MESOP FOCUS : Aleppo: Zwischen dem Operationszentrum »Labbaiki Ukhtah« und den Volksverteidigungseinheiten (YPG) der Partei der Demokratischen Union (PYD) vereinbarte Eckpunkte
KURDWATCH GERMANY – Neues Dokument:KurdWatch, 31. August 2015 – Am 2. Mai 2015 haben Vertreter von fünfzehn vorwiegend islamistischen Kampfverbänden in Aleppo die Gründung eines Operationszentrums bekannt gegeben. In einer Videobotschaft erklärten sie, das Operationszentrum solle den Namen »Labbaiki Ukhtah« (»Zu Diensten, Schwester«) tragen und die Bewohner des Stadtviertels Schaikh Maqsud in Aleppo gegen Angriffe der Volksverteidigungseinheiten (YPG) der Partei der Demokratischen Union (PYD) und des Asayiş, des Sicherheitsdienstes der PYD, verteidigen.
Dem Operationszentrum gehörten die folgenden Gruppen an:
1. Ahfad as‑Salatin
2. Kataʾib Abu ʿAmara
3. Harakat Ahrar asch‑Scham al‑Islamiya
4. Kataʾib as‑Safwa
5. al‑Faudsch al‑Auwal
6. Dschabhat an‑Nusra
7. Ahrar Suriya
8. Harakat Nuruddin az‑Zanki
9. al‑Dschabha al‑Kurdiya
10. al‑Firqa 16
11. Harakat Fadschr asch‑Scham al‑Islamiya
12. al‑Dschabha asch‑Schamiya
13. Kataʾib Thuwwar asch‑Scham
14. Failaq asch‑Scham
15. Dschaisch al‑Islam
Begründet wurde das Bündnis damit, dass Kämpfer der YPG in dem bis dahin von ihr allein kontrollierten kurdischen Stadtteil Schaikh Maqsud eine verschleierte Bewohnerin erst an einem Kontrollpunkt beleidigt und später aufgefordert hätten, ihr Haus zu räumen.
Am 4. Mai unterschrieb das Bündnis eine Vereinbarung mit den Volksverteidigungseinheiten. Letztere verpflichteten sich, die für den Übergriff auf die Frau Verantwortlichen einem juristischen Ausschuss mit Sitz im Büro von al‑Dschabha asch‑Schamiya zu übergeben. Darüber hinaus wurde vereinbart, dass die YPG in Schaikh Maqsud die alleinige Kontrolle verliert und das Viertel nicht als Teil der Übergangsverwaltung der PYD behandelt wird. Ferner wurde ein Gefangenenaustausch zwischen beiden Seiten beschlossen.
Bei der Umsetzung des Abkommens kam es zu Verzögerungen: Das Bündnis »Labbaiki Ukhtah« hatte am 24. Mai 2015 eine zweitägige Frist gesetzt, innerhalb derer die YPG die Vereinbarungen von Anfang Mai umsetzen sollte. Am 26. Mai griffen Kämpfer des Bündnisses Stellungen der YPG an und verletzten zwei Personen. Wenige Stunden später trafen sich Vertreter beider Seiten und einigten sich auf eine Waffenruhe. In einem Video erklärte ein Vertreter der YPG, die Vereinbarungen würden kurzfristig umgesetzt werden.
Der Recherche von KurdWatch zufolge ist es hierzu jedoch nur teilweise gekommen. So ist nichts von einem offiziellen Gefangenaustausch bekannt geworden. Die Kontrolle über das Viertel Schaikh Maqsud hingegen wurde aufgeteilt. Die syrische Opposition, die inklusive sämtlicher islamistischer Gruppen mit Ausnahme des Islamischen Staats (IS) seit mehreren Monaten eine Einheit bildet, kontrolliert den Osten des Stadtteils, die PYD hingegen den Westen. Darüber hinaus unterhält die PYD in dem von ihr kontrollierten Gebiet bis heute sogenannte Straßenräte, Selbstverwaltungsgremien, die unter anderem Hilfsgüter verteilen.
KurdWatch publiziert das von »Labbaiki Ukhtah« und der YPG unterzeichnete Dokument. Dieses steht exemplarisch für die fragilen Bündnisse ideologisch unterschiedlichster Gruppierungen, die insbesondere in stark umkämpften, ethnisch und religiös heterogenen Gebieten wie Aleppo geschlossen (und wieder aufgekündigt) werden.