Macron : Trumps europäischer Freund – Von John VINOCUR (FAZ)
MESOP NEWS MUST READ : MACRON WEGEN PUTIN GEGEN GABRIEL & SCHROEDER & MERKEL
Die treffendsten Worte in Davos hat Emmanuel Macron gefunden, Europas eifrigster Reformer, als er feststellte, wie unentbehrlich Donald Trumps Amerika für Europas Zukunft sein werde. Schmeichelnd, opportunistisch und selbstsicher sprach der französische Präsident mit der Autorität eines Mannes, der sich als der neue Hüter der Westbindung Europas sieht.
Ohne etwas zu sagen, das offen Deutschlands Missfallen finden würde, machte Macron klar, dass er und ganz gewiss Donald Trump Europas transatlantisches Wächteramt nicht länger in deutscher Hand sehen. „Amerika ist Weltmacht”, sagte Macron einem Schweizer Fernsehsender. „Wenn wir mit den Vereinigten Staaten über zentrale Dinge streiten”, etwa über die gemeinsame Sicherheit, „dann sind wir nicht mehr imstande zu handeln.” Frankreich und Europa haben nie wirklich eine Transformationsstrategie ohne die Vereinigten Staaten entwickelt.
Im Gegensatz dazu sticht Angela Merkels offene Herabstufung von Trumps Amerika hervor. Nach ihren dritten Treffen mit Trump im Juli vergangenen Jahres wurde ihre Rhetorik als „Europas Emanzipation von Amerika” beschrieben. Trumps Einladung an Macron zu einem Staatsbesuch in den Vereinigten Staaten im April ist die erste derartige Ehrenbezeugung, seit er im Weißen Haus ist. Sie ist auch eine Nachricht an Merkel, dass ihr Status als Amerikas großer Freund heruntergestuft wird.
Obwohl er sich davor hütet, es laut zu sagen, könnte Macron einen Kick aus einem Trump-Tweet ziehen: „Wir haben ein massives Handelsdefizit mit Deutschland. Sie zahlen VIEL WENIGER, als sie sollten, für die Nato und das Militär. Das ist sehr schlecht für die Vereinigten Staaten. Das wird sich ändern.”
Tatsächlich hat Macron Deutschlands quasimerkantilistische Zahlungsbilanzüberschüsse unhaltbar genannt. Und er machte klar, dass das Ungenügen der deutschen Militärstrategie (nicht kämpfen), die Einsatzbereitschaft (gibt es nicht) und die Ausgaben (spärlich) die Glaubwürdigkeit der europäischen Verteidigungsinitiativen beschädigen.
Aber wie steht es mit Trump, der als gefährlich, engstirnig und Lügner gesehen wird?
„Natürlich” antwortete Macron auf die Frage, ob er darüber empört sei, dass Trump afrikanische Länder „Dreckslöcher” nenne. Zu Trumps behaupteter Gefährlichkeit sagte Macron: „Es ist seine Art, die Eskalation zu suchen. Er ist manchmal unberechenbar.” Dann fügte er jedoch hinzu. „Ich habe ihn nie inkohärent erlebt.”
Macron will als europäischer Erwachsener in Trumps globalem Raum anerkannt werden. Es ist ungewiss, welche Rolle Merkel anstreben oder erreichen könnte. Wie konnte eine transatlantisch gesinnte Politikerin Sigmar Gabriel tolerieren, ihren Außenminister, der ihre Selbstverpflichtung auf das Ziel der Nato, die Verteidigungsausgaben a zwei Prozent des Volkseinkommens erhöhen, „Unterwerfung unter den amerikanischen Präsidenten” genannt hat. Aber das hat sie getan.
Die Wahrheit dass die Kanzlerin in den vergangenen sechs Monaten die Stimme für die deutsche Sicherheitspolitik Gabriel übergeben hat. Er hat sich unmissverständlich Gerhard Schröder unterworfen und ohne zur Rede gestellt zu werden, die prorussischen Positionen des ehemaligen Kanzlers wiedergegeben, als wäre sie die der Regierung.
Verbündete Deutschlands haben das bemerkt. Manche meinen, Merkel solle Gabriel aus einer neuen großen Koalition heraushalten. Der hat das gleiche tiefe Unbehagen geschaffen, das schon Merkels Unwilligkeit erzeugte, über Umfrageergebnisse zu sprechen, wonach die Deutschen eine militärische Antwort Deutschlands ablehnten, soll Russland Polen oder die baltischen Nato-Verbündeten angreifen. Freunde weisen auf das Fehlen einer solchen Diskussion hin und erinnern daran, daß die Bundesluftwaffe nur zu Aufklärungsflügen gegen den „Islamischen Staat” bereit war, während Dänen, Niederländer und Belgier Kampfeinsätze flögen.
Und dann ist da noch Nord Stream 2, das russisch-deutsche Vorhaben, welche die russische Gasvorherrschaft geostrategisch in der Europäischen Union zementiert und dessen Verteilerzentrum in Deutschland sein soll. Dass Merkel das als kommerzielle Unternehmung verteidigt, grenzt ans Lächerliche. Der amerikanische Außenminister Rex Tillerson sagte in Polen, dies gebe Russland ein Werkzeug zur Destabilisierung Europas. Auch Berater der Kanzlerin sprechen bei Nord Stream 2 von einem deutschen Fehler, der mit Hilfe der EU noch abgewendet werden könne.
Macron wiederum, zusammen mit einer französischen Firma, die in Nord Stream 2 investiert hat, versucht, nicht in ein Projekt einbezogen zu werden, dessen Verwaltungsratsvorsitzender Gerhard Schröder ist. Macron zieht es vor, weniger düster über einen neuen Deutsch-Französischen Freundschaftsvertrag zu sprechen, eine optimistische Erneuerung des Originals von 1963.
Damals hatte Deutschland Charles de Gaulle richtig wütend gemacht, weil der Bundestag eine Präambel hinzufügt hatte, welche die Bedeutung des transatlantischen Bündnisses für Deutschland bekräftige. Heute macht Macron klar, wie unverzichtbar Amerika, Trumps Regierung eingeschlossen, für die europäische Sicherheit und für die Vervollkommnung der europäischen Ideen ist.
Angesichts des Schwankens von Deutschlands Ansehen im Westen dürfte dieser französische Präsident sicher kein Problem haben, wenn seine Wortwahl die Grundlage für einen neuen Freundschaftsvertrag neischen Berlin und Paris bildete.
Der Autor ist Publizist und lebt in Paris. www.mesop.de 30 Jan 2018