MESOP SATIREN I (THE GERMAN KURDISH CHAPTER)

I) Recep Tayyp Erdogans : „Muhtesem Yüzyil“ („Das prächtige Jahrhundert“)

Ein großer Mann braucht keine große Frau. Ihm reichen zwei kleine. Oder einige Dutzend. Doch in der postritterlichen Zeit geht es anders zu, auch in der Türkei, wo die Sitten mangels Rittern schon von alters her weniger feinfühlig sind als anderswo. Heute werden sogar osmanische Sultane im türkischen Fernsehen als pflichtvergessene Wollüstlinge verunglimpft. Das aber will der seit 2002 herrschende türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan nun ändern.

„Wir leben in einer Welt mit sieben Milliarden. Was unsere Aufgabe ist, wissen wir sehr gut. Wohin auch immer unsere Vorfahren auf Pferden geritten sind, dorthin gehen auch wir. Wir interessieren uns für jeden dieser Orte.“

Deshalb müsse sich die Türkei in Gaza, Syrien, Libanon, Kosovo, Irak, Aserbaidschan, Afghanistan, Burma (!) und Somalia (!) engagieren. An dieser Aufzählung war schon für sich genommen der Hinweis auf den von der Forschung bisher vollkommen ignorierten osmanischen Feldzug gegen Burma bemerkenswert, doch er wurde von einer anderen Aussage Erdogans verdrängt.

„Wir haben keine solchen Vorfahren“

sagt Erdogan:

„Wir haben keine solchen Vorfahren. Wir haben keinen solchen Sultan Süleyman kennengelernt. Dreißig Jahre seines Lebens hat er auf einem Pferderücken verbracht. „

Allerdings stört sich Tayyip Erdogan ohnehin nur selektiv an historischen Zerrbildern. Als im vergangenen Jahr der islamische Agitpropfilm „Fetih 1453“ über die Eroberung Konstantinopels in der Türkei Millionen Kinogänger begeisterte, hatte Erdogan nichts daran auszusetzen, daß hier alle Christen als moralisch verkommene, daueralkoholisierte, hurende Gauner, die Eroberer dagegen als tadellose Ehrenmänner gezeigt wurden.

In der vergangenen Woche beschwerten sich Angehörige der griechischen Minderheit Istanbuls beim türkischen Rundfunkrat über eine Serie, in der alle negativen Charaktere – wie Prostituierte, Verräter und Kollaborateure – als Griechen dargestellt seien.

Doch Erdogan spricht mit seiner Kritik ein durchaus verbreitetes Geschichtsbild der Türken an, in dem tadellose (und selbstverständlich muslimische) Männer das Abendland die Sitten lehren.

Zum anderen lassen sich die heimtückischen, von niedrigen Begierden zerfressenen Bösewichter, ohne die kein Drama auskommt, auch mit Christen besetzen. Dann höben sich die Sultane umso deutlicher vom Otterngezücht der Ungläubigen ab. Das türkische Publikum will es so, und Erdogan leuchtet ihm heim.