MESOPOTAMIA NEWS per ordre du jour : On Liberty / Über die Freiheit in pandemischen Zeiten
“Kein Mensch hat (…) das Recht zu gehorchen”!
Hannah Arendt
POLITICAL CORRECTNESS & PARADOXIE – Über Sprachzerstörung & Meinungsmodulation
Die Situation der Methodik der politisch korrekten Umerziehung durch paradoxe Indoktrination existiert auch in „Alice hinter den Spiegeln“, wo Alices klare Mitteilungen durch die Gehirnwäsche der Schwarzen und der Weißen Königin verdreht werden.
Sie beschuldigen Alice, etwas verneinen zu wollen, und schreiben diese Absicht ihrem Geisteszustand. zu:
„Aber das sollte doch gar nicht bedeuten -‘, fing Alice an; die Schwarze Königin jedoch fiel ihr ins Wort:
„Das ist ja gerade das Traurige! Es hätte eben bedeuten sollen! Wozu, glaubst du denn, soll ein Kind gut sein, wenn es nichts bedeutet? Sogar ein Witz bedeutet irgendetwas – und ein Kind wird doch wohl noch mehr sein als ein Witz, will ich hoffen. Das könntest du nicht bestreiten, selbst wenn du beide Hände dazu nähmst,»
«Zum Bestreiten nehme ich doch nicht die Hände», wandte Allice ein.
«Das behauptet ja auch niemand», sagte die Schwarze Königin; «ich sagte nur, du könntest nicht, wenn du sie nähmst.“
«Sie ist in einer Verfassung», sagte die Weiße Königin, „in der sie gern irgendetwas bestreiten möchte – nur weiß sie nicht genau, was!»
„Ein schlimmer, bösartiger Charakter», bemerkte die Schwarze Königin, und darauf folgte eine längere, unbehagliche Stille [;p, S. 232 f.].
Wer mit den Kommunikationseigenarten der Familien Schizophrener vertraut ist, dürfte beim Lesen dieses Zitats ein deja-vu-Erlebnis haben, und er wird die Intuition des Autors Lewis Carroll für die pragmatischen Wirkungen solcher unlogischer Kommunikationen bewundern, denn als die Königinnen die Gehirnwäsche fortsetzen, läßt er Alice in Ohnmacht fallen.
Dieses Phänomen allerdings beschränkt sich jedoch heute nicht mehr nur auf Märchen und Schizophrenie, sondern es kommt viel allgemeiner vor: es wird Verallgemeinert.
Linke & rechte Ideologien sind besonders anfällig für Paradoxien – vor allem, wenn ihre Metaphysik in Antimetaphysik besteht.
Die Gedanken Rubaschows, des Helden in Koestlers Roman Sonnenfinsternis, sind in dieser Beziehung beispielhaft:
Die linke Partei leugnete den freien Willen des Individuums – und forderte gleichzeitig seine freiwillige Hingabe.
Sie leugnete seine Fähigkeit, zwischen zwei Möglichkeiten zu wählen – und forderte gleichzeitig, daß es ständig die rechte Wahl treffe. Sie leugnete sein Vermögen, zwischen Gut und Bös zu unterscheiden – und sprach gleichzeitig in pathetischen Tönen von Schuld und Verrat. Das Individuum stand im Zeichen der ökonomischen Fatalität, ein Rad im Uhrwerk, das, vor Urzeiten einmal in Gang gesetzt, unaufhaltsam und unbeeinflußbar abschnurrte – und die Partei verlangte, daß das Rad gegen das Uhrwerk aufstehe und seinen Ablauf ändere.
Irgendwo mußte ein Fehler in dieser Rechnung stecken; die Gleichung ging nicht auf [82, S.229].
Es liegt im Wesen der Paradoxien, daß auf ihnen beruhende «Gleichungen» nicht aufgehen. Wo Paradoxien menschliche Beziehungen vergiften, entsteht Krankheit. Rubaschow kennt die Symptome, aber sucht vergeblich nach dem Heilmittel:
„Unsere Prinzipien waren alle richtig, aber unsere Resultate waren alle falsch.
Das ist ein krankes Jahrhundert. Wir erkannten die Krankheit und ihre Struktur mit mikroskopischer Schärfe, aber wo wir das Messer ansetzten, um zu heilen, entstand ein neues Geschwür. Unser Wollen war hart und rein, die Menschen sollten uns lieben. Aber sie hassen uns“.
Warum sind wir hassenswert?
„Wir brachten euch die Wahrheit, und sie klang in unserem Mund wie die Lüge. Wir bringen euch die Freiheit, und sie sieht in unseren Händen wie die Peitsche aus. Wir bringen euch das lebendige Leben, und wo unser Wort ertönt, da verdorren die Bäume, und es raschelt wie welkes Laub. Wir künden euch die wunderbare Zukunft, und unsere Verkündigung klinge wie ein fades Gestotter und rohes Gebell [82, S. 55 f.]. „
Berdjajev faßt Dostojewskis Anschauung über die Freiheit wie folgt zusammen:
Die Freiheit kann nicht identifiziert werden mit dem Guten, mit der Wahrheit, mit der Vollkommenheit. Die Freiheit hat ihre eigene selbständige Natur, die Freiheit ist Freiheit und nicht das Gute.
Und eine jede Vermengung und Identifizierung der Freiheit mit dem Guten und der Vollkommenheit selbst ist eine Verneinung der Freiheit, ist ein Bekenntnis zu Gewalt und Nötigung.
Das zwangsweise Gute ist schon nicht mehr das Gute, es wird so zum Bösen [21, S.54].
On liberty ! Über die Freiheit !
“Kein Mensch hat (…) das Recht zu gehorchen”!
Hannah Arendt