MESOPOTAMIA NEWS : DIE BÖSARTIGE ÖKOLOGIE

Von Jean Baudrillard / fin de partie

„Im Laufe der weltweiten Wiederaufbereitung von Abfällen, die zu unserer historischen Aufgabe geworden ist, tritt die menschliche Gattung an, sich selbst als Abfall zu produzieren und an sich selber diese Ausschußproduktion fortzusetzen.

Das Schlimme ist nicht, daß wir von den Abfällen der industriellen und städtischen Ballungszentren überschwemmt werden, sondern wir selber zu Müll werden. Die ‚natürliche Welt‘ wird derartig bedeutungslos und lästig, daß man nicht mehr weiß, wie man sie loswerden soll. (…)

Eine Metropole, einen Supermarkt, eine Autobahn zu bauen, schafft heute keine lebendige Infrastruktur mehr, sondern bedeutet, die gesamte Umgebung in eine Wüste zu verwandeln. Indem man superschnelle Kommunikationsnetzte schafft, verwandelt man den menschlichen Verkehr direkt in Abfall. (…)

Was die Mülleimer der Geschichte selber betrifft, so sind sie weniger mit vergangenen Ereignissen und alten Ideologien angefüllt als mit aktuellen Ereignissen, die durch die Information (…) in kleingemahlene Reste und in einen Bilderfriedhof verwandelt werden Die Information ist das, was das zeitgeschichtliche Ereignis als Abfall ausscheidet: die heutige Müllhalde der Geschichte. (…)

 

Heute werden Abfälle übrigens bereits als solche produziert. Man baut riesige Bürogebäude, die für alle Zeiten leerstehen werden (Räume sind wie Menschen arbeitslos). Man baut totgeborene Bauwerke und Plätze, Trümmer, die immer nur Trümmer bleiben werden statt Ruinen oder archäologische Fundstücke zu werden (in unserer Epoche werden keine Ruinen mehr hervorgebracht, sondern nur noch Rückstände): Regelrechte für den Niedergang des menschlichen Unternehmergeistes, denn sie werden, um die Maschine während ihrer unnützen Erbauung in Gang zu halten.“

 

Jean Baudrillard: Eine bösartige Ökologie, in: Die Illusion des Endes (1992