MESOPOTAMIA NEWS : RASIERTE FEMINISTEN / DIE NEUEN MAMI-PAPIS DER WARENPRODUZIERENDEN GESELLSCHAFT / FALL GILLETTE

Ein Werbefilm für Rasierklingen macht Furore. Die Protagonisten   sind Männer. Zuerst lachen sie über Zoten, belehren Kolleginnen, sagen „Jungs sind halt Jungs”. Dann Schnitt, Nachrichtensprecher berichten von sexuellen Übergriffen, eine neue Zeit: Nun sieht man Männer, die zur Verantwortung mahnen, balzende Kumpel zurück halten und balgende Jungs voneinander trennen. Das Happy End: So können Männer sein, so sollten Männer sein.

 Ist das ein mutiges Statement für den Feminismus oder ein Angriff auf die Männlichkeit? Weder noch. Werbung will die Welt nicht besser machen.

Doch darum geht es gar nicht. Schon immer hat Werbung die Wirklichkeit usurpiert und aus dem aktuellen Idealbild von Mann oder Frau Profit gezogen: Früher wurden Rasierer von kernigen Kerlen beworben. Jetzt sind es eben zahme Väter.

 Der Gillette-Clip ist doof. E schmeißt sich genauso plump an den Zeitgeist heran wie der Macker im Clip an die hübsche Frau. Und vermischt einfach alles: Flirten und Grapschen, unsichere Teenager und mächtige Tyrannen.

Das eigentlich Interessante daran: Nur ein Jahr, nachdem das System Weinstein aufgeflogen ist, hat sich die Werbung den Kampf gegen sexuellen Missbrauch einverleibt. Feminismus verkauft sich ja schon lange. Das Hemd von Dior mit dem Aufdruck „Wir alle sollten Feministen sein” für 600 Euro etwa. Oder Beyonces Glitzer-Sex-Feminismus für 7,99 Euro pro Album. Dass sich nun MeToo vermarkten lässt, zeigt: Die Bewegung ist am Ziel. Sexismus geht nicht mehr. Alpha-Männer sind out. 

Könnte man meinen. Tatsächlich kommt die Werbung aber ganz schlecht an bei den heutigen Frauen und vor allem Männern: Eine Million Mal haben sie auf Youtube den Daumen gesenkt (nur halb so viele haben ihn gehoben), rufen zum Boykott der Rasierer auf und machen ihrem Ärger in sozialen Medien und Talkshows Luft. „Die Werbung verunglimpft Männer – Männer, die Kriege gewonnen und Brücken gebaut haben”, ereifert sich ein Moderator im amerikanischen Fernsehsender Fox. Betroffene solidarisieren sich: So leicht werde man sich von unrasierten Emanzen nicht den Spaß am Rasieren nehmen lassen, hier werde Männerhass gesät und Impotenz geerntet, die MeToo-Krieger würden schon noch sehen, wie es ihnen nach der Ausrottung der Männlichkeit gehe, Stichwort Feminisierung des Abendlandes.

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