MESOPOTAMIA NEWS : Konflikt in der Königsfamilie –  Prinz Hamza & Jordaniens rote Linien

  • Von Jochen Stahnke, Tel Aviv  FAZ – -Aktualisiert am 06.04.2021-17:59

Das jordanische Königshaus bemüht sich, den Konflikt um Prinz Hamza zu beruhigen. Belege dafür, dass der Bruder des Königs an einer Verschwörung beteiligt gewesen wäre, gibt es weiter nicht.

Das jordanische Königshaus versucht, die Krise innerhalb der Herrscherfamilie in ruhigere Bahnen zu lenken. Dies ließ sich einer Mitteilung des Palasts entnehmen, in der es hieß, Prinz Hamza habe in der Auseinandersetzung mit König Abdullah II., seinem Halbbruder, einer Vermittlung durch den gemeinsamen Onkel Hassan zugestimmt. Die Behörden verbreiteten ein Dokument, das die Unterschrift des Prinzen zeigen soll, in der dieser Abdullah seine Loyalität erklärt. Am Wochenende hatten die Behörden Hamza noch vorgeworfen, die „Sicherheit und Stabilität“ Jordaniens zu gefährden.

Anders als die Deutsche Presse-Agentur am späten Montagabend meldete, hatte Prinz Hamza allerdings mit seiner Unterschrift kein „Komplott“ zugegeben. Die Deutung, Hamza sei Teil einer ausländischen Verschwörung, hatte das Regime wiederholt verbreitet. Doch blieb es Belege schuldig. Vielmehr tauchte am Dienstag eine Tonaufnahme vom Besuch des jordanischen Generalstabschefs Jusef Huneiti in Hamzas Palast am Samstag auf. Darin informiert er den Prinzen darüber, dass dieser unter Hausarrest gestellt werde. Huneiti sagt darin nicht, dass Hamza direkt gegen den König vorgehe. Er solle das Twittern unterlassen, er habe „rote Linien“ überschritten. Prinz Hamza fragt, ob das eine Drohung sei. „Ist die schlechte Führung des Staates meine Schuld?“

Die Behörden verhängen eine Nachrichtensperre

Wenige Stunden nach Verbreitung der Aufnahme verhängten die jordanischen Behörden eine Nachrichtensperre über den Fall. Solcherlei Einschränkungen haben in den vergangenen Jahren zugenommen. „Das ist ein klares Beispiel für Jordaniens Abrutschen in den Autoritarismus und Einschränkungen der Meinungsfreiheit“, äußerte ein Vertreter von Human Rights Watch. Die zunehmende Repression folgt steigender Unzufriedenheit und Protesten, die wiederum ihre Ursache vor allem in der seit Jahren andauernden Wirtschaftskrise haben.

Die Familienkrise hat grundlegende Probleme Jordaniens offenbart. Hamza hatte in einer am Samstag an den britischen Sender BBC geleiteten Videobotschaft von einem „herrschenden System“ gesprochen, „das entschieden hat, dass seine persönliche Interessen, seine finanziellen Interessen, dass seine Korruption wichtiger sind als das Leben und die Würde und Zukunft der zehn Millionen Menschen, die hier leben“. Hamza sprach von Nepotismus und Misswirtschaft, die es seit „15 bis zwanzig Jahren“ gebe – also etwa seit Abdullahs Thronbesteigung.

Der Prinz traf damit bei manchen Jordaniern auf Zustimmung, wenn es auch bislang wenige Hinweise darauf gibt, dass Abdullah II. von der Mehrheit grundsätzlich nicht weiterhin als Garant der Stabilität gesehen wird.