Korea-Verhandlungen Wie Trump Chinas Staatschef an den Rand drängte

MESOPOTAMIA NEWS : DIPLOMATIE JENSEITS VON BUSH –  CLINTON & OBAMA / “Ausgerechnet Trump!”

| DIE WELT – 29 April  2018 – Von Johnny Erling, Peking – Seoul und Pjöngjang wollen am liebsten nur die USA mit an ihrem Verhandlungstisch sehen, obwohl China ein enger Partner des Nordens ist. Peking ist entsprechend verstimmt, habe aber selbst Schuld, sagt ein Experte. Ausgerechnet Donald Trump brach im Streit, wie es weitergeht mit Nordkorea, eine Lanze für Chinas Staatschef Xi Jinping. Nach den spektakulären Szenen der Annäherung zwischen Südkoreas Präsident Moon Jae-in und Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un twitterte Trump am Wochenende stolz, die begonnene Aussöhnung werde weltweit auch als sein Verdienst angesehen: „Der Koreakrieg endet!“

Aber Xi gebühre ebenfalls Dank für die neue Lage: „Bitte vergesst nicht die große Hilfe für die USA, die mein guter Freund, Präsident Xi, geleistet hat, besonders an der Grenze zu Nordkorea. Ohne ihn wäre das ein viel längerer und härterer Prozess geworden!“ Zuvor hatte Trump daran erinnert, dass Pekings Verschärfung der UN-Sanktionen zu Pjöngjangs Verhandlungsbereitschaft beigetragen hätte, schließlich liefen 93 Prozent des nordkoreanischen Handels über Chinas Grenzen.

Das Lob für Xi kommt in einem Moment, in dem sich Peking von Nord- und Südkorea wie ein Zaungast behandelt fühlt, für den kein Platz am Verhandlungstisch ist. In der von Moon und Kim besiegelten Erklärung von Panmunjom steht ein Satz, der Chinas Führung alarmiert hat: Beide Staatschefs wollten noch in diesem Jahr einen offiziellen Schlussstrich unter den Korea-Krieg ziehen und dafür das 1953 geschlossene, bis heute geltende Waffenstillstandsabkommen in einen Friedensvertrag umwandeln. Das soll über „trilaterale Gespräche der beiden Koreas mit den USA geschehen oder über Vierergespräche, die China mit einschließen“.

Für die Volksrepublik, die im Korea-Krieg mindestens 180.000 tote Soldaten zu beklagen hatte und eine der Garantiemächte des Waffenstillstandsabkommen von 1953 ist, kommt das einem Affront gleich. Sie wird erst in zweiter Linie als Verhandlungspartner genannt. Die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua ließ in ihrer Zusammenfassung der Erklärung die Ankündigung zu Drei-Parteien-Verhandlungen vor dem „oder“ einfach weg – sie meldete nur, dass es Vierergespräche mit China geben soll. Peking denkt nicht daran, sich von den Diskussionen über die Zukunft der koreanischen Halbinsel oder gar ihrer Wiedervereinigung ausschließen zu lassen.

Genau das ist aber beabsichtigt, bestätigte ein hochrangiger südkoreanischer Diplomat der Hongkonger „South China Morning Post“. Wie sie in ihrer Sonntagausgabe schrieb, ziehe Seoul es vor, die nächsten Schritte nur mit Nordkorea und den USA auszuhandeln. Eine Teilnahme Chinas würde den Einfluss von Seoul auf die Verhandlungen schmälern. Nordkoreas große Abhängigkeit von Chinas Öl- und Nahrungsmittellieferungen verschaffe Peking eine dominante Position. Ohne die Teilnahme Chinas könnte „Seoul zwischen Pjöngjang und Washington vermitteln“, sagte der Diplomat.

Zwar wird China als wichtiger Nachbarstaat der beiden Koreas und als Verhandlungspartner für den Friedensvertrag letztlich gebraucht. Doch die Weichen wollen die USA, Nord- und Südkorea vorerst allein stellen – auch Russland und Japan sollen außen vor bleiben. Das frühere, gescheiterte Format mit China als Gastgeber – die Sechs-Parteien-Gespräche in Peking – ist damit endgültig vom Tisch.

„Ein Fehler der chinesischen Außenpolitik“

Am Sonntag ließ Südkoreas Präsident enthüllen, was ihm Kim als Goodwill-Geste für sein kommendes Gespräch mit Trump noch alles zugesagt habe. Nordkorea werde im Mai sein Haupttestgelände für Nuklearwaffen in Punggye-ri nicht nur definitiv schließen, sondern das „in öffentlicher und transparenter Weise“ tun. Demonstrativ würden dazu Experten und Journalisten aus Südkorea und den USA eingeladen. Sie könnten sich vor Ort überzeugen, dass die zwei Hauptstollen für die Atomtests intakt und funktionsfähig seien, entgegen allen Meldungen, wonach sie eingestürzt sind. Pjöngjang hat nach Erkenntnissen westlicher Geheimdienste seit 2006 in dem Bergmassiv sechs Atombomben unterirdisch zünden lassen.

Pekings Außenministerium begrüßte die innerkoreanische Aussöhnung. Es wolle dazu „aktiv beitragen“. Xinhua meldete die Versiegelung des Testgeländes, überging aber dabei, dass offenbar weder chinesische Experten noch Journalisten zur Überprüfung eingeladen wurden. „Unsere Politik ist selbst schuld daran, dass wir außen vor stehen“, sagte der Nordkorea-Experte an der Parteihochschule, Zhang Liangui, WELT. Peking habe immer darauf bestanden, dass der Atomwaffenstreit nur eine Angelegenheit zwischen den USA und Nordkorea sei.China wollte mit Ausnahme der UN-Sanktionen, die es befolgt, nicht direkt involviert sein. Jetzt werde es beim Wort genommen. Beide Koreas wollen China nun aus ihren aktuellen Verhandlungen heraushalten. „Das war ein Fehler unserer Außenpolitik, sie hat die Lage falsch eingeschätzt“, sagte Zhang.

Zhang nannte es zweifelhaft, ob Kim wirklich bereit ist, seine Atomwaffen abzuschaffen und aufzugeben. Entscheidend für eine echte Denuklearisierung sei, wie entschlossen die USA darauf bestünden und einen Zeitplan vereinbarten. Kim selbst habe sich dazu noch nicht erklärt, er laufe „taktisch im Kreis“. Zhang vermutete, dass sich Trump und Kim in der Mongolei treffen werden. Dahin könnte Kim mit seinem Sonderzug fahren, mit dem er im vergangenen Monat erstmals seit seinem Amtsantritt Chinas Führung besucht hatte. „Sich in Peking mit Trump zu treffen“, so Zhang, „war aber nie eine Option.“

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