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ʿAin al-ʿArab: Keine Zivilisten mehr in der Stadt
KURDWATCH, 10. Oktober 2014 – In der seit mehreren Wochen vom Islamischen Staat (IS) belagerten Stadt ʿAin al‑ʿArab (Kobanî) [weitere Informationen] sind keine Zivilisten mehr. Auch der Großteil der dort noch zu Beginn der Kämpfe anwesenden Volksverteidigungseinheiten (YPG) der Partei der Demokratischen Union (PYD) hat die Stadt verlassen. Es kämpfen fast ausschließlich Kombattanten der PKK. Flüchtlinge aus ʿAin al‑ʿArab, die nach Suruç in der Türkei geflohen sind, werfen der PKK vor, einen sinnlosen Kampf zu führen, da die Stadt nicht zu halten sei. »Wir hoffen, dass am Ende nicht nur der Islamische Staat besiegt sein wird, sondern auch die PKK und die PYD. Die PYD ist mitschuldig an der jetzigen Situation, sie hat von Anfang an mit dem syrischen Regime kooperiert«, so ein Flüchtling, der aus Angst vor Repressionen anonym bleiben wollte, gegenüber KurdWatch. |
Tall Tamr: PYD hält Demonstranten fest
KURDWATCH, 9. Oktober 2014 – Am 4. Oktober 2014 haben Mitarbeiter des Asayiş, des Sicherheitsdienstes der Partei der Demokratischen Union (PYD), eine vom Kurdischen Nationalrat organisierte Demonstration in Tall Tamr verboten und aufgelöst. Die Demonstration richtete sich gegen den Angriff des Islamischen Staats (IS) auf ʿAin al‑ʿArab (Kobanî). Qasim Dschanan, Vorsitzender des lokalen Komitees des Kurdischen Nationalrats in Tall Tamr, Kamiran Schaikhu, Mitglied des lokalen Komitees der Kurdischen Einheitspartei in Syrien (Yekîtî) in Tall Tamr, Fahd Abu ʿAqid, Mitglied der Demokratischen Partei Kurdistans – Syrien (KDP‑S), sowie Yahya ʿAbdulhadi und Mahmud Sabri, beides Mitglieder der Kurdischen Demokratischen Partei in Syrien (el‑Partî) von Nasruddin Ibrahim, wurden vom Asayiş mehrerer Stunden festgehalten. Ihnen wurde mit Ausweisung aus Syrien gedroht, sollten sie weiter politisch aktiv bleiben. |
Al-Maʿbada: PYD rekrutiert Kind gegen Willen der Eltern
KURDWATCH, 9. Oktober 2014 – Am 20. September 2014 haben Kämpfer der Volksverteidigungseinheiten (YPG) der Partei der Demokratischen Union (PYD) den dreizehnjährigen Schüler ʿAli ʿAbdullah ʿAli in al‑Maʿbada (Girkê Legê) ohne Einwilligung seiner Eltern rekrutiert. Der Familie ist der Stützpunkt bekannt, in dem ihr Sohn eingesetzt ist. Die YPG behauptete jedoch auf Nachfragen der Mutter, nichts vom Aufenthaltsort des Kindes zu wissen. |
Manbidsch: IS lässt fünfundsiebzig weitere Schüler frei
KURDWATCH, 9. Oktober 2014 – Am 30. September 2014 haben Kämpfer des Islamischen Staats in Manbidsch weitere fünfundsiebzig der am 29. Mai 2014 entführten Schüler aus ʿAin al‑ʿArab (Kobanî) [weitere Informationen] freigelassen. Einer der Freigelassenen erklärte gegenüber KurdWatch: »Man hat uns einfach aus dem Gefängnis entlassen und aufgefordert, die Stadt zu verlassen.« Angesichts der Kämpfe in ʿAin al‑ʿArab seien einige Richtung Aleppo, andere Richtung türkische Grenze gereist. Die Schüler wurden während ihrer Gefangenschaft in einer Schule gefoltert und gezwungen, Islamunterricht zu besuchen. |
Al‑Yaʿrubiya: Kämpfe zwischen IS und YPG
KURDWATCH, 9. Oktober 2014 – Am 26. September 2014 kam es an der syrisch-irakischen Grenze bei al‑Yaʿrubiya zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen dem Islamischen Staat (IS) auf der einen und den Volksverteidigungseinheiten (YPG) der Partei der Demokratischen Union (PYD) sowie der aus regimetreuen arabischen Stammesangehörigen bestehenden Al‑Karama-Brigade auf der anderen Seite. Der Islamische Staat soll mehrere Dörfer eingenommen haben. |
Raʾs al-ʿAin: PYD läst Aktivist nach einem Monat frei
KURDWATCH, 6. Oktober 2014 – Am 1. Oktober 2014 hat der Asayiş, der Sicherheitsdienst der Partei der Demokratischen Union (PYD), den Aktivisten Muhamad Hasso (geb. 1982, verh. zwei Kinder, Mitglied der Kurdischen Demokratischen Einheitspartei in Syrien) aus ihrer Haft gelassen. Hasso war am 5. September 2014 entführt worden. Er wurde nicht gefoltert. |
Raʾs al-ʿAin: PYD kooperiert mit der Freien Syrischen Armee
KURDWATCH, 6. Oktober 2014 – Am 27. September 2014 haben die Volksverteidigungseinheiten (YPG) der Partei der Demokratischen Union (PYD) sowie die Tahir‑Brigade der Freien Syrischen Armee (FSA) in der Stadt Raʾs al‑ʿAin (Serê Kaniyê) in einer Presskonferenz die Gründung eines Gemeinsamen Operationszentrums bekannt gegeben. Bereits am 10. September 2014 hatte die YPG eine ähnliche Zusammenarbeit mit FSA‑Einheiten westlich von ʿAyn al‑ʿArab (Kobanî) erklärt. Vermutlich sucht die YPG die Nähe der FSA, um ihre Chance auf Bewaffnung durch die Vereinigten Staaten zu verbessern. Die USA rüsten derzeit die gemäßigte syrische Opposition auf. |
Manbidsch: Islamischer Staat entführt Mitglieder der Fortschrittspartei
KURDWATCH, 4. Oktober 2014 – Am 8. und 9. September 2014 haben Kämpfer des Islamischen Staats (IS) mehrere Häuser in dem achtzig Kilometer östlich von Aleppo gelegenen Ort Manbidsch gestürmt. Mindestens zehn Personen wurden entführt, darunter Masu Barkal, Muru Barkal, Khalil Zaitu, Muhammad Schaikhu, Mahmud Schaikhu, Ahmad Masu ʿAbdi und Muhammad Hamad. Unter den Entführten sind mehrere Mitglieder der Kurdischen Demokratischen Fortschrittspartei in Syrien. |
Neues Dokument: Parteiengesetz für die Kantone Dschazira, Kobanî und ʿAfrin
KURDWATCH, 30. September 2014 – Am 17. April 2014 haben die Legislativräte der von der Partei der Demokratischen Union (PYD) eingesetzten Übergangsverwaltung ein Parteiengesetz für die Kantone Dschazira, Kobanî [ʿAin al‑ʿArab] und ʿAfrin verabschiedet, das die Bedingungen festlegt, unter denen Parteien registriert werden können. Das Gesetz setzt eine Frist von fünfundvierzig Tagen, innerhalb derer alle Parteien eine Zulassung beantragen müssen. Bislang ist keine der Parteien des Kurdischen Nationalrats dieser Aufforderung nachgekommen. Sowohl der Kurdische Nationalrat als auch die Kurdische Zukunftsbewegung in Syrien lehnen das Gesetz ab. In einer Erklärung vom 28. August 2014 bezeichnet der Kurdische Nationalrat das Parteiengesetz neben dem Gesetz zur Wehrpflicht als das gefährlichste Gesetz der PYD. Tatsächlich schafft das Gesetz die »legale« Grundlage für die Verfolgung anderer Parteien durch die PYD. Problematisch ist vor allem, dass die Kommissionen, die über die Zulassung der Parteien entscheiden soll, keine objektive Instanz sind. Vielmehr bestehen sie aus Regierungsvertretern der drei Kantone. Diese Regierungen wurden weder gewählt, noch von einer repräsentativen Vertretung kurdischer Parteien eingesetzt, sondern sind auf letztlich unbekannte Weise aus der im November 2013 etablierten Übergangsverwaltung entstanden. Die Übergangsverwaltung wiederum wurde laut PYD von fünfzig Organisationen etabliert, die nie publik gemacht wurden. Die wenigen Gruppen, die namentlich genannt wurden, stehen entweder der PYD nahe oder sind gänzlich unbekannt. |
Neues Interview:
Nauaf ʿIsa ʿAli, ehemaliger Korrespondent von Kurdistan TV in Sindschar (kurd. Şingal) im Irak: »Die PYD hat im Sindschar nicht gekämpft und sie hat die Yeziden nicht gerettet; das ist nichts weiter als Propaganda« KurdWatch, 30. September 2014 – Nauaf ʿIsa ʿAli, geb. 1978 in Sindschar (Şingal), verheiratet, zwei Kinder, war von 2007 bis Juli 2014 Sindscharkorrespondent des Fernsehsenders Kurdistan TV, der der Demokratischen Partei Kurdistans (KDP) gehört. Am 3. August 2014, als der Islamische Staat (IS) Sindschar einnahm, gehörte er zu den letzten, die die Region noch verlassen konnten. Im Interview mit KurdWatch wirft ʿAli der militärischen und politischen Führung im Sindschargebiet schwerwiegende Versäumnisse im Kampf gegen den IS sowie Korruption vor. Gleichzeitig widerspricht er der Behauptung, die PKK habe die Yeziden im Sindschar »gerettet«. Nauaf ʿIsa ʿAli hat Irakisch-Kurdistan im August 2014 aus Angst um seine Sicherheit verlassen. |