MESOP MIDEAST WATCH KOMMENTAR : Wahlkampf in Israel-Noch schmutziger, hinterhältiger, hasserfüllter?

Von Christian Meier FAZ 8.7.2022

Schon wieder ist eine Koalition in Israel zerbrochen. Das Scheitern zeigt, wie festgefahren die politische Lage ist. Die unrechtmäßige Herrschaft über die Palästinenser wird ausgeblendet. Aber das Thema holt die Politiker immer wieder ein.

Als Naftali Bennett verkündete, dass er als israelischer Ministerpräsident ge­scheitert sei und das Amt an Jair Lapid übergeben werde, benutzte er ein jiddisches Wort, um dessen Qualitäten zu beschreiben. Lapid sei ein Politiker mit Anstand und Verlässlichkeit – er sei, sagte Bennett, ein „Mensch“. Lapid erwiderte: „Ich liebe dich sehr.“ Das Land war beinahe zu Tränen gerührt. Großmut und Freundschaft im Angesicht eines po­litischen Dramas, so etwas hatte man in Israel lange nicht gesehen.

So etwas wird man vermutlich auch lange nicht mehr sehen. Die allgemeine Erwartung ist: Der anstehende Wahlkampf wird noch viel schmutziger, hinterhältiger und hasserfüllter werden als vor den vergangenen Wahlen. Benjamin Netanjahu, der mit aller Macht zurück in sein al­tes Amt strebt, hat den Ton schon vorgegeben: Lapid würde auch künftig mit „Terrorunterstützern“ zusammenarbeiten, sagte er in Anspielung auf die islamische Partei, welche Teil der Koalition war, die nun Geschichte ist. Und Lapid warnt bereits vor „dunklen Kräften“ und meint Netanjahu und dessen ultranationalistische Verbündete.