MESOP : „Zeravani Training Centre“ in Bnaslava in der Nähe von Erbil
13 Jan 2015 – Kurden wollen mehr Waffen – 16 000 Sturmgewehre, 10 000 Granaten, 500 Panzerabwehrraketen: Deutschland hat bereits jede Menge Waffen für den Kampf gegen die Terrormiliz IS in den Nordirak geschickt. Die kurdischen Kämpfer haben damit Erfolge erzielt – und wollen jetzt mehr. Bundeswehrsoldaten bilden im „Zeravani Training Centre“ in Bnaslava in der Nähe von Erbil in Kurdistan Peschmerga-Kämpfer an deutschen Waffen aus.ERBIL Generalmajor Asis Wejsi hat beste Erfahrungen mit deutschen Waffen gemacht.
Mit 500 Sturmgewehren vom Typ G3 und G36 haben seine kurdischen Peschmerga-Kämpfer kurz vor Weihnachten in einer dreitägigen Offensive das nordirakische Sindschar-Gebirge von der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zurückerobert und die jesidische Bevölkerung befreit. „Milan“-Abwehrraketen haben mit Sprengstoff beladene Lastwagen zerstört, die der IS als fahrende Bomben einsetzen wollte. Gepanzerte Fahrzeuge vom Typ „Dingo“ haben einigen seiner Männer das Leben gerettet.
Trotzdem hat der Kommandeur von 4500 Soldaten ein Problem. Er hat zu wenig von fast allem: Gewehre, Raketen, Munition, Fahrzeuge. „Die Unterstützung für den Kampf gegen IS ist ein Tropfen im Meer“, sagt er. „Den Kampf gegen IS haben wir unter null begonnen. Jetzt sind wir erst bei null.“
Wejsi hat am Montag für einen Tag die Front verlassen, um genau das auch Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) zu sagen. Zum Abschluss ihrer zweitägigen Irak-Reise macht sich die CDU-Politikerin in einem Peschmerga-Camp vor den Toren der Metropole Erbil ein Bild von der Einweisung kurdischer Soldaten in den Gebrauch deutscher Waffen. Acht Fallschirmjäger der Bundeswehr kümmern sich im Moment darum. Bis die Kurden vom Sturmgewehr G36 über die Panzerfaust bis zur Pistole P1 alles bedienen können, dauert es vier Wochen. Derzeit werden neun Soldaten ausgebildet.
Bei 10 000 Peschmerga, die mit deutschen Waffen für 70 Millionen Euro ausgerüstet wurden, ist das nicht gerade viel. Die Bundeswehr setzt deswegen auf Multiplikatoren, die ihr Wissen weitergeben. Außerdem bekommen die Fallschirmjäger sehr bald Verstärkung. Wenn der Bundestag Ende Januar zustimmt, können bis zu 100 deutsche Ausbilder nach Erbil geschickt werden. Dann soll es aber um mehr als nur um den Waffengebrauch gehen: Die Peschmerga sollen dann auch Sprengfallen-Entschärfung, Bekämpfung von Scharfschützen und den Straßenkampf innerhalb von Ortschaften üben. Im Sindschar-Gebirge kämpften die Kurden größtenteils noch ohne Einweisung mit den deutschen Waffen. Das sei aber auch egal gewesen, sagt einer der Soldaten, die dabei waren. Man habe sich die Bedienung selbst angeeignet. „Wenn die Peschmerga die „Milan“ sehen, dann sagen sie: Wir haben diesen Krieg gewonnen, bevor wir gekämpft haben“, schwärmt er.Allerdings kann mangelnde Ausbildung auch tödliche Folgen haben. Einer der fünf von der Bundeswehr gelieferten „Dingos“ wurde von einer fahrenden Bombe des IS seitlich gerammt. Das Fahrzeug brannte aus, alle sechs Insassen starben. Die Bundeswehr vermutet einen „unsachgemäßen Umgang“ mit dem Fahrzeug. Möglicherweise wurden die Soldaten durch nicht befestigte Gegenstände im Inneren des Fahrzeugs getroffen. Das Feuer konnte jedenfalls nicht gelöscht und die Soldaten nicht gerettet werden. Der „Dingo“ steht als eines der sichersten gepanzerten Transportfahrzeuge der Welt trotzdem auf der Wunschliste von Generalmajor Wejsi. Daneben will er vor allem panzerbrechende Waffen haben, Geräte zur Entschärfung von Minen und Sprengfallen sowie Munition. Seit der vergangenen Woche hat er ein weiteres gutes Argument für seine Forderung nach Aufrüstung seiner Truppe. „Wenn wir den Kampf gegen IS nicht fortsetzen, dann werden Attentate wie die in Paris täglich wiederholt.“
Deutschland hat die Kurden bereits unter anderem mit 16 000 Sturmgewehre, 10 000 Handgranaten und 30 Panzerabwehrwaffen „Milan“ mit 500 Raketen aufgerüstet. Von der Leyen zeigt sich trotzdem offen für weitere Lieferungen. „Wir wissen, dass die Peschmerga nicht nur für ihr Land einstehen, sondern für uns alle einstehen.“, sagt sie beim Besuch des Camps.Sie fügt aber vorsichtig hinzu, dass das in der Regierung abgestimmt werden müsse. Schon die erste Lieferung an die Kurden war in der SPD umstritten. SPD-Chef Sigmar Gabriel hat sich eine restriktive Rüstungsexportpolitik auf die Fahnen geschrieben. Lieferungen in ein Krisengebiet passen nicht so gut dazu. Die Verteidigungsexperten der SPD-Bundestagsfraktion haben dagegen kein Problem damit. „Panzerbrechende Waffen kann man immer wieder in kleineren Tranchen nachliefern“, meint der verteidigungspolitische Sprecher Rainer Arnold. http://www.nwzonline.de/politik/kurden-wollen-mehr-waffen_a_22,0,1999429358.html