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Wie Notenbanken tiefe Minuszinsen durchsetzen könnten – IWF-Ökonomen: Bargeld im Bedarfsfall kontinuierlich abwerten / Ähnliche Überlegungen gibt es in der EZB
FAZ WIRTSCHAFT – ppl. FRANKFURT, 11. Februar. Einen brisanten Vorschlag für Negativzinsen, die auch Bargeld betreffen sollen, hat der Internationale Währungsfonds (IWF) auf seinem Blog veröffentlicht. Zwei Ökonomen erklären darin, wie Minuszinsen in der nächsten Krise effektiv eingeführt werden könnten. So würden „tief negative Zinsen” eine „verfügbare Option”, schreiben die IWF-Ökonomen Ruchir Agarwal und Signe Krogstrup. Allerdings geben sie zu, dass ihr Vorschlag auch Probleme aufwirft. Letztlich steht die Frage an, ob sie nicht eine faktische Enteignung der Geldbesitzer vorschlagen.
Ausgangspunkt ihrer Überlegung ist, dass die Zentralbanken in der vergangenen Finanzkrise die Leitzinsen sehr stark gesenkt haben, nun liegen diese aber bis heute nahe null. In einer neuen Krise hätten sie wenig bis gar keinen Spielraum nach unten. Historisch gesehen, seien in einer schweren Rezession Leitzinssenkungen um 3 bis 6 Prozentpunkte nötig gewe
sen. „Wenn eine neue Krise ausbricht, haben nur wenigen Länder diesen Raum für eine Antwort ihrer Geldpolitik”, geben die IWF-Ökonomen zu bedenken. Der Leitzins der Europäischen Zentralbank liegt seit Jahren bei null, der Einlagenzins für Banken sogar bei minus 0,4 Prozent.
Als Haupthindernis für Zinsen viel tiefer im negativen Bereich gilt, dass Bürgern und Finanzinvestoren Bargeld als Ausweichoption zur Verfügung steht. Wenn die Notenbanken die Zinsen weit unter null drücken, horten Banken oder Bürger eben große Beträge in Scheinen. Dabei fallen Lager- und Versicherungskosten an, aber diese sind relativ gering. „In einer bargeldlosen Welt gäbe es keine Untergrenze für die Zinssätze”, erklären die IWF-Ökonomen in ihrem Blog. Nun gebe es zwei Möglichkeiten. Einige Ökonomen haben vorgeschlagen, Bargeld abzuschaffen. Vor allem große Scheine solle es nicht mehr geben, forderten der frühere IWF-Chefvolkswirt Kenneth Rogoff
und andere. Die IWF-Blogautoren empfehlen einen anderen Weg.
Nach ihrem Vorschlag soll die Zentralbank die Geldmenge teilen: Zum einen gibt es NE-Geld”, das elektronisch auf den Spar- und Girokonten liegt, zum anderen Bargeld. Das Bargeld soll im Bedarfsfall gegenüber dem E-Geld abgewertet werden, im gleichen Maß wie der Negativzins. Als Beispielsatz nennen sie 3 Prozent. In den Geschäften müssten die Preise doppelt ausgeschildert werden: Kostet eine Ware anfangs 100 Euro, müssten Kunden nach einem Jahr also bei Barzahlung 103 Euro zahlen. „Bargeld würde dadurch an Wert verlieren, sowohl gegenüber Waren also auch gegenüber dem E-Geld, dadurch würde es keinen Vorteil mehr geben, Bargeld statt Bankkonten zu halten”, so die IWF-Autoren. Geldpolitisch sei das ein großer Vorteil, schreiben Agarwal und Krogstrup. Es müsste frei-, lich tiefgreifende Anderungen im Finanz-und Rechtssystem geben, die „fundamen
tale Fragen des Geldrechts” beträfen. Zudem seien „enorme Kommunikationsanstrengungen” nötig.
Absehbar dürfte es Widerstand von Bürgern gegen die Abwertung der Bargeldbestände geben. Agarwal hatte schon 2016 in einem IWF-Papier ähnliche Überregungen veröffentlicht. Darin erwähnte er den umstrittenen Ökonomen Silvio Gesell, den Erfinder des „Schwundgeldes” als historische Inspiration. Der IWF schreibt, dass Artikel und Arbeitspapiere seiner Mitarbeiter nicht zwingend die Auffassung der Gesamtinstitution widerspiegeln. Dennoch ist es ein starkes Zeichen, wenn nun wiederholt IWF-Papiere zum Thema effektive Negativzinsen veröffentlicht werden. Von Signe Krogstrup erschien im August 2018 ein ähnliches Papier gemeinsam mit Katrin Assenmacher, der Leiterin der Abteilung geldpolitische Strategie der EZB. Dies zeigt, dass auch in der EZB Überlegungen zur Abwertung von Bargeld angestellt werden.