MESOPOTAMIA NEWS : POC =  VIEL ZU WEISS ! / NICHT SCHWARZ GENUG! –  25 FRAUEN AWARD  / HAUTFARBEN-RASSISMUS AT ITS BEST

(Rückzug vom 25 Frauen Award“  : 7 nominierte Frauen erklärten, sie würden ihren Namen zurückziehen. Sie hätten festgestellt, wie wenig divers die Auswahl der schwarzen Frauen sei. Alle schwarzen Frauen, die nominiert worden seien, hätten eine vergleichsweise hellere Haut, genau das aber befördere den strukturellen Rassismus.)

In der Rassismus-Diskussion geht es viel um Repräsentation.

Schwarze Menschen müssten sichtbarer werden, heißt es, die Mehrheitsgesellschaft müsse ihnen mehr Gehör schenken. So wie Podien und Panels heute darauf hin angesehen werden, ob dort einigermaßen das Geschlechterverhältnis gewahrt ist, so müsse es auch selbstverständlich werden, dass Menschen mit dunkler Hautfarbe angemessen in der Öffentlichkeit vertreten sind.

Deshalb dachten die Veranstalter des „25 Frauen Award“ sie hätten alles richtig gemacht, als sie dieses Jahr auch eine große Zahl sogenannter PoC, also People of Color, für die Auszeichnung nominierten. Der „25 Frauen Award“ ist ein Preis, der einmal im Jahr von der feministischen Plattform „Edition F“ in Kooperation mit dem „Handelsblatt“ und „Zeit Online“ an Frauen vergeben wird, die als Vorbilder empfunden werden. Unter den „Frauen, die unsere Welt zukunftsfähiger machen“, wie das Motto für 2020 lautete, hatte die Jury einige der bekanntesten Gesichter der Black-Live-Matters-Bewegung in Deutschland ausgewählt, die Journalistin Alice Hasters, die Moderatorin Aminata Belli, die Aktivistin Noah Sow.

Groß war deshalb die Überraschung, als sich sieben nominierte Frauen wenige Woche vor der Preisvergabe an die Öffentlichkeit wandten und erklärten, sie würden ihren Namen zurückziehen. Sie hätten festgestellt, wie wenig divers die Auswahl der schwarzen Frauen sei. Alle schwarzen Frauen, die nominiert worden seien, hätten eine vergleichsweise hellere Haut, genau das aber befördere den strukturellen Rassismus.

Wir wissen, dass es unsere Nähe zum Weiß-Sein ist, die es für weiße Menschen bequemer macht, uns einen bestimmten Raum im Diskurs um Rassismus zuzugestehen“, erklärten die sieben, darunter Hasters, Belli und Sow. „Wenn wir uns als Schwarze Frauen, die im Hinblick auf Colorism privilegiert sind, gegen Rassismus einsetzen wollen, dann ist es notwendig, dass war das thematisieren und Platz für unsere Geschwister machen.“ Unnötig zu sagen, dass die Veranstalter die Preisvergabe darauf ganz absagten und gelobten, künftig noch inklusiver zu denken. Statt mehr Sichtbarkeit für einige, dann lieber keine Sichtbarkeit für alle.

Mich hat das an Glaubensgemeinschaften erinnert, bei denen nur derjenige das Seelenheil erlangt, der seine Anstrengungen verdoppelt. Anders als in religiösen Begriffen kann man meines Erachtens nicht verstehen, was hier vor sich geht. Für ein ernst zunehmendes politisches Programm scheidet die Bewegung damit allerdings aus. Wer sich mit Sekten einlässt, hat einen Raum betreten, in dem Vernunft, rationales Abwägen von Vor- und Nachteilen, auch der Kompromiss keine Kategorien sind. Auf dem Weg zum Heil kann es keine Kompromisse geben: Gerade ihre Unbedingtheit unterscheidet ja die Glaubensgemeinschaft von jeder politischen Bewegung.

Jan Fleischhauer