IRAN & HEZBOLLAH RÜSTEN FÜR KRIEG IN NAH OST – NICHT FÜR FRIEDEN !

Die Hisbollah rüstet gegen Israel auf  / Wall Street Journal

Von ADAM ENTOUS, CHARLES LEVINSON und JULIAN E. BARNES-  3-1-2014 – Die vom Iran unterstützte Hisbollah-Miliz schmuggelt Lenkraketensysteme von Syrien in den Libanon. Das vermuten US-Regierungsvertreter. Dabei montiert die Hisbollah die hochentwickelten Waffensysteme offenbar auseinander und bringt sie in Einzelteilen über die Grenze. Damit will sie die Israelis zu überlisten, die mit einem Geheimeinsatz ihrer Luftwaffe die Aktivitäten der libanesischen Miliz stoppen wollen.

Die Manöver der beiden Kontrahenten machen vor allem eines deutlich: Die Hisbollah und Israel nutzen den Bürgerkrieg in Syrien als Deckmantel für ein Aufrüstungsrennen, das laut Beobachtern immer riskanter und komplizierter wird. Das Ganze hat ein Ziel – die Vorbereitung für den Ausbruch des schwelenden Konflikts zwischen den beiden Gegnern. Die Aufrüstung könnte das militärische Gleichgewicht der gesamten Region verändern.

Einige Komponenten eines durchschlagskräftigen Seeziel-Raketensystems wurden laut zuvor geheimen Dokumenten der US-Geheimdienste bereits in den Libanon gebracht. Luftziel-Raketensysteme, die den israelischen Flugzeugen, Schiffen und Militärbasen gefährlich werden könnten, seien hingegen noch in ausgedehnten Waffendepots in Syrien versteckt, sagen ehemalige und aktuelle US-Staatsvertreter. Diese Depots würden von der Hisbollah kontrolliert.

Lenkwaffen wie diese wären ein großer Schritt von den „dummen” Raketen und anderen Flugkörpern, die die Hisbollah bis jetzt gehortet hatte. Beim Ausbruch eines neuen Kampfes könnte sich die Gruppe die israelische Armee mit solchen Waffen länger vom Leib halten als früher, sagen die Staatsvertreter. Die Schmuggelaktionen haben offenbar zwei Ziele. Zum einen will der Iran das Waffenarsenal der Hisbollah mit modernem Gerät aufstocken, um künftige israelische Angriffe auf den Libanon und auf Ziele im Iran zu verhindern, die mit dem iranischen Atomprogramm in Verbindung gebracht werden. Da sind sich israelische und US-Staatsvertreter einig. Zudem glauben sie, dass die Waffentransfers die Hisbollah auch dazu bewegen soll, sich dem Schutz von Versorgungsrouten des syrischen Regimes und der Hisbollah sowie des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad zu verpflichten. Israel wiederum hat im vergangenen Jahr mindestens fünf Mal Luftangriffe über Syrien geflogen. Das Ziel war die Zerstörung von Waffensystemen, die für die Hisbollah bestimmt waren, ohne eine direkte Konfrontation zu provozieren.

Laut Aussagen von israelischen und US-Staatsvertretern kamen die bei den Angriffen zerstörten Waffen aus dem Iran und ein Teil aus Syrien. Dennoch dürften sich in Syrien immer noch um die 12 Seeziel-Waffensysteme im Besitz der Hisbollah befinden, sagen die US-Staatsvertreter, die die Informationen vom Geheimdienst haben. Israel hat laut US-Schadensermittlungen diese russischen Waffen im Juli und Oktober 2013 mit gemischten Resultaten erneut ins Visier genommen.

Die USA glaubt, dass die Hisbollah mindestens einige Komponenten dieser Waffensysteme während des vergangenen Jahres in den Libanon geschmuggelt hat. Doch noch habe die Miliz nicht alle Teile vor Ort, die sie für die Scharfmachung der Waffen brauche. „Um sie scharf zu machen, muss das System komplett sein”, sagt ein hochrangiger Vertreter des Verteidigungsapparats.

Die Hisbollah verfügt nach Schätzungen des israelischen Geheimdienstes bereits über rund 100.000 Raketen, überwiegend jedoch solche, die nicht lenkbar sind und damit weniger zielgenau. Die Raketen mit größerer Reichweite hat die Organisation über den gesamten Libanon verteilt, weshalb Israels nächster Angriff aus der Luft – sollte es einen geben – sehr breit angelegt sein müsste, wie israelische Regierungsvertreter bereits gegenüber ihren amerikanischen Kollegen verlauten ließen.

Wenn die Hisbollah über Lenkwaffen verfügt, würde ein Luftangriff weit riskanter für die Israelis.

Waffenlieferungen von iranischer Eliteeinheit Quds organisiert?

Aktuelle und ehemalige US-Vertreter behaupten, dass die Waffenlieferungen an die Hisbollah in Syrien direkt von der iranischen Eliteeinheit Quds organisiert worden sind. Nach ihren Angaben sind die lenkbaren Raketen dazu geeignet, dass die Hisbollah ihre starke Stellung im Libanon wird behaupten können, darunter die in der Hauptstadt Beirut. Überdies könnten sie israelische Flugzeuge attackieren und Bodenstellungen in Syrien.

Israels Raketenabwehrsystem Iron Dome kann Kurzstreckenraketen abfangen und zerstören. Mit dem Abwehrsystem Arrow können die Israelis auch jene Langstreckenraketen ausschalten, die der Iran besitzt. Überdies entwickeln sie ein drittes System namens Davidsschleuder, das für ballistische Geschosse der Mittelstrecke ausgelegt, aber frühestens 2015 einsetzbar sein wird.

Assad könnte sich auf einen Rumpfstaat zurückziehen

Regierungsvertreter Israels sind derzeit nach eigenem Bekunden zufrieden, dass sich ihre beiden Staatsfeinde Nummer 1 und Nummer 2 – Hisbollah und al-Qaida – vor ihrer Haustür gegenseitig bekämpfen. US-Geheimdienstler glauben, dass sich Syriens Präsident Assad auf absehbare Zeit in einem Rumpfstaat entlang der libanesischen Grenze und der Mittelmeerküste halten kann. Er werde jedoch nicht in der Lage sein, die Kontrolle des gesamten Landes zurückzuerlangen, heißt es von offizieller US-Seite.

„Es ist erklärtermaßen im Interesse Israels, das Chaos zu nutzen, ohne selbst hineingezogen zu werden”, sagte Steven Simon, der führende Direktor beim International Institute for Strategic Studies in Washington und früher auch leitendes Mitglied der Obama-Regierung.

Israelische Politiker haben schon früh im Syrien-Konflikt deutlich gemacht, dass mit einer Verbreitung fortschrittlicher Raketentechnik und chemischen Waffen für sie eine „rote Linie” überschritten wäre.

Entwicklungsprogramme für beide Waffengattungen laufen unter dem Dach des militärischen Forschungszentrums, das enge Kontakte zur Hisbollah unterhält, sagen jetzige und frühere US-Regierungsmitglieder. Im vergangenen Jahr erklärte sich das Assad-Regime bereit, seine Chemiewaffen aufzugeben. Deren Vernichtung ist aber noch nicht abgeschlossen.

Die Organisation für das Verbot Chemischer Waffen (OPCW) und die Vereinten Nationen erklärten vor knapp einer Woche, das Ziel die Chemiewaffen Syriens bis zum Jahresende vollständig abzurüsten, werde nicht eingehalten. Verantwortlich dafür sei neben logistischen Problemen auch die standing wechselnde Sicherheitslage. Bislang wurde keine neue Frist gesetzt, bis zu der Syrien vollständig entwaffnet sein soll. Die Situation soll auf einem Treffen der OPCW am 8. Januar neu bewertet werden.

2012 schrillen beim israelischen Abhörnetz die Alarmglocken

Seit sich Israel 2006 über Monate eine militärische Auseinandersetzung mit der Hisbollah geliefert hat, hat der Geheimdienst auch ein Abhörnetz aufgebaut, um die Kommunikation zwischen der Hisbollah, dem Iran und Syrien zu belauschen und Waffenlieferungen besser absehen zu können.

Zum ersten Mal schrillten die Alarmglocken laut israelischen Staatsvertretern Ende 2012, als der Iran versuchte, das Waffenarsenal der Hisbollah mit weiterentwickelten Lenkwaffensystemen aufzurüsten.

Die amerikanischen und israelischen Geheimdienste erhielten damals Informationen, dass unter hochrangigen iranischen Regierungsvertretern – darunter der Kommandeur der Quds-Einheit, Qassem Soleimani – die Befürchtung wuchs, dass das Assad-Regime von Rebellen überrannt werden könnte.

Dies habe bedeutet, dass sich das Fenster für die Lieferung von fortgeschrittenen Waffensystemen an die Hisbollah für den Iran schließen könne, argumentierte Soleimani damals, sagten Personen, denen der Geheimdienst Bericht erstattete. Aus iranischer Sicht waren die Raketen der Hisbollah die erste Verteidigungslinie für einen möglichen israelischen Angriff. Auch das Assad-Regime sieht in den Waffenlieferungen laut ehemaligen und derzeitigen US-Staatsvertretern einen Weg, um die Beziehungen zur Hisbollah zu stärken. Das Regime verließ sich auf die Verbindung, um sein Überleben zu sichern.

Ein hochrangiger israelischer Luftwaffengeneral drängte nach Erhalt der Informationen darauf, die Lieferungen zu verhindern, sagen Israelis, die den Inhalt der damaligen Sicherheitsberatungen kennen. Um nicht in den syrischen Luftraum eindringen zu müssen, flogen die israelischen Piloten laut US-Staatsvertretern ein spezielles Manöver. Bei diesem flogen sie extrem schnell und hoch und feuerten sie ihre satellitengeseuerten Raketen so ab, dass sie in einem weit ausholenden Bogen auf die Waffensysteme trafen.

Der erste Luftschlag erfolgte am 30. Januar und hatte in Russland hergestellte Antiluftraketen zum Ziel, sagen US-Vertreter. Anfang Mai schlugen die Israelis demnach erneut zu. Sie vermuteten, dass ein Flugzeug Raketen vom Iran nach Syrien bringen sollte. Im selben Monat entdeckten der israelische und amerikanische Geheimdienst die Anti-Schiff-Lenkwaffen aus russischer Produktion.

Am 5. Juli sichtete Israel einige dieser Waffen auf einer syrischen Militärbasis außerhalb des Küstenstadt Latakia und flog einen erneuten Angriff. Kurz danach entdeckten Israelis und Amerikaner über ihre Satelliten etwas, was sie nicht erwartet hatten. Bodentruppen zerstörten militärisches Gerät an der Stelle des Bombenabwurfs. Damit wollten sie Israel austricksen – die Israelis sollten glauben, dass sie die Raketen erfolgreich ausgelöscht hätten, sagen vom Geheimdienst über den Vorfall unterrichtete Staatsvertreter.

Eine Beurteilung der Amerikaner kam zum Schluss, dass Israel nur einen Teil des Ziels getroffen hatte und die Raketen und Trägersysetme scheinbar aus der Gefechtslinie gebracht worden waren. Laut US-Vertretern hat Israel am 30. Oktober einen erneuten Angriff geflogen, um die restlichen Geräte auszuschalten. Israelische Staatsvertreter sagten ihren US-Kollegen, dass der erneute Schlag einige der Raketenkomponenten beschädigt hätte, andere steckten in Lagerhäusern in Syrien fest.

„Wir glauben nicht, dass sie alle Komponenten im Libanon haben, um ein System komplett zusammenzubauen”, sagt ein hochrangiger Vertreter des Verteidigungsministeriums. Doch die US-Staatsvertreter räumen ein, dass sie nicht über das Schicksal aller Raketensysteme Bescheid wüssten. Sie seien durchaus besorgt, dass die Hisbollah noch mehr Komponenten in den Libanon bringen könnte.

Ein Problem ist die zunehmende Verflechtung der Versorgungslinien von Hisbollah und dem Assad-Regime. Das macht es laut Staatsvertretern schwieriger, zwischen Lieferungen für die libanesische Miliz und für das Regime zu unterscheiden. Israelische Vertreter der Luftwaffe haben ihren amerikanischen Gegenparts mitgeteilt, dass mehrere Kommandeure bereits geplante Luftwaffenangriffe abgeblasen hätten, weil sie unbeabsichtigte Schäden vermeiden wollten. Vertreter des amerikanischen Verteidigungsapparats wiederum glauben, dass die Hisbollah mit den hochtechnologisierten Israelis Katz und Maus spielt. Die Gruppe schalte einfach Kommunikationssyteme und Stromnetze entlang der Grenze an und aus. „Die Hisbollah ist verdammt gut”, sagt ein hochrangiger US-Regierungsvertreter. „Und sie ist geduldig.”

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