MESOP : KURDISTAN HILFE AUS DER LAUSITZ – Teil 5: Besuch in Dawudiya – Flüchtlingslager ist provisorisches Zuhause für 4200 Menschen
DAWUDIYA Dawudiya – Hinter diesem klangvollen Namen verbirgt sich das provisorische Zuhause für 4200 Menschen. Es ist ein Flüchtlingscamp im Norden von Dohuk. Über dem kleinen Lager thronen die schneebedeckten Gipfel der Zagros-Gebirges.
Hinter den 3000ern liegt die Türkei. Die Sonne scheint, hat aber noch keine Kraft. Die Kälte kriecht in die Knochen. In über 2000 Metern Höhe weigert sich der Winter auch im März noch mit Kräften, aufzugeben.
Dawudiya wurde von der kurdischen Regierung errichtet und im Januar 2015 eröffnet. Träger sind verschiedene Hilfsorganisationen aus Europa und Kanada. Die Menschen, die dort Unterschlupf gefunden haben, stammen alle aus dem Sinjar-Gebirge, das die Kurden Shengal nennen. Jede Familie weiß grauenvolle Geschichten von der Flucht zu erzählen, von Durst und Hunger in den Bergen und vom Tod Angehöriger, als der Islamische Staat (IS) im August 2014 über die Region herfiel, Tausende abschlachtete und vertrieb.In Dawudiya gehört zwar die Mehrheit den Jesiden an, ihre Nachbarn sind aber auch Muslime, Christen und Turkmenen. Das Camp ist wie ein Dorf organisiert. Die 900 Container reihen sich in Straßenzügen auf, dazwischen liegen ein Müllplatz, eine Polizeistation, ein medizinisches Zentrum und eine Verwaltung. Auch zwei Schulen und ein Kindergarten gehören dazu, schließlich ist die Hälfte der Bewohner jünger als 17 Jahre. Rund um das Lager ist ein Zaun gezogen. Es gibt zwar eine offene Kanalisation, trotzdem versinken die Wege bei jedem Regenguss im Schlamm. Dafür leuchten Straßenlaternen den Weg, die mit Solarstrom betrieben werden. Am Camp-Eingang haben Händler provisorische Stände aufgebaut. Unter den Planen bieten sie Lebensmittel an – zumeist Obst und Gemüse. Die Camp-Bewohner erhalten zwar kostenfrei Wasser und Essenzuteilung, aber ansonsten keine finanzielle Unterstützung. Die Mehrheit hat keine Arbeit und damit kein Einkommen, sie hängen von der Hilfe ihrer Familien ab. Wer sich keine Propangasflasche leisten kann, kocht auf offenem Feuer.
Eine Familie – die in Dawudiya im Durchschnitt fünf bis sechs Kinder hat – teilt sich einen Container. Im Eingangsbereich ist ein Waschbecken angeschlossen, das Wasser kommt aus einer Zisternen auf dem Dach. Darauf klemmt bei vielen eine Satellitenschüssel. Der Wohnbereich ist in unterteilt – für Kochen und Waschen der eine, für Sitzen, Essen und Schlafen der andere. Die Einrichtung ist simpel. Es gibt keine Möbel, keine Tische oder Stühle. Die Menschen sitzen auf dem mit Teppich oder Decken ausgelegten Boden. Wer geschickt genug ist, hat sich mit Holzgestellen und Plastikplanen einen Anbau errichtet. Das gibt zusätzlichen Platz zum Abstellen und Sitzen und für die Hausarbeit. Die erledigen die Frauen zumeist im Freien. Einen Hauptteil ihrer Zeit verbringen sie damit, den Schlamm in ihren Containern wegzuwischen – im Sommer ist es der Staub.
Die Menschen leben auf engstem Raum – unter schweren Bedingungen und mit fürchterlichen Erinnerungen. Trotzdem herrscht keine Aggressivität. Sie verbringen nun schon ein Jahr in Dawudiya und sie sind darauf eingerichtet, noch länger zu bleiben, obwohl ihre Heimat von den Peshmerga zurückerobert wurde. Kamal Khero Qassim ist Anfang 20 und fragt: “Warum sollten wir zurückkehren? Wer garantiert unsere Sicherheit?” In den Dörfern des Sinjar lebten noch immer ihre arabischen Nachbarn, die den IS unterstützen. “Ich will hier weg. Ich will nach Europa”, sagt der Student.
Hilfseinsatz in Kurdistan
Dawudiya in den kurdischen Bergen. In dem Lager sind 900 Container aufgestellt. Die Mehrzahl der Bewohner sind Jesiden. Alle Flüchtlinge stammen aus der Region Sinjar, die im August 2014 vom Islamischen Staat in einer Großoffensive eingenommen wurde. Tausende Menschen starben und wurden vertrieben.
Peggy Kompalla