist aus der Perspektive eines unschuldig staunenden Jungen betrachtet: der also übernimmt und pumpt. Hochfrequent Tweet nach Tweet abfeuernd, will er dem Nobelpreisträger, einem „Genozidrelativierer“, an den poetischen Kragen, nutzt dabei aber seltsamerweise meist nicht Stellen aus dessen Texten, sondern immer wieder journalistische Sekundärfetzen, darunter einen, in dem der Nobelpreisträger entstellend falsch zitiert wird. Der hatte nämlich, zum zigsten Mal nach seiner Haltung in einer bestimmten Kriegsdebatte befragt, nicht gesagt, man solle sich seine „Leichen“, sondern vielmehr seine „Betroffenheit in den Arsch stecken“. (Diese Stelle zitiert dann eine international sehr bekannte Zeitung ebenfalls falsch. Die Stelle wird immer wieder falsch zitiert werden, bis ans Ende des Internets.)

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