MESOPOTAMIA NEWS : WIE WERDEN DIE MÄRKTE AUF DIE WIEDERWAHL TRUMPS REAGIEREN !

 

Wie werden die Märkte auf das Wählervotum reagieren, wenn Trump abermals gewinnt? Experten erwarten keinen Crash, Anleger können sich aber absichern. Die Vermögensfrage.

Joe Biden oder Donald Trump? Am 3.November entscheidet sich, ob Amtsinhaber Trump das Weiße Haus räumen muss oder weitere vier Jahre dort wohnen bleiben darf. Eine amerikanische Wahl ist nie nur ein nationales Ereignis, sondern hat Auswirkungen, die weit über Amerika hinaus zu spüren sind. Auch auf die internationalen Börsen.

Als Trump im Jahr 2016 zum ersten Mal in das Präsidentenamt gewählt wurde, gab es ein interessantes Phänomen. Die Märkte starteten im Minus und drehten dann im Verlauf des Tages ins Plus. Obwohl für viele Beobachter die Wahl Trumps überraschte, hatten die Märkte das Geschehen schon vorweggenommen und die Ereignisse eingepreist. Es gab keine Panik, aber auch keine übermäßige Euphorie.

Und 2020? Kommt es diesmal zum Crash, wenn Donald Trump tatsächlich wiedergewählt wird? Oder ist das viel schlimmere Szenario, dass es über Tage oder gar Monate vielleicht überhaupt kein eindeutiges Ergebnis gibt und der Sessel des „mächtigsten Menschen der Welt“ erst mal unbesetzt bleibt?

„Den Märkten ist es fast egal, wer Präsident wird“

Dieses Szenario hält Ulrich Stephan, der Chefanlagestratege der Deutschen Bank, dann auch für die ungünstigste Variante. „Den Märkten ist es fast egal, wer Präsident wird“, sagt Stephan. Entscheidend sei, dass es in Amerika bald einen Fiskalpakt gebe, der die coronageschwächte Wirtschaft wieder zum Laufen bringe. Dabei sei auch wichtig, wie sich die Mehrheitsverhältnisse im Kongress entwickelten. „Ein gespaltener Kongress wird die Unsicherheit an den Märkten verstärken“, sagt Stephan.

An eine Hängepartie, die sich über Monate hinziehen könnte, glaubt Stephan dagegen nicht. Fest steht, dass sich die Senatoren am 3. Januar des nächsten Jahres mit dem Start der neuen Legislaturperiode zusammenfinden. „Darüber zu spekulieren, ob Donald Trump das Weiße Haus nicht räumen könnte, halte ich für unseriös. Das ist mir zu viel Verschwörungstheorie“, sagt Stephan.

Maximilian Kunkel, der Chefanlagestratege der UBS, glaubt nicht an ein Crash-Szenario rund um die amerikanische Wahl. „Und wenn, dann halten wir das für sofortige Kaufgelegenheiten“, sagt Kunkel im Gespräch mit der F.A.Z. Eine knappe, anfechtbare Wahl sei ein großer Unsicherheitsfaktor für die Marktteilnehmer. Wer am Ende aber das Rennen mache, hält auch er für praktisch irrelevant. Die Märkte seien auf steigende Aktienkurse eingestellt. Die Geldpolitik bleibe auf Jahre hinaus zementiert, und welcher Präsident auch immer gewählt werde: „Es wird eine Unterstützung der Wirtschaft und damit auch der Märkte geben.“

Fiskalpaket soll Märkte ankurbeln

Bei der ganzen Diskussion um die Auswirkungen auf die Märkte dürfe man nicht vergessen, dass es sich um eine Gesundheitskrise handele. „Wir erleben keine weitere Finanz- oder Bankenkrise. Das ist keine Krise, die eine Notenbank lösen kann.“ Deswegen sei das Fiskalpaket so wichtig, das auch den Konsum ankurbeln soll. „Das kommt in jedem Fall nach den Wahlen.“ Bei Biden als Präsident werde der Stimulus vielleicht ein bisschen stärker ausfallen. Die Theorie, dass ein demokratischer Präsident ungünstiger für die Märkte sein könnte, hält Kunkel für unbegründet. „Auch Biden wird die Unternehmenssteuerreform in naher Zukunft nicht komplett zurückdrehen.“

Das Szenario, dass Joe Biden die Wahl gewinnt und die Demokraten in beiden Kammern des Kongresses eine Mehrheit erhalten, schätzt die UBS auf 50 Prozent. Dem Szenario eines Wahlsiegs von Trump bei einem gleichzeitig gespaltenen Kongress gibt die UBS eine Chance von 35 Prozent.

Bei allen Wahrscheinlichkeiten und Szenarien: Die Unsicherheit bleibt. Zumal ja auch niemand sagen kann, wie dramatisch sich die Corona-Pandemie weiterentwickeln wird und die Märkte zusätzlich unter Stress setzt. Was also machen denn Privatanleger mit ihrem Depot, um sicherzugehen, vor Turbulenzen rund um den Wahltag doch geschützt zu sein?

Wahlen bei langem Anlagehorizont vernachlässigbar

Wie so oft gibt es dabei natürlich keine allgemeingültige Lösung. Ein junger Investor in seinen Dreißigern, der mit Aktien für die Altersvorsorge spart, kann großen Events wie einer amerikanischen Wahl sehr gelassen entgegensehen. In seinem Fall wird es noch viele Wahlen im In- und Ausland geben, die die Kurse im Laufe der Zeit nach oben oder nach unten ziehen können. Ob die Aktienkurse dieser speziellen Wahl nach unten gehen, ist bei einem Anlagehorizont von 20 oder 30 Jahren wohl eher vernachlässigbar – selbst wenn es einen Crash geben sollte.

Wie schnell Verluste wieder aufgeholt werden können, haben erst die vergangenen Monate gezeigt, als im März die Börsenkurse einbrachen und mittlerweile längst wieder zu neuen Höchstständen streben. Über den Zeitstrahl von Jahrzehnten sind die Börsen immer nach oben gegangen. In einer temporär nervösen Marktlage nicht auf das Depot zu gucken ist in dem Fall rund um die Wahl vermutlich der beste Ratschlag.

Wer das Thema nicht aussitzen kann oder will, der kann Vorsorge treffen, die in starken Abwärtsphasen das Depot schützen soll. Dazu bieten viele Banken einen automatisierten Depotschutz an. Mit im Instrumentenkasten sind dabei die sogenannten Trailing Stops, also die automatisierten Orderanpassungen nach der jeweiligen Marktlage. Dem Ganzen liegt ein einfaches Börsenprinzip zugrunde: Gewinne laufen lassen, Verluste begrenzen. Stops sind fest definierte Kursmarken. Werden sie erreicht, wird das entsprechende Aktienpapier veräußert.

„Stops sind ein zweischneidiges Schwert“

Ein Trailing Stop oder auch Trailing Stop Loss ist weniger starr als ein einfacher Stop-Kurs. Er ist dynamisch. Der Stop-Kurs wird bei einem fixen Wert gesetzt. Dort bleibt er auch, bis er ausgeführt oder aktiv verändert oder gelöscht wird. Der Trailing Stop verändert sich dagegen in der vorher festgelegten Spanne. Entweder wird ein absoluter Wert gesetzt, also beispielsweise verkaufen, wenn der Kurs 5 Euro unter den aktuellen Kurs fällt, oder einen Prozentsatz angeben. Aber Vorsicht: Es gibt Banken, die für jede einzelne neue Orderänderung eine Extragebühr verlangen.

Die ganze Sache mit den Stops ist natürlich tricky, denn was ist der perfekte Stop-Kurs? Börsen schwanken. So kann es passieren, dass eine Aktie mal einen schlechten Lauf hat, unter den Stop-Kurs fällt, der Auftrag ausgelöst wird, dann aber munter wieder steigt. Der bereits erwähnte Tag der Trump-Wahl 2016 ist dafür das beste Beispiel. „Stops sind ein zweischneidiges Schwert“, sagt Gerhard Faust, Leiter der Kapitalmarktprodukte bei der Deutschen Bank. „Wer 2016 den Stop zu hoch angesetzt hat, hat seine Aktien abgestoßen und war nicht mehr dabei, als die Börsen dann doch ordentlich ins Plus drehten.“

Totalverlust vermeiden

Wer das Stop-Ziel allerdings zu niedrig setzt, läuft Gefahr, zu viele Verluste verbuchen zu müssen, bis der Stop dann wirklich greift. Ein allgemeingültiges Konzept für den Stop an der richtigen Stelle gibt es nicht. Manche Fachleute nennen 10 Prozent als eine gute Faustregel. Es ist aber durchaus ratsam, das von Aktie zu Aktie unterschiedlich zu betrachten. Junge Tech-Aktien sind sicher schwankungsanfälliger als etablierte Werte aus dem Dax.

Und wie fast immer an der Börse kommt es auch auf die eigene Risikoneigung an. Wer ohnehin ein langfristiges Engagement in einer Aktie plant, sollte sich eher einen Stop aussuchen, der weiter vom Kursniveau entfernt liegt. Mit dieser Strategie vermeidet der Anleger zuallererst den Totalverlust, kleinere Rücksetzer im Handelsverlauf lassen sich so einfach aussitzen.

Anleger begegnen im Marktuniversum immer wieder auch Produkten wie Zertifikaten oder Optionen. Mit Put-Optionen etwa lassen sich Wetten auf fallende Märkte oder auch Absicherungsgeschäfte abschließen. „Das ist aber nur etwas für sehr erfahrene Investoren mit einer hohen Risikobereitschaft und mit einer klaren Meinung, wie der Markt sich bewegt und vor allem wann“, sagt Faust. „Im Zusammenhang mit der Präsidentenwahl in Amerika sehen wir keine Veränderung bei der Nachfrage nach Zertifikaten“, sagt Faust. Anlagestratege Stephan rät: Ruhe bewahren. Und wem das Nichtstun schwerfällt, der kann auch erst mal für eine Weile seine Aktienquote reduzieren. Dann lässt sich vielleicht in der Wahlnacht auch besser schlafen.