MESOPOTAMIA NEWS – TRIBUTE TO THE LATE SADIK AL AZM (Rembering our time in your House in Damas 1985) II
“Sadik Al-Azm, einer der wichtigsten libertären Denker und Aufklärer aus Syrien und dem Mittleren Osten ist gestorben. Zu seinem Andenken hier ein Text von ihm, der vielleicht die erste Kritik von Edward Saids “Orientalismus” ist – geschrieben 1980 in Beirut und bereits damals vor dem religiösen Turn seiner damaligen intellektuellen Genossen warnend.
Ich bin froh, ihn dieses Jahr noch auf einer Veranstaltung in Berlin gesehen zu haben. Unten zwei Zitate von Al-Azm, die klarmachen, warum es der auf dem Podium anwesende Navid Kermani partout nicht wagte, Al-Azm irgendetwas von seinen Kultur- und Islamtheorien aufzutischen.
„Als amnesty international und andere Menschenrechtsorganisationen das Regime Sadam Husseins anprangerten, weil Bagatelldieben die Ohren abgeschnitten und bei geringfügigen Gesetzesübertretungen die Nasen entfernt werden, antwortete Tariq Aziz nach diesem Muster. Er beschuldigte die Kritiker des irakischen Regimes öffentlich, eurozentrisch zu sein, einem voreingenommenen westlichen Bezugspunkt anzuhängen, zu wenig Verständnis für die irakische Gesellschaft aufzubringen, es an Achtung vor Besonderheiten und Eigenheiten der arabischen Kultur, den muslimischen Werten, der Scharia usw. fehlen zu lassen. Offenkundig sind Partikularismus, Nativismus und kultureller Relativismus die letzten Rückzugsgebiete dieser Verbrecher – ganz in der Art, wie der Patriotismus stets die letzte Zuflucht für gewisse Schurken war.“
„Man muß gesehen haben, wie die Sprecher und Vertreter repressiver Regime rund um dn Erdball auf der Internationalen Menschenrechtskonferenz in Wien 1993 ganz unerwartet und überaus zynisch eine Haltung einnahmen, die aussah wie eine relativistische, postmoderne, avantgardistische und multikulturelle ‚Sensibilität‘ für Leben, Politik und Kultur, für die Menschenrechte, die Rechte der Frauen und die Unantastbarkeit kultureller Unterschiede. Doch mit ihrer neuen Argumentation versuchen diese Regime nur, jene charakteristischen Verletzungen von Menschenrechten zu legitimieren, die bei ihnen zu Hause praktiziert werden. Und das alles im Namen einer praktischerweise entdeckten Authentizität, im Namen von Nativismus, Partikularismus, kultureller Vielfalt, im Namen der Heiligkeit von Tradition, Sitte, und des Endes aller großen universalistischen Erzählungen!”
Danke Andreas Benl!
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