MESOPOTAMIA NEWS SYRIEN  : RUSSLAND & IRAN AN ASSADS SEITE / USA UNTERSTÜTZT KURDISCHE PKK/PYD(YPG)

In Syrien soll eine Verfassungskommission zusammentreten –  Hoffnung oder Fata Morgana? Ob diese Uno-Initiative für das schwer geprüfte Bürgerkriegsland eine Lösung bringen wird, ist mehr als ungewiss.

Thomas Seibert LUZERNER ZEITUNG – 13.8.2019, 05:00 Uhr

Die Bemühungen um ein Ende des Krieges in Syrien könnten bald in eine neue Phase treten: «Hoffentlich im September» werde eine Verfassungskommission für das Bürgerkriegsland zusammentreten, sagte der russische Botschafter bei der UNO in Genf, Gennadi Gatilow, vor wenigen Tagen. Die 150-köpfige Kommission soll eine neue Verfassung für Syrien ausarbeiten und freie Wahlen vorbereiten.

Die UNO sieht in dem Gremium das beste Mittel zur Überwindung eines Konfliktes, der seit 2011 mehreren Hunderttausend Menschen das Leben gekostet und Millionen zu Flüchtlingen gemacht hat. Ob die Kommission Erfolg haben wird, ist allerdings unsicher. Geplant wird die Verfassungskommission schon seit mehr als anderthalb Jahren. Hinter der Idee stehen Russland, der Iran und die Türkei, die im sogenannten Astana-Prozess an einer Lösung für Syrien arbeiten. Im Januar 2018 einigten sich Vertreter von syrischer Regierung und Opposition bei einer Konferenz in Sotschi auf die Bildung des Komitees. Es soll jeweils 50 Vertreter von Regierung, Opposition und Zivilgesellschaft umfassen.

 

Kurden bleiben aussen vor

Besonders um die Vertretung der Zivilgesellschaft wird seither gerungen. Manche Delegierte, die von der UNO vorgeschlagen wurden, wurden von der Opposition abgelehnt, weil sie als Parteigänger der Regierung von Präsident Baschar al-Assad galten. Die Interessen Moskaus, Teherans und Ankaras spielten ebenfalls eine grosse Rolle. So verhinderte die Türkei, dass Vertreter der syrischen Kurdenpartei PYD mit aufgenommen wurden.

Dennoch arbeitet der UN-Syriengesandte Geir Pedersen verbissen an einer Einigung. Vor wenigen Wochen konnte er nach Angaben der syrischen Regierung bei einem Besuch in Damaskus einen Durchbruch erzielen. Auch andere Beteiligte äussern sich optimistisch. Derzeit gebe es aus Sicht seines Landes nur noch Dissens bei einem einzigen Namen, sagte der türkische Aussenminister Mevlüt Cavusoglu am Wochenende. Dennoch ziehen sich die Konsultationen hin. Selbst wenn alle mit der Zusammensetzung der Kommission einverstanden sein sollten, würden viele Fragen offenbleiben.

Es ist unklar, ob das Gremium eine neue Verfassung schreiben oder die bestehende nur überarbeiten soll.

 

Umstritten ist, mit welchen Mehrheiten die Beschlüsse gefasst werden sollen. Wie und wann freie Wahlen organisiert werden können, ist ebenfalls unklar. Dasselbe gilt für die Wahlbeteiligung von Millionen syrischer Flüchtlinge im Ausland.

Mannigfaltige Interessen

Assads Regierung dürfte keinen Grund sehen, sich sehr kompromissbereit zu geben. Die Armee des Präsidenten hat seit 2015 mit russischer Hilfe viele Gebiete zurückerobert und greift derzeit die letzte Rebellenhochburg in der Provinz Idlib an. Der Ruf nach Assads Ablösung wird auf Widerstand aus Damaskus treffen. Auch stellt sich die Frage, ob die Kommission überhaupt Entscheidungen für das ganze Land treffen kann. Wegen des türkischen Vetos ist die kurdische PYD, die rund ein Drittel der Fläche Syriens beherrscht, von den Beratungen ausgeschlossen.

 

Die PYD hat in ihrem Machtgebiet eine Selbstverwaltung aufgebaut und fühlt sich nicht an Beschlüsse einer Kommission gebunden, in der sie selbst nicht mitreden darf.

Die gegensätzlichen Interessen der diversen ausländischen Akteure bilden weitere Hindernisse. Die Türkei hält Teile von Nordsyrien besetzt. Die USA kontrollieren über ihre kurdischen Verbündeten wichtige landwirtschaftliche Gebiete und Ölquellen östlich des Euphrat. Moskau und Teheran stützen Assad, während Ankara die Gegner des Machthabers unterstützt. Selbst wenn die Verfassungskommission bald ihre Arbeit aufnehmen kann, ist Syrien noch weit vom Frieden entfernt.

 

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