MESOPOTAMIA NEWS : MACRONS DARLINGS / LÜGEN FÜR DEN PRÄSIDENTEN

  • „Ich stehe ganz klar dazu, zu lügen, um den Präsidenten zu schützen.” –

Von Michaela Wiegel –

PARIS, 1. April. Die Neuzugänge am französischen Kabinettstisch sollen „Jugend, Diversität und eine neue Politikergeneration” verkörpern. Auf diese Weise hat die neue Regierungssprecherin Sibeth Ndiaye am Montag nach ihrer ersten Kabinettssitzung in Paris die Regierungsumbildung kommentiert. Präsident Emmanuel Macron hatte am Sonntagabend die Kabinettsliste bekanntgegeben, die davon zeugt, dass er seine Unterstützer der ersten Stunde bevorzugt.

In der französischen Presse wird bereits kritisiert, wie einsam es nach 20 Wochen „Gelbwesten”-Krise um den Präsidenten geworden sei. Es gelinge ihm nicht mehr, erfahrene Politiker anzuwerben. Die Nachfolge Nathalie Loiseaus im Europa-Ressort tritt die 33 Jahre alte La-Republique-en-MarcheAbgeordnete Amelie de Montchalin an, allerdings nicht mehr im Rang einer Ministerin, sondern als Staatssekretärin. Staatssekretär für Digitales ist fortan der bisherige Berater für den Bereich Digitales im Elysee-Palast, der 37 Jahre alte Cedric 0.

Das größte Aufsehen erregte die Beförderung der 39 Jahre alten Frank- Senegalesin Sibeth Ndiaye zur Regierungssprecherin. Die Mutter von drei Kindern wirkte bislang als Kommuni-, kationsberaterin im Elysee-Palast. In einem Interview für die Zeitschrift „L’Express” im Juli 2017 ließ sich Ndiaye mit der Äußerung zitieren: „Ich stehe ganz klar dazu, zu lügen, um den Präsidenten zu schützen.”

Am Montag sagte sie auf Nachfrage, der Satz sei aus dem Zusammenhang gerissen und falsch wiedergegeben worden. Es sei damals darum gegangen, das Privatleben des Präsidenten zu schützen. In dem „L’Express”-Interview sagte sie auch: „Wir rufen die iournalisten täglich an, wenn wir Unterschiede in der Interpretation feststellen.” Diese Art von „Pressearbeit” haben ihr viele französische Journalisten übelgenommen.

Ndiaye kam über die linksgerichtete Studentengewerkschaft Unef in die Politik. Als Mitarbeiterin des Linkssozia-listen Arnaud Montebourg entwickelte sie ihr offensives Verständnis von Kommunikationsarbeit. Ndiaye stammt aus einer einflussreichen senegalesischen Familie Ihre 2015 verstorbene deutschstämmige Mutter Mireille Brenner stand dem Verfassungsrat in Dakar vor, ihr Vater arbeitete für den senega-lesischen Präsidenten Abdou Diouf. Ndiaye nahm erst 2016 die französische Staatsangehörigkeit an. Mit ihrer flapsigen, mit Anglizismen und Banlieue-Slang angereicherten Sprache eckte sie oftmals an, etwa als sie die Nachricht vom Tod Simone Veils bestätigte („Yes, das Weib ist dead”). Ndiaye steht zudem in der Kritik, weil sie nach den Enthüllungen zur Benalla-Affäre Journalisten unter Pseudonymen geführte Twitter-Konten empfohlen haben soll, die in Wahrheit vom ElyseePalast gesteuert wurden. Über diese Konten wurden entlastende Video-Aufzeichnungen zu dem prügelnden Sicherheitsmann des Präsidenten in die sozialen Netzwerke eingespeist.

 

Die neue Europastaatssekretärin Amelie de Montchalin wird an diesem Dienstag zu ihrem Antrittsbesuch in Berlin erwartet. Die dynamische junge Frau, die an der Wirtschaftshochschule HEC und an der Harvard Kennedy School of Government ausgebildet wurde, gilt als Kennerin der französisch-britischen Beziehungen. Sie fand über ein Praktikum bei der damaligen Hochschul- und Forschungsministerin Valerie Ncresse (LR) in die Politik und unterstützte bei den Vorwahlen der bürgerlichen Rechten Alain Juppe. Nach dessen Scheitern schloss sie sich Macron an und eroberte den Wahlkreis in der Essonne, im Süden von Paris.

Die Mutter von drei kleinen Kindern hatte zuvor für das Versicherungs-unternehmen Axa und die Bank BNP Paribas gearbeitet. Montchalin nimmt künftig auch die Aufgaben der Beauftragten für die deutsch-französische Zusammenarbeit wahr. Für den Europastaatsminister Michael Roth ist sie damit bereits die fünfte Ansprechpartnerin in Paris, mit der er über die Kontinuität der Kooperation wachen soll.

 

FAZ 2 April 2019