MESOP CULTURE : “EIN RECHT FÜR ALLE / ONE LAW FOR ALL” – AUCH ABRAHAM MELZER FÄLLT UNTER DAS GRUNDGESETZ

  • „EINE ZENSUR FINDET NICHT STATT“! – Von Hans Riebsamen

12 Okt 2017 – Die Stadt Frankfurt hat eine Klatsche bekom­men. Der umstrittene Autor und Verleger Abra­ham Melzer darf am Frei­tag sein Buch „Die Antisemitenma­cher” im Haus Gallus vorstellen. Mel­zer konnte sich mit einer einstweili­gen Verfügung gegen den Betreiber des Bürgerhauses durchsetzen: die städtische Saalbau, die ihm den Raum gekündigt hatte.

Die Saalbau hatte sich auf einen Beschluss des Magistrats berufen, dem zufolge an Personen und Organi­sationen, die zum Boykott von Israel aufrufen, keine städtischen Räume mehr vermietet werden dürfen. Dass die städtische Saalbau mit ihrer Kün­digung vor Gericht nicht durchkom­men würde, war absehbar.

Vor einigen Monaten hatte der Be­treiber des Ökohauses auf Druck vor allem des Kämmerers Uwe Becker (CDU), eines großen Israel-Freun­des, den Mietvertrag mit einer israel­kritischen Organisation gekündigt, die dort einen Kongress abhalten wollte. Auch er wurde gerichtlich ge­zwungen, seinen Vertrag einzuhal­ten.

So nachvollziehbar die Empörung vieler Frankfurter Politiker über die Israel-Boykotteure ist, die in gewis­ser Weise an die Nazi-Parole „Kauft nicht bei Juden” anknüpfen, so hoff­nungslos sind ihre Versuche eines Gegenboykotts. Wenn städtische Ge­sellschaften, die politisch neutral sein müssen, Kritikern der israeli­schen Politik keine Räume vermie­ten, berührt das schnell die im Grundgesetz garantierte Meinungs­und Versammlungsfreiheit.

Sie ist ein besonders hohes Gut, wie das Bundesverfassungsgericht in unzähligen Urteilen immer wieder bestätigt hat. Sogar der NPD, die zweifelsohne das demokratische Sys­tem hierzulande in Frage stellt, ga­rantierten die obersten Richter im­mer wieder diese und andere Grund­rechte. Deshalb sind Kommunen re­gelmäßig mit ihren Versuchen ge­scheitert, Demonstrationen der NPD oder anderer brauner Gesellen zu verbieten.

Auch im Falle Melzer gilt die Mei­nungsfreiheit. Er ist Jude, sein Vater wurde von der Gestapo gejagt. Ei­nem solchen Mann, sowenig nach­vollziehbar seine manische Kritik an Israel auch sein mag, kann man nicht verbieten, ein Buch vorzustel­len, so empörend dessen Inhalt für viele ist. Ihn, einen Juden, als Anti­semiten zu bezeichnen, klingt ohne­hin etwas absurd. Möge Melzer also seine Thesen in einem kleinen Raum im Frankfurter Gallus ein paar Zuhö­rern vortragen — davon geht die Welt nicht unter.

Die Meinungsfreiheit ist auf jeden Fall wichtiger.

FAZ 12 Okt 2017