MESOP CULTURE : WOHER KOMMT EIGENTLICH DER MOB ? – AN WEM ODER WAS LIEGT DAS ? – FRAGEN EINES LESENDEN ZEITGENOSSEN
(….) „ Die folgenden, Adornos letzte Notiz abschließenden Sätze, befassen sich mit der “Tatsache, daß das Proletariat nicht die fortgeschrittenste Klasse war, sondern als entmenschlichte, regressiv, zurückgeblieben” sei.
Der von Adorno mehrfach gebrauchte Begriff “Entmenschlichung” bezeichnete den “zur Totalität entfalteten Warencharakter von Arbeitskraft” (6/261), “dinghaft Entmenschlichtes” (6/192), einen Prozeß der “Entsubjektivierung” (6/130), daß “denen drunten Individualität versagt (wird) durch die Ordnung des Eigentums” (8/389).
In diesem Begriff zentriert sich Adornos “kritische Soziologie” als “Kritik der Gesellschaft” (8/557). Die Juli-Notiz hält also an der Marxschen Begriffsbildung zumindest in dem Sinn fest, daß die “Entmenschlichung” als Funktionsbedingung der kapitalistischen Demokratie, ihres Vermögens zur Integration des Proletariats begriffen wird: Ist es doch grade etwas Negatives, seine “Entmenschlichung”, “Zurückgebliebenheit”, seine geistige Pauperisierung, die seine “Integration in die bürgerliche Gesellschaft erlaubt”. Den beiden letzten Sätzen der Notiz, also Adornos überhaupt letzten schriftlich fixierten Äußerungen zufolge äußert sich der “regressive” Zustand des Proletariats auch in dem Kitsch der “Hymnen” und “Revolutionslyrik” östlicher Staaten: “Diesen Zusammenhängen einmal aufs genaueste nachgehen. Sehr wichtig” [ 4 ] Unterstellt man, daß primär der zweite Teil der Notiz deren erste Sätze konkretisieren sollten, so geht es in der ganzen Notiz durchweg um geschichtsphilosophische und ästhetische Zusammenhänge; mithin nicht um die “gesamte Theorie” von Marx. Weder ist von ihrem ökonomischen Teil, noch von ihrem philosophischen Ansatz die Rede, ihrem Entwurf einer negativen oder “materialistischen Dialektik”.“
Aus : Hans Georg Backhaus
Adorno und die metaökonomische Kritik der positivistischen Nationalökonomie