MESOPOTAMIA NEWS EMPFEHLUNG : IraK / Fluchtursachen – Eine Analyse von Dr. Salar Bassireh

–           Politikwissenschaftler aus Düsseldorf   – bassireh@aol.com 

Vorwort – Flucht, Vertreibung und Migration sind weltweite Phänomene, die vielfältige Ursachen haben. Die Geschichte der Menschheit ist auch die Geschichte von Kriege, Flucht, Vertreibung und Migration, sowohl innerhalb der Staaten, als auch Grenzüberschreitend. Nie zuvor waren so viele Menschen gezwungen, ihr Zuhause zu verlassen. Was sind die Beweggründe für die Flucht und Migration?

Über 65 Millionen Menschen sind es laut UNHCR, die vor Krieg, Konflikten und Verfolgung auf der Flucht sind. Nicht mitgezählt werden dabei jene, die aufgrund ökolgischer Krisen (Umweltzerstörung und Kliamawandel), Armut, Ausbeutung, Verfolgung von Andersdenkenden  und Chancenlosigkeit gezwungen sind, zu migrieren, und die Zahl der Flüchtlinge hat Weltweit zugenommen.                           

Innerstaatliche Ursachen für Flucht und Vertreibung im Irak

Für das Phänomen Flucht und Migration gibt ebenfalls Innerstaatliche Ursachen, von der die Völker und Ethnien des Staates Irak : Kurden, Araber und andere ethnische Minderheiten davon betroffen sind.

Kurden im Irak sind seit der Gründung des Staates Irak Unterdrückung und Vetreibung ausgesetzt.

–           In den 20 er von Engländern militärisch bekämft.

–           1963, von Baathisten.

–           1975 als Folge des Sürtzes der kurdischen Befr.bewegung wurden über 300 tausend Kurden von der irakischen Regierung in den Süden des Landes zwangsdeportiert.

–           1980 – 88, als Folge des Irak – Iran Krieges flüchteten zehn tausende Iraker ins Ausland.

–           In den 80-er Vertrieb Saddam Husseins Regierung über hundert Tausend Faili Kurden, schiitische Arabern und Staatenlosen in den Iran und ihr Hab und Gut wurden beschlagnahmt.

–           1988 setzte die irakische Regierung unter Saddam Hussein Giftgas gegen Kurden im Nord Irak, vor allem in der kurdischen Stadt Halabja ein, bei dem ca. 8000 Menschen starben und über 10 000 wurden Verwundet. Es hat dazu geführt, dass ein Teil der Bevölkerung in anderen Regionen flüchteten, vor allem nach Iran. Die Herstellung diese Giftgase wurde vor allem mit deutsche Hilfe möglich. Über 82 deutsche Firmen und Banken waren daran beteiligt. Keine einzige diese Firmen wurden bis heute zur Rechenschaft gezogen. Von einer Wiedergutmachung kann keine Rede sein. Nichtmal die UNO hat das Saddam Husseinregime dafür verurteilt.

–           1991, nach dem Endes des Irak- Kuwaitkrieges, flüchteten fast eine Million Kurdinnen und Kurden vor dem irakischen Militär nach Iran, in die Türkei und in den Bergen Kurdistans. Folge war die Errichtung eine Schutzzone für Kurden über den 36-ten Breidengrades durch eine UNO Resolution.

–           IS erklärte einen gnadenlosenkrieg gegen Kurden, Jeziden , Araber und Christen. Allein in der von Jeziden bewohnte Region in Schenegal haben vor Verfolgung der IS über hundert Tausend Yeziden Flucht ergriffen mit zahlreichen Toten und Verschleppung von yezidischen Frauen. Aber auch die Entrechtung der Sunniten zuletzt durch die Schiitischen Kräfte führte dazu,  dass Zehntausende Menschen ihre Siedlungen verlassen mussten.

–           Saddam Husseinsregierung zerstörte aber auch im Süden Iraks beachtliche Landwirtschaftsgebiete der Schiiten und vertrieb seine Bevölkerung. Dies führte zum Landflucht in den Großstädten, vor allem nach Bagdad.

–           Andauernde Einmarsch des türkischen Militärs und Luftangriffe in einigen Regionen in Irak- Kurdistan, das zur Vertreibung der Einwohner aus den Dörfern führt.

–           Infolge des syrischen Krieges Flüchteten hundert Tausende Menschen in den Irak.

–           Auswanderung der Christen nach Europa.

–           Duch die Diskriminierung der Juden im Irak im Laufe der Geschichte wanderten fasst sämtliche Juden nach Israel.

–           Die Kurdische Administration in der Region Kurdistan- Irak ist ebenfalls Verantwortlich für Flucht viele Menschen aus der Region. Saddam Husseinsregierung zerstörte über 4000 Dörfer im Irak-Kurdistan und vertrieb die Bewohner in die Städte oder in Sammellager. Diese Dörfe wurden in den letzten 28 Jahren der kurdischen Administration nicht so wieder aufgebaut, wie es hätte sein sollen, um die Dorfbewöhnern zur Rückkehr in ihren Dörfern zu ermöglichen. 

Auch nach der Zerschlagung des IS (Millitärisch) und der Befreiung der durch die IS-Milliz besetzten irakischen Städte ist das Land ethnisch und religiös immer noch tief gespalten, und die Sicherheitslage ist nicht mehr gewährleistet. Durch die Kämpfe gegen den Islamischen Staat sind noch immer ganze Regionen weitestgehend zerstört. Die Folgen sind Armut, Flucht, Vertreibung, Arbeitslosigkeit und soziale Mißstände.

IS und der gleichen werden immer wieder geben, solange die Probleme nicht an der Wurzel bekämft werden, die zum Kriege und Krisen führen. D.h. Armut, soziale Mißstände bekämpfen, politische Meinungsfreiheiten, Gerechtigkeit und Rechtstaat verwirklichen.

Innerhalb der irakischen Staatsgrenzen sind über eine Million Menschen auf der Flucht. Viele von Ihnen leben in Camps in den verschiedenen Regionen des Landes, Teile von Ihnen in Irak-Kurdisdtan. Die Perspektivlosigkeit und die Angst, in Kampfhandlungen verwickelt zu werden, drängt viele, gerade junge und gut ausgebildete Leute, dazu ins Ausland zu fliehen. In den vergangenen Jahren verließen Millionen Iraker (Kurden Araber, Christen und Yeziden) das Land meist in Richtung Europa. Auch nach Deutschland fanden mehrere zehntausend irakische Flüchtlinge den Weg. Angesichts des dringend notwendigen Wiederaufbau von Verwaltung und Wirtschaft im Land ist sowohl finanzielle Hilfe, Bekämpfung der Korruption als auch soziale und politische Stabilität notwendig.  

Beinahe täglich wird das Land von Bombenanschlägen mit vielen Toten erschüttert. Im Norden des Landes hat der “Islamische Staat” immer noch die Kontrolle über Gebiete übernommen und kämpft dort, auch gegen die kurdischen Peschmerga.

Es gibt im Irak immer noch eine beträchtliche Anzahl an Binnenvertriebenen: 3,2 Millionen Menschen waren zwischen Januar 2014 und Oktober 2015 auf der Flucht. Diese versammeln sich vorwiegend im Norden, in Kurdistan, da die Gegend  mit fragezeichen als sicher galt. Dort wiederum verschärft sich die Lage zusehends. Der Wohnraum ist grundsätzlich schon knapp, da durch den Krieg einiges zerstört und noch nicht wieder aufgebaut worden ist. Ein unhaltbarer Dauerzustand ist dort vorzufinden, wo Flüchtlinge bereits über Jahre leben – in Auffanglagern, die eigentlich nur für kurze Zeit provisorisch angelegt wurden.  

Die Flüchtlingsunterkünfte vor Ort restlos überbelegt. Auch wenn es immer wieder positive Nachrichten aus dem Land zu hören gibt, wie im vergangenen Dezember, als die Stadt Ramadi von der Terrormiliz IS befreit werden konnte, bleibt die Situation insgesamt schwierig. Denn gleichzeitig kommt immer weniger Hilfe der internationalen Gemeinschaft an. Lebensmittel werden weniger und die Gesundheitsversorgung ist in einem desolaten Zustand, und die Sicherheitslage ist nicht gegeben. 

Opfer des syrischen Krieges, das ist nicht unser Krieg –  Äußereursachen für Flucht und Vertreibung

–           Internationale Waffenlieferungen an Diktatoren, hier der Irak Iran, Syrien und die Türkei als Beispiel. Kriegswaffen, die diese Staaten gegen ihre eigene Bevölkerung einsetzen, oder im Krieg gegen die Nachbarnländer, wie die Türkei und der Iran in Syrienkrieg, oder die Türkei auch gegen Kurden einsetzt, dadurch wird der Krieg fortgesetzt, und trägt zur Flucht von Menchen aus ihren Wohnsiedlungen.

–           Unterstützung der Diaktaturen durch die Großmächte aus Eigeninteressen. Gleichzeitig Waffenlieferungen an die Regierungsgegnern, die für die Aussenakteuern als Stellvertreter Krieg gelten.

–           Aber von  Demokratisierung und Menschenrechte ist keine Rede.

–           Ungleichheit zwischen reichem Norden und verarmtem Süden blieb nicht ohne Folgen. Die internationale Ausbeutung der Menschen und der Bodenschätze, ungerechte Handelsabkommen mit den Entwicklungsländern, all dies bleibt nicht ohne Folgen für die Bevölkerung.

–           Mit der Gründung des Staates Irak, 1920 durch die Britische Kolonialismus wurden Bevölkerungsgruppen verschiedener Ethnien, Kulturen, Religionen und Konfessionen gegen ihren Willen in dem neugegründeten Staat Irak  zusammengepherscht. Dadurch entstanden unlösbare konflikte und Bürgerkriege, die bis heute andauern. Eine politische Situation, die Flucht von hundert tausenden von Menschen zur Folge hat. Hätten die Briten damals nach der Gründung des Staates Irak auch die Schiiten und Kurden an der Macht beteiligt, wäre z.B. das Kurdenproblem nicht zu einem bis heute andauernden Konflikt geworden.

–           Übrigens mehr als acht von zehn Flüchtlingen halten sich in so genannten Entwicklungsländern auf. Die Türkei, Pakistan, der Libanon, Iran und Äthiopien beherbergen die meisten Flüchtlinge. Im Libanon ist aktuell mindestens jeder fünfte Mensch ein Flüchtling.

–           Deutschland müsste, zum Vergleich, Millionen Menschen aufnehmen, um auf ein solches Verhältnis zu kommen.

–           Türkei hat zwar zahlreicher Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen, dafür trägt das  Erdoganregime selbst ein Teilschuld mit, ermöglicht geleichzeitig und gezielt die Ausreise von illegalen Flüchtlinge, unter ihnen IS Terroristen in Richtung Europa, das als politische Waffe gegen sie eingesetzt wird.  

Es kommen weitere Faktoren hinzu als Fluchtursachen aus dem Irak oder auch Syrien.

  • Viele junge Männer aus Syrien und dem Irak fliehen, weil sie sonst zum Wehrdienst müssen und als Kanonenfutter dienen müssten. Auch andere Milizen erhöhen diesen Druck.
  • Viele Iraker und Syrer haben den Glauben an eine Zukunft in ihrer Heimat verloren. Sie setzen sich lieber direkt nach Europa ab, als innerhalb des Landes zu flüchten.

          Perspektivlosigkeit: Sie ist einer der wichtigsten Fluchtgrund. Seit Jahren tobt die Gewalt im Irak. Das Leben vieler Menschen steht still. Es kommt immer wieder vor, dass die Menschen aus Angst vor Gefechten ihre Häuser kaum verlassen, nicht mehr zur Arbeit, oder zur Universität oder Schule gehen. Um sie herum wird alles teurer und frisst ihre Ersparnisse auf. Der Krieg durchdringt ihr Leben, und kein Ende ist absehbar. Armut macht darüber hinaus krank: Millionen Menschen haben keinen Zugang zu medizinischer Versorgung und sie sind nicht in der Lage sich selbst zu finanzieren.

 

 

Korruption und Verelendung der Bevölkerung

Es kommen weitere Faktoren hinzu, als Fluchtursache für die Menschen im Irak. Sowohl unter der irakischen Regierung als auch unter kurdischer Regionalregierung hat das Phänomen Korruption einen Höhepunkt erreicht. Im Irak treibt insbesondere das Geschäft mit dem Öl das Ausmaß der Korruption in die Höhe. Milliarden US-Dollar wurden in den letzten Jahren aus öffentlichen Kassen und aus den Landeseinnahmen privatisiert, und es fließt in privaten Taschen. Damit ist eine beachtliche Schicht von Dollar-Millionären bzw. Milliardären entstanden. 

Allein die kurdischen Machthaber unter PUK und KDP, der kurdischen Regional Regierung,  unter Barzani und Talabanis Clans haben Milliarden aus dem Öl-Geschäft für sich vereinnahmt, und besitzen beachtliche Anteile des Boden und der Ländereien. Große Geldsummen wurden auf ausländische Konten verlegt, auch in Deutschand. Dadurch werden viel zuwenig in Projekten inverstiert, um damit Arbeitplätze zu schaffen. Gehälte werden kaum gezahlt. Wirtschaftskrise schlägt in politische Kriese um und ruft Gewalt hervor.

Lukrative Geschäfte wurden mit dem Öl-Geschäft auf dem Schwarzmarkt abgewickelt. Selbstbereicherung ist unter ranghöheren Offizieren und kooptierten Zivilpolitikern im Irak weit verbreitet. 

Das übrige Volk im Lande ist entpolitisiert bzw. politisch rechtlos, setzt sich zusammen aus Untertanen – nicht aus Bürgern im modernen Sinne –  und wird von der herrschenden Schicht wesentlich als ‚Objekt’ der Ausbeutung gesehen.

 

Eine irgendwie geartete Politik des ‚Gemeinwohls’ oder der ‚sozialen Wohlfahrt’ gibt es so gut wie nicht. Das ist ebenfalls ein Grund dafür, dass viele Menschen neben der politischen und religösen, auch aus wirtschaftlichen Gründen ins Ausland fliehen.

Der Westen sollte die Bekämpfung der IS Terrorismus nicht nur im Vordergrund stellen, die die Interessen des Westens in der Region gefährdet, sonderen auch an der Demokratisierung des Landes mitwirken. Aus eigen aussenpolitischen Interessen unterstützte US- Regierung die Mudjahidin in Afghanistan gegen SU Militärisch und Logistisch, ungeachtet dessen, dass der Krieg hier als Vorsetzung der Politik unschuldige Menschen in die Flucht treibt. Diese gilt ebenfalls für die IS, auch aus Sicht der regionalen Mächte wie die Türkei, Saudi, Katar und der Iran.

 

Die Lösung ist Stabilität, Frieden und soziale Gerechtigkeit

Flucht und Vertreibung können nur durch Stabilität, Frieden, soziale Gerechtigkeit, eine Föderaler Dezentralistischer, eine Zivillegesellschaft, und ein Sekularerstaat bekämpft werden.  Das ist aber in einem Land, das sich durch große religiöse, kulturelle und ethnische Diversität auszeichnet, von Diktatoren regiert, mit Gleichgültigkeit der internationalen Politik bzw. internationalen Gemeinschaft kein leichtes Unterfangen, ist aber nicht unmöglich, wenn dran ernshaft gearbeitet wird.

Der Irak ist in vielerlei Hinsicht ein gescheiterter Staat. Ein äußerst instabiler Staat Ein irakischer Staat im modernen Sinne, also ein Rechtstaat existiert nicht.

Wenn die Ausbeutung der ärmeren Länder und Unterstüzung der dikaturen und totalitären Regime nicht aufhören, wird langfristig zu Massenauswanderung der Menschen aus den südlichen Kontinenten führen, die die Geschichte bisher nicht kannte.

Diese Aufgabe kann heute Mithilfe der internationalen Unterstützung zu mindest Teilweise verwirklichen. Aber wer ist bereit diese Aufgabe zu übernehmen, ungeachtet ihre politische und Wirtschaftliche und Geopolitischen Interessen, also aus Habgier und Profite? Diese sind ebenfalls Teil der Ursachen und Krisen für Fluchtbewegungen.

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