MESOPOTAMIA NEWS – SAVE HASANKEYF – Presserklärung, 21.02.2019

Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sieht sich nicht für Hasankeyf zuständig – ein beschämdes Urteil gegen Kultur- und Naturerbe

Heute hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EuGMR) seine Entscheidung zur Klage von fünf Personen aus der Türkei zu Hasankeyf verkündet. Der EuGMR sieht sich nicht für Fälle zum Recht auf Zugang zu Kulturerbe zuständig.
Es ist äußerst bedauerlich, dass der EuGMR sich nicht verantwortlich sieht, eine Entscheidung zum Erhalt von Hasankeyf, einem der größten Kulturschätze des Mittleren Ostens und auch Europas, zu leisten. Das vom Ilisu Staudamm- und Wasserkraftwerksprojekt Ilisu bedrohte 12.000 Jahre alte Hasankeyf und das umliegende Tigristal sind bedeutender als Troja, Kappadokien und Ephesus und eines der letzten funktionierenden Flussökosysteme im Mittleren Osten.


Das Argument, dass die Mitgliedsstaaten des Europäischen Rates das Recht von Individuen über Zugang zum Kulturerbe nicht untereinander abgeklärt hätten und daher der EuGMR nicht zuständig sei, ist beschämend. Denn die UNO, UNESCO und internationale Konventionen haben den Zugang zu Kulturerbe längst als grundlegendes Menschenrecht festgestellt. Daran hätte sich das EuGMR orientieren und die Mitgliedsstaaten unter Druck setzen können. Außerdem hätte eine Entscheidung für Hasankeyf für weitere Kulturstätten Europas wichtig sein können. Das wurde auch verspielt.

Dass der EugMR überhaupt 13 Jahre für einen Urteil gebraucht hat, ist sehr bedenklich. Es hätte vor 8-10 Jahren im Sinne von Kultur, Natur und Menschheit eine Entscheidung treffen können; also zu einer Zeit, als der Bau des Ilisu Staudammes noch kaum begonnen hatte. Ist das zufällig oder war das kalkuliert? Wir und viele andere zivilgesellschaftliche Organisationen haben Argumente und Dokumente im Sinne der Kläger eingereicht; wurden diese überhaupt gelesen? Wie kann der EuGMR in Kauf nehmen, dass neben dem Kulturerbe bis zu 100.000 Menschen ihre Lebensgrundlagen verlieren und dabei ihre grundlegendsten Rechte verletzt werden?

Die Entscheidung des EuGMR ist extrem kritikwürdig und beschämend. Der Kampf gegen Ilisu, einem der zerstörerischten Talsperren weltweit, wird weitergehen. Noch ist es möglich, dass ein Stopp dieses Projektes der Zerstörung erreicht wird.

Anmerkung 1) Die Beschlüsse des EuGMR finden Sie hier: https://hudoc.echr.coe.int/eng#{%22languageisocode%22:[%22ENG%22],%22documentcollectionid2%22:[%22JUDGMENTS%22]}
Anmerkung 2) Begründung der EuGMR Entscheidung: “The Court considered that the application was incompatible (ratione materiae) with the provisions of the Convention (Article 35 §§ 3 (a) and 4). It noted that there was to date no European consensus, or even a trend among the member States of the Council of Europe, which would have made it possible to infer from the Convention’s provisions that there existed a universal individual right to the protection of one or another part of the cultural heritage, as requested in the present application.”

 

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