MESOP NEWS : EXTRALEGALE IDEELLE HINRICHTUNG IN ZEITEN DER LBGTQ-KULTUR – Nun Dustin Hoffman – ein Edel-Guter
„Spiegel Online” titelte: John Oliver demaskiert Dustin Hoffman” / Gerichte nicht mehr notwendig
Vor dem Ersatzgericht – John Oliver verhört Dustin Hoffman – einen Belästiger?
Der gute Mr. Oliver war an diesem Abend besonders gut. Zwanzigjähriges Jubiläum der Politsatire „Wag the Dog”, eine Podiumsrunde mit den Hauptdarstellern Robert De Niro und Dustin Hoffman, heimelig und langweilig. Eigentlich. Denn der Moderator der Gesprächsrunde – und der beliebten HBO-Show „Last Week To“ – wagte es, einen Eimer Eiswasser auf die wärmende Hollywood-Harmonie zu gießen. „Es gibt da etwas, worüber wir reden müssen”, warnte John Oliver, und dann ging es los.
Oliver las vor, mit welchen Worten Hoffman sich bei Anna Graham Hunter entschuldigt hat, einer Schriftstellerin, die den Schauspieler beschuldigt, sie, eine damals 17 Jahre alte Praktikantin, 1985 am Set zum „Tod eines Handlungsreisenden” begrapscht zu haben. Was er getan haben könnte, tue ihm leid, so der Oscarpreisträger: „Es spiegelt nicht wider, wer ich bin.”
„Genau diese Antworten – ,Es spiegelt nicht wider, wer ich bin’ – kotzen mich an”, empörte sich Oliver. „Denn es spiegelt wider, wer Sie waren. Falls es sich so ereignet hat, und Sie haben keinen Beweis erbracht, dass es nicht so war, gab es eine Zeit, in der Sie Frauen bedrängten.”
„Sie waren nicht dabei”, antwortete ein verunsicherter Hoffman – „Zum Glück”, ein auf Pointen geschulter Oliver. So ging es eine Weile, erst auf dem Podium, dann im Netz, wo in den Kommentarspalten die Nutzer Oliver applaudierten und sich bedankten, bei „einem der besten Journalisten überhaupt”. Endlich gebe es keine Rückzugsräume mehr für Hollywood-stars, endlich müssten sie sich Belästigungsvorwürfen stellen. „Spiegel Online” titelte: John Oliver demaskiert Dustin Hoffman”.
Es ödet so an, diese Wörter nur zu schreiben. Sie sind so unlustig. Moralisierend. Wörter wie Unschuldsvermutung, Vorverurteilung. Ersatzverurteilung eigentlich, denn zu einer Verur-teilung durch ein Gericht für die angebliche Belästigung wird es nicht kommen. Ja, angebliche Belästigung. Denn auch wenn viele das Gegenteil glauben: Sie wissen es nicht.
Ist wirklich auszuschließen, dass am „Handlungsreisenden”-Set eine Stimmung herrschte, in der die ganze Crew einander Anzüglichkeiten zuwarf und nicht nur Hoffman Hunter an den Po fasste, sondern auch sie ihm, wie es der Regisseur Volker Schlöndorff in der „Zeit” behauptete? Macht es Hoffman, der in Dutzenden Filmen mitspielte, zum Täter, dass ihm nach Hunter zwei weitere Frauen Belästigung vorwarfen (und vor ihnen, 1979 schon, Meryl Streep das getan hatte)? Beweisen die Klischee-Entschuldigung und seine unbeholfenen, „für sich sprechenden” Antworten seine Schuld?
John Oliver macht eine großartige Sendung, in der er regelmäßig belegt, dass Satiriker auch als Journalisten brillieren können. Mit Hoffman meinte er, der nie einen Zweifel daran lässt, zu den Guten zu gehören, es ein bisschen zu gut. Ihn auf die Vorwürfe anzusprechen statt Li-La-Laune-Fragen zu stellen – unbedingt. Ein Satz wie „Falls es sich so ereignet hat, und Sie haben keinen Beweis erbracht, dass es nicht so war, gab es eine Zeit, in der Sie Frauen bedrängten” will aber nichts wissen, nur verurteilen. Wie, bitte schön, soll Hoffman diesen Beweis erbringen? Hätte er gestanden und nicht bloß sarkastisch „Ich bin schuldig” gesagt, wäre ihm dann von John Oliver vergeben worden, vielleicht gegen Zahlung eines ausreichend hohen Betrages an eine Organisation, die sich für Opfer sexueller Gewalt einsetzt?
Dass Hoffman anmerkte, sich bei Hunter zwar entschuldigt zu haben, aber nicht.weil er schuldig sei, sondern weil sein Agent ihm dazu geraten habe, der sonst einen noch größeren Shitstorm befürchtete, kann man für besonders perfide halten. Oder für die logische Verteidigungsstrategie vor dem Gericht namens Öffentlichkeit, die ihr Urteil längst getroffen hat.
FLORENTIN SCHUMACHER FAZ/FAS 10 Dec 2017 – www.mesop.de