MESOPOTAMIA NEWS : UNHEIMLICHE MUSLIM -BRÜDER & DIE TAKTIK DER DOPPELDEUTIGKEIT – VON ALAN POSENER

Und natürlich wird die Taktik auch von den Muslimbrüdern heute verwendet.

Tarnorganisationen der Muslimbrüder

Lorenzo Vidino von der George Washington University hat in Zusammenarbeit mit der Universität Wien und dem österreichischen Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung eine Studie über den Islamismus in Österreich erarbeitet, der diese Taktik beleuchtet.

In dieser Studie (S.22) bezeichnet Vidino einen gewissen Anas Shakfeh  als „arguably the pioneer of the Syrian Brotherhood in Austria“ (vermutlich der Pionier der Syrischen Bruderschaft in Österreich) (S. 22). Vidino bezeichnet auch (auf S.23f.) die österreichische IRPA (Islamische Religionspädagogische Akademie), wo muslimische Religionslehrer ausgebildet werden, als „Brotherhood spawn“, also Ableger der Muslimbruderschaft.

Geleitet wird die IRPA von Amena Shakir, Tochter des Funktionärs der Ägyptischen Bruderschaft Faroul el-Zayat und Schwester des Muslimbruderschaft-Funktionärs und –Finanziers Ibrahim el-Zayat. Amena Shakir war Leiterin der „Deutsch-Islamischen Schule“ in München, der 2010 die Unterrichtsgenehmigung entzogen wurde, weil „der Trägerverein nach Erkenntnissen des bayerischen Verfassungsschutzes islamischen Fundamentalisten verbunden sein soll.“ Es handelt sich beim Trägerverein um das Deutsch-Islamische Bildungswerk (DIBW). Die Verfassungsschützer sehen das DIBW als, so ein Sprecher, “Tarnverein” der Islamischen Gemeinde in Deutschland (IGD), die ihnen wiederum “als deutsche Zentrale des ägyptischen Zweigs der Muslimbruderschaft gilt”.

Und nun zu Farid Hafez …

Warum erzähle ich diese arkanen Details? Weil Farid Hafez, der als Experte für „Islamophobie“ gilt und als solcher Dauergast in österreichischen Talkshows und Gastautor in allerlei Medien ist, gerichtlich dagegen vorgeht, dass ich ihm in einem Artikel „Verbindungen zur Muslimbruderschaft“ unterstellt habe.

Nun will ich diesen Vorwurf, der ja nicht karriereförderlich ist, hier nicht wiederholen. Ich will nur anmerken, dass Hafez‘ Hauptwerk „Islamisch-politische Denker: Eine Einführung in die islamisch-politische Ideengeschichte“ (2014) eine Danksagung enthält, in der Hafez schreibt, das Buch gehe auf eine Unterhaltung mit Anas Shakfeh (siehe oben) zurück. Er dankt auch der IRPA von Amena Shakir (siehe oben), wo er am Manuskript gearbeitet habe. Damit gibt Hafez gleich in der „Danksagung“ seine Verbindungen zu zwei Menschen zu, deren enge Verbundenheit mit der Bruderschaft als bekannt vorausgesetzt werden kann. Ob solche Verbindungen als „Verbindungen zu den Muslimbrüdern“ gelten, muss ich notgedrungen der gerichtlichen Entscheidung überlassen.

Doch stellt das Buch auch inhaltlich faktisch eine Apologie der Muslimbruderschaft und Ihrer Vordenker dar.

Hasan al-Banna: Ein Hitler-Fan gründet die Muslimbruderschaft

Kapitel 9 behandelt Hasan al-Banna, Gründer der Muslimbruderschaft Hafez zitiert eine Schrift al-Bannas, in der dieser fordert, das Mittelmeer müsse (wieder) ein „islamisches Meer“, „das Banner des Islams“  wieder über alle Länder aufgerichtet werden, „die sich für eine gewisse Zeit des Islams erfreuten“, womit Spanien, Sizilien und Süditalien, Griechenland und der Balkan bis Belgrad – und natürlich auch Israel – gemeint sind. Hafez schreibt dazu (S. 56): „Aus einem antiimperialistischen Anspruch heraus werden die imperialistischen Ansprüche eines Mussolinis (sic) mit der gleichen Legitimierung konterkariert.“

Nun kann man mit dem Antiimperialismus einiges legitimieren oder zu legitimieren versuchen. Doch dass die Islamisierung oder Re-Islamisierung der Anrainerländer des Mittelmeers, die sich teilweise in einem jahrhundertelangen Befreiungskampf gegen das Osmanische Reich – man denke an Griechenland – gegen imperialistische Unterdrückung gewehrt haben, als antiimperialistische Tat gelten soll, ist selbst mir neu. als Wenn Hafez die Wiedereroberung der nördlichen Küste des Mittelmeers als „antiimperialistisch“ motiviert rechtfertigt, so zeigt sich hier eine klare ideologische Verbindung zu al-Banna, dem Gründer der Muslimbruderschaft.

(Freilich zeigt sich hier die Taktik der Äquivokation von ihrer schönsten Seite. Denn man könnte auch argumentieren: Da Mussolinis Anspruch auf das Mittelmeer gar nicht legitimiert war, kann es al-Bannas Anspruch auch nicht sein.)

Wenig später (S. 158) zitiert Hafez eine weitere Passage aus Bannas Werk, in der sich der Vordenker der Muslimbrüder auf den dritten Kalifen bezieht: „Wahrlich, Allah verhindert mit den Mitteln der Autorität, was nicht mit den Mitteln des Qu’ran verhindert werden kann.“ Das ist die Begründung für einen Gottesstatt, in dem der Staatsgewalt die Weisungen des Propheten durchsetzt. Hafez stellt fest: „Dieser Ansatz wird seither von vielen AktivistInnen aus dem islamischen Milieu vertreten“. Das ist vermutlich wahr, demonstriert aber nur, dass Leute wie Lorenzo Vidino Recht haben, wenn sie vor dem Einfluss der Muslimbrüder warnen. Nirgends distanziert sich Hafez von dieser Auffassung des dritten Kalifen und des Muslimbruders al-Banna.

Im Gegenteil. Hafez charakterisiert al-Bannas Staatsauffassung als „Rechtsstaat“ und „Demokratie“ (S.164), obwohl aus den von Hafez selbst zitierten Texten hervorgeht, dass bei al-Banna nur die Gemeinschaft der Gläubigen, also die Muslime, in seinem Islamischen Staat das Recht hätte, die Regierung zu bestimmen. Das Parlament soll ja aus (muslimischen) „Rechtsgelehrten“, Spezialisten“ und „Führern unter den Leuten“ (so Hafez) zusammengesetzt, also ausdrücklich nicht gewählt werden. Wenn also Hafez immer wieder betont, dass er für die Demokratie und den Rechtsstaat sei, so sollte man sich klar machen, dass er darunter nicht unbedingt dasselbe versteht wie das Grundgesetz.

Islamisierung der Moderne

Hasan al-Banna habe die „Islamisierung der Moderne“ angestrebt – nicht etwa die Modernisierung des Islam, fasst Hafez die Position des Muslimbruders zusammen. Richtig. Was Hafez dazu meint, bleibt opak. So schreibt er: „Banna entwirft eine globale alternative zum europäischen Imperialismus. Sein islamischer Staat wird zur Grundlage für eine Liga der islamischen Nationen, die sich im Gegensatz zur imperialistischen Erfahrung für Gerechtigkeit und Frieden einsetzen und schlussendlich die religiösen Grenzen überschreitet, um in einer Weltgemeinschaft aufzugehen.“

Sagen wir es so: für Fälle, in denen ein Akademiker Ideen referiert, die er sich nicht zu eigen machen will, hält die deutsche Sprache den Konjunktiv bereit. Hier wird aber im Indikativ referiert.

Und was Hafez referiert, ist die Vision der Muslimbruderschaft. Man muss sich also fragen, was Hafez meint, wenn er Begriffe wie „Gerechtigkeit“, „Frieden“, „Demokratie“ und „Rechtsstaat“ sowie „Antiimperialismus“ und „Weltgemeinschaft“ in anderen Kontexten verwendet.

Mindestens so wichtig wie das, was Hafez in seinem Buch schreibt, ist das, was er verschweigt, um den „Antiimperialisten“ Hasan al-Banna zu rechtfertigen. Hafez verschweigt etwa, dass der „Antiimperialist“ al-Banna Hitler und Mussolini verehrte. 1946 publizierte al-Banna eine Lobrede auf den Großmufti von Jerusalem, Mohammed Amin al-Husseini, der 1929 Pogrome gegen die Juden in Palästina organisiert und sich später Hitler angeschlossen hatte: „Der Mufti ist so viel wert wie eine ganze Nation. Der Mufti ist Palästina, und Palästina ist der Mufti. O Amin! Was bist Du doch für ein großer, unbeugsamer, großartiger Mann! Hitlers und Mussolinis Niederlage hat Dich nicht geschreckt. Was für ein Held, was für ein Wunder von Mann. Wir wollen wissen, was die arabische Jugend, Kabinettsminister, reiche Leute und die Fürsten von Palästina, Syrien, Irak, Tunesien, Marokko und Tripolis tun werden, um dieses Helden würdig zu sein, ja dieses Helden, der mit der Hilfe Hitlers und Deutschlands ein Empire herausforderte und gegen den Zionismus kämpfte. Deutschland und Hitler sind nicht mehr, aber Amin el-Husseini wird den Kampf fortsetzen.“ Quelle: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte,  Oldenbourg, München April 2010, H. 2, S. 259–286, hier S. 285

Hafez verschweigt auch, dass die Muslimbrüder nach ihrer Beteiligung an den Pogromen an Juden in Palästina maßgeblich von Nazideutschland finanziert wurden: Steven Carol schreibt in „Understanding the Volatile and Dangerous Middle East“ (2015), S. 481: “After ten years, the Ikhwan (al-Bannas Organisation, A.P.)  had only 800 members, but the Muslim Brotherhood became a regional force after receiving massive aid from Nazi Germany. […] In 1939, they transferred to al-Bannah some 1,000 (Egyptian Pounds) per month, a substantial sum at the time. In comparison, the Muslim Brotherhood fundraising for the cause of Palestine yielded only 500 (Egyptian Pounds) for that entire year. This Nazi funding enabled the Muslim Brotherhood to expand internationally. By the end of World War II, it had a million members.”

So viel übrigens zur Behauptung, wir würden einen „muslimischen Antisemitismus importieren“. Es handelt sich allenfalls um einen Re-Import. Aber das nur nebenbei.

Unheimliche Brüder, unheimliche Anstalt

Wer, wie Hafez, zumal in einer Darstellung für deutschsprachige LeserInnen, al-Bannas Bewunderung für den faschistischen Duce und nationalsozialistischen Führer verschweigt; wer verschweigt, dass Nazideutschland die Muslimbrüder maßgeblich finanziert hat; wer verschweigt, dass al-Banna den Kampf Mussolinis und Hitlers gegen die Juden nach 1945 an der Seite des Mufti „fortsetzen“ wollte; wer verschweigt, dass die Hamas als palästinensischer Arm der Muslimbrüder genau das tut; der müsste sich nicht wundern, wenn man ihn als Apologet der Muslimbrüder bezeichnen würde.

Was ein solcher Mann auf einem Podium im Jüdischen Museum sucht, das freilich bleibt das Geheimnis dieser unheimlichen Anstalt.

https://starke-meinungen.de/blog/2019/02/01/unheimliche-brueder/