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Rekrutierung von Informanten durch Methoden wie Zwang und Drohungen sowie Entführungsfälle

Aussagen, Interviews, Rekrutierung von Informanten durch Methoden wie Zwang und Drohungen sowie Entführungsfälle  / 16 Febr 2019

Sonderbericht des IHD, 16.11.2018  Zusammenfassende Übersetzung durch das DTF

Wie Anträgen, die beim IHD eingingen, und Nachrichten, die von der Presse publiziert wurden, zu entnehmen ist, wurden viele Personen, namentlich Universitäts-Studenten, Journalisten und Aktivisten, kürzlich zu nicht amtlichen Aussagen gezwungen, und es wurden Versuche unternommen, sie zu Informanten zu machen.

 

Jene, die sich solchen Versuchen widersetzten, wurden entweder zwangsweisem Verschwinden ausgesetzt, indem man sie gewaltsam entführt hat, oder inhaftiert, wobei man ihnen „Mitgliedschaft in einer illegalen Organisation“ vorwarf. Oder sie wurden eine Weile nach ihrer Entführung freigelassen, nachdem sie verschiedenen Formen von Folter und körperlicher Gewalt ausgesetzt waren. Wenn man derartige Vorwürfe analysiert, ist zu beobachten, dass Personen, die sich als Polizei-Offiziere zu erkennen geben, zunächst versuchen, mit den vorher erwähnten Personen zusammen zu kommen, indem sie sagen, „sie würden gerne eine Unterhaltung führen, um Freunde zu werden“, dann bedrohen sie die Personen, die an diesen Treffen teilnehmen aber die Forderungen ablehnen, bezüglich ihren Familien, Jobs, ihrer Gesundheit oder ihrem Privatleben. Manchmal werden sie mit Festnahme oder Inhaftierung bedroht, manchmal mit dem Tode. In Haft-Zentren Inhaftierte werden gezwungen, inoffizielle Aussagen zu machen, bevor das gesetzliche Verfahren zum Erhalt von Aussagen in Anwesenheit eines Anwalts stattgefunden hat, wobei sie in regelmäßigen Abständen in Befragungsräume gebracht werden. Inhaftierte werden eingeschüchtert durch die Androhung, verhaftet oder ständig von der Polizei verfolgt und nicht in Ruhe gelassen zu werden, auch wenn sie freigelassen werden. Solche willkürlichen Praktiken enden manchmal mit der Entführung der Person, Anwendung von Folter oder körperlicher Gewalt, Beleidigungen und Drohungen. Menschen werden mit verbundenen Augen von Personen, die sie nicht kennen gewaltsam in ein Auto geschoben und entführt, sie werden mehrere Tage hintereinander geprügelt und schließlich an einem verlassenen Ort freigelassen. Es gibt aber auch Menschen, die entführt wurden und von denen man nie wieder etwas gehört hat. In einigen der Entführungsfälle gibt es Bilder vom Moment der Entführung, während es in anderen Fällen Augenzeugen gibt. Der gemeinsame Nenner in diesen Fällen sind schwarze VW-Transporter mit dunklen Scheiben. Diese Fälle, die gewöhnlich nach dem Putschversuch vom 15. Juli 2016 in Ankara beobachtet wurden, erinnern die Bevölkerung an JITEM (Geheimdienst der Gendarmerie – und Anti-Terror-Einheit der Gendarmerie), die eine innerstaatliche paramilitärische Struktur und eine andere Version der Kontr-Guerilla war, wo die Täter gewaltsamer Entführungen mit weißen Fahrzeugen der Marke „Toros“ an vielen Plätzen in der Türkei, vor allem aber in Ost- und Südost-Anatolien sich in den 90er Jahren eingenistet hatten.. Sie erinnern auch an tausende von Menschen, die bei solchen Entführungen ermordet wurden.

EINGABEN Die Eingaben, die bei den Zweigstellen des in Ankara, Istanbul, Izmir und Diyarbakir 2018 eingereicht wurden, sind speziell untersucht und in den Anlagen zu diesem Bericht zusammengefasst worden. Nach den erhobenen Daten reichten 14 Personen Eingaben bei der Zweigstelle in Istanbul ein, 7, 19 und 4 Personen jeweils bei den Zweigstellen in Diyarbakir,

Izmir und Ankara. Andererseits bestätigte das Dokumentationszentrum der IHD-Zentrale 24 einzelne in der Presse gemeldete Fälle, unabhängig von den Fällen, die bei seinen Zweigstellen eingereicht worden waren.  Eine Eingabe, die bei der IHD-Zentrale eingereicht wurde, und Entführung und Verschwinden betraf, und bei der die Angehörigen der betroffenen Person später informierten, dass diese gefunden wurde, wurde nicht an die Presse weitergegeben, um das Leben dieser Person nicht zu gefährden.  In anderen Eingaben ging es um Personen, die durch Zwangsmaßnahmen und Drohungen zu Informanten gemacht werden sollten, um Drohungen während der Haft sowie kurzfristige Entführungen, um Menschen zu erschrecken, wobei in allen Fällen das Verbot von Folter und körperlichen Misshandlungen missachtet wurde.

EINSCHLÄGIGES RECHT  Wenn in diesen Fällen Klagen bei Staatsanwaltschaften eingereicht werden, wird in den meisten Fällen eine Entscheidung auf Nicht-Strafverfolgung getroffen, ohne dass jemals ausreichende Ermittlungen und Untersuchungen durchgeführt wurden. Die Begründung ist, dass der/die Täter nicht ermittelt werden konnten. Es werden auch keine PräventivMaßnahmen durchgeführt, um das Leben der Person zu schützen. Während die Eingaben, die beim IHD eingereicht und in der Presse veröffentlicht wurden, zu einem kleinen Teil mit solchen Praktiken korrespondieren, können Personen häufig nicht einmal ihren Familien mitteilen, was sie durchgemacht haben. Sie schweigen über die Vorfälle in der Annahme, dass sie damit das Leben ihrer Familien schützen können. Es gibt Menschen, die die Türkei verlassen und im Ausland leben möchten und wegen solcher Ängste davon abgesehen haben, Rechtsverfahren in Gang zu setzen. Der Stellvertretende Vorsitzende der Republikanischen Volkspartei und Angeordnete für Istanbul Sezgin Tanrikulu brachte am 25. April 2017 eine parlamentarische Anfrage wegen der Entführungsvorwürfe von insgesamt 7 Personen ein, wovon 1 vor dem fehlgeschlagenen Putschversuch am 15. Juli stattgefunden haben soll, und 6 danach. Dieser Antrag blieb jedoch unbeantwortet. Weiterhin kündigte der IHD am 27. Mai 2017 an, dass er die Fälle von 11 Personen, die entführt worden waren und von denen man nie wieder etwas gehört hat, an die Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen für unfreiwillige oder erzwungene Entführungen weitergeleitet hat. Daraufhin schickte die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) einen Brief an den Justizminister Abdülhamit Gül in dem es hieß, die Türkei habe eine „beschämende“ Geschichte erzwungener Entführungen und es sei ganz wichtig für die türkischen Behörden, ihre Verpflichtung zum absoluten Verbot erzwungener Entführungen aufrecht zu erhalten und dringliche Maßnahmen zu ergreifen und die Praktik, Personen in uneingestandener Haft zu halten, aufzugeben. Laut den Daten im Jahresbericht 2017 sowie in den Bilanzen des IHD ist es gesicherte Erkenntnis, dass 9 Personen von gewaltsamen Entführungen während der Polizeihaft betroffen waren, während 131 Personen, unter ihnen 5 Kinder, von Vollstreckungsbeamten unter Drohungen veranlasst wurden, Informanten für sie zu werden. Die IHD-Zentrale informierte die Arbeitsgruppe zu erzwungenem oder nichtfreiwilligem Verschwinden der Vereinten Nationen über die Situation vieler Personen informierte, die unter Gewaltanwendung während des Gewahrsams entführt wurden und von denen man nichts mehr hörte. Einige dieser Personen wurden später freigelassen, während einige inhaftiert wurden. Wieder andere, die die Folter nicht ertragen konnten, wurden zum Selbstmord getrieben. Der IHD beobachtet das Schicksal dieser Personen weiterhin.

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