GENERAL REPORT : DemokratischesTürkeiforum(DTF) – Menschenrechtsverletzungen Türkiei im September 2013

DiefolgendenNachrichtenwurdenim Oktober2013vomDTFteilweise zusammenfassend – übersetzt: „Sayın Öcalan“ wird als Freiheit der Meinungsäußerung gewertet

BIA News Desk, 01.10.2013

Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof (EGMR) hat die Türkei wieder einmal als schuldig befunden, die Meinungsfreiheit zu verletzen.

19 Antragsteller hatten im Juli 2008 an einer Petition von 67 Personen teilgenommen. Sie hatten Briefe an den Staatsanwalt von Halfeti geschickt, in denen sie schrieben, wenn es eine Straftat sei, den Begriff „sayın“ (geehrter Herr; Anmerkung des DTF: übliche Anrede) als Anrede einer Person zu benutzen, würden sie ebenfalls „sayın“ Abdullah Öcalan“ sagen und diese Straftat begehen und sich deshalb selbst anzeigen.

Der Staatsanwalt klagte die Antragsteller daraufhin wegen Lobens des Führers einer terroristischen Organisation an. Am 3. November 2008 befand das Strafgericht die Antragsteller als der Straftat schuldig, eine Straftat und einer Straftäter zu loben und verurteilte sie zu drei Monaten Haftstrafe, die auf zwei Monate und 15 Tage reduziert wurde und dann in einen 75-Tages-Satz oder eine Geldbuße von 1.500 TL umgewandelt wurde.

Die Antragsteller äußerten, dass die Anklage gegen sie eher politischer als rechtlicher Natur sei und wandten sich an den EGMR.

In ihrer Verteidigung gab die türkische Regierung an, dass die PKK von den USA, der UN und NATO als „terroristische Organisation“ angesehen und Abdullah Öcalan in der Türkei weithin mit der PKK in Verbindung gesehen werde und deshalb lobende Ausdrücke als Loben seiner Aktionen und Straftaten

angesehen werden könne.  

Der EGMR fand diese Antwort nicht überzeugend und nicht ausreichend und urteilte, dass die Petition keinen Aufruf zu Gewalt und keine Propaganda für die Organisation enthalte. Die Türkei wurde wegen Verletzung des Artikels 10 der Konvention über Meinungsfreiheit verurteilt. Kritisiert wurde, dass das Urteil des lokalen Gerichts nicht vor das Kassationsgericht gebracht wurde und die Antragsteller keine Möglichkeit der Berufung hatten.

Die Antragsteller hatten ihren Antrag wegen fehlenden fairen Gerichtsverfahrens gestellt. Das Gericht fand die Türkei schuldig der Verletzung von Artikel 6/1 der Konvention (Recht auf ein faires Verfahren). 

Die Türkei wurde verurteilt, 60.660 Euro an die 19 Antragsteller zu zahlen. Die Türkei wird außerdem 100.000 Euro für die Gerichtskosten zahlen.

 

Journalisten und Medien im Griff der Regierungspolitik

Bia News Desk, 10.10.2013

Inhaftierte Journalisten und Herausgeber mehrheitlich von kurdischen Medien

Anfang Oktober 2013 waren 66 Journalisten hinter Gittern. 63 der  66 Journalisten und alle  27 Herausgeber sind aufgrund von Anklagen nach dem türkischen Anti-Terror-Gesetz und Strafrechtsartikeln mit Bezug auf  „verbotene Organisationen“  im Gefängnis. 37 der 66 Journalisten und 26 der 27 inhaftierten Herausgeber haben für kurdische Medien gearbeitet.

Verurteilungen

Von Juli bis September 2013 wurden 28 Journalisten, Autoren und Medienvertreter aufgrund von Anti-Terror-Gesetzen verurteilt zu einer Gesamtstrafe von einmal lebenslänglich, 329 Jahren und 2 Monaten Gefängnis.

In der gleichen Zeit im Jahr 2012 waren  75 Journalisten und 35 Herausgeber in der Türkei in Haft, und die Gerichte haben drei Angeklagte, darunter ein Journalist und ein Herausgeber, zu einer Gesamtstrafe von 20 Jahren, 7 Monaten und 15 Tagen Gefängnis verurteilt.

Inhaftierte Journalisten

Einige der Anklagen gegen Journalisten und Herausgeber lauten „Mitgliedschaft in einer verbotenen und bewaffneten Organisation“, „Begehen einer Straftat im Namen einer verbotenen Organisation ohne Mitglied zu sein“, „bewusste Unterstützung einer verbotenen Organisation“ und „Gründung, Leiten und Befehlen einer verbotenen Organisation“.

Die 66 inhaftierten Journalisten sind in Gerichtsverfahren hinsichtlich folgender Organisationen angeklagt: KCK, PKK und DYG (kurdische Organisationen, 36), DHKP-C (12), Ergenekon (6 ), MLKP (4), Oda-TV (1 ), IBDA-C (1), Direnis Hareket (1 ) und Fälle mit unbekannten Organisationen (2 ). Zwei Journalisten sind im Zusammenhang mit den Gezi-Protesten verurteilt, ein Journalist ist im Gefängnis wegen angeblicher Spionage.

Beleidigung

Von April bis Juni 2013 erhielten zwei Journalisten wegen Beleidigung von Ministerpräsident Erdogan Strafen von insgesamt 11 Monaten und 20 Tagen Haft sowie eine Geldbuße von 2100 TL. In der Gleichen Zeit des Jahres 2012 erhielten 6 Angeklagte (darunter 3 Journalisten) eine Strafe von insgesamt 5 Jahren, 5 Monaten und 4 Tagen Haftstrafe sowie eine Geldbuße von 26.000 TL.

Verbote von Veröffentlichungen

In der Zeit von Juni bis September 2013 wurden 6 Webseiten, 1 Postkarte, 1 Clip, 6 Filme, 1 Name einer Vereinigung, 3 TV Netzwerke und 7 Zeitungen zensiert.

Darüber hinaus haben verschiedene Institutionen Veröffentlichungen, Verfilmungen oder Verteilung von Zeitungen verhindert. 1 Projekt wurde annulliert und ein inhaftierter Journalist erhielt Besuchsverbot. Facebook schloss die Webseiten kurdischer Politiker und 5 andere Webseiten.

Hoher Rat für Radio und Fernsehen (RTÜK)

In der Zeit von Juli bis September 2013 hat der Hohe Rat für Radio und Fernsehen gegen Fernsehsender 79 Warnungen ausgesprochen und 448mal Geldstrafen verhängt. Gegen Radiosender gab es 75 Warnungen und 48mal Geldstrafen.

 

Übergriff, Festnahme, Resignation, Arbeitslosigkeit

Bia News Desk, 24.10.13

Für Journalisten bedeutete der Gezi Widerstand zumeist Polizeigewalt, Festnahme, Resignation und Arbeitslosigkeit. Während der Widerstandstage waren Journalisten auf verschiedene Weise Ziel von Angriffen der Polizei, z.B. mit Wasserwerfern, Tränengas, Gummigeschossen, oder Polizisten schleifte sie über den Boden. In der Zeit vom 27. Mai und 30. September wurden mindestens 153 Journalisten verletzt und 39 festgenommen. Drei Journalisten wurden in U-Haft genommen, zwei sind noch im Gefängnis.

Anordnungen an Medien

Neben der Polizeigewalt gegen Journalisten in den Straßen spielte die Regierungspolitik bei den Übergriffen auf Medien und Journalisten eine Schlüsselrolle. Angeführt von Ministerpräsident Erdogan gab die türkische Regierung den Medien Direktiven.

Resignationen, Entlassungen

Mindestens 22 Journalisten, 1 Programmierer und 1 Akademiker kündigten ihre Stellungen wegen ihrer Meinung zum Gezi-Widerstand. 14 Journalisten und 6 Akademiker wurde aus Gründen ihrer Einstellung zum Gezi-Widerstand gekündigt. In vielen Fällen hat Selbstzensur der Medien geherrscht, und wurde die Unabhängigkeiten der Redaktion  und das Recht des Lesers auf Information beschädigt.

Zensur überall

Während des Gezi Widerstands wurden in der Türkei bis zum 30. September mindestens eine Zeitschrift geschlossen und zwei Autoren, ein Transparent und eine TV Show zensiert. Ein TV Netzwerk stand vor der Schließung. Andere Beispiele für Zensur sind: Suspension einer TV Show, Beschlagnahme derer Ausgabe einer Satirezeitschrift, Änderung einer Rollenbesetzung in einer TV Show. Zwei öffentliche Versammlungen zur Polizeigewalt – initiiert von „Spaziergang für Gerechtigkeit“ und von Medienvertretern – wurde von der Polizei blockiert.

24 parlamentarische Anfragen

Abgeordnete der Partei für Frieden und Demokratie (BDP) und der Republikanischen Volkspartei (CHP) reichten wegen Menschenrechtsverletzungen während der Gezi Widerstandsproteste mindestens 24 Anfragen an das Parlament ein.

Resümee der Proteste

Viele nationale und weltweite Organisationen (darunter Organisationen von Journalisten, politischen Parteien, Regierungen und EU) protestierten, warnten und verurteilten die Politik der AKP Regierung gegenüber dem Gezi Widerstand. Der Gezi Widerstand wurde ein herausragendes Thema in den internationalen Medien.

 

Antifolter-Komitees des Europarates zu Misshandlungen von Jugendlichen in der Türkei

 

Hürriyet Daily News,11.10.13

Das Komitee zur Verhütung von Folter und unmenschlicher und erniedrigender Behandlung des Europarates (CPT) hat die Beschuldigungen gegen die Türkei untersucht, sie habe eine Anzahl von Kindern in ihren Gefängnissen misshandelt.

„Die Delegation des CPT hat viele Jugendliche interviewt, die zuvor im Gefängnis Pozanti in Haft waren. Die große Mehrheit von ihnen hat in sich stimmige und glaubwürdige Angaben gemacht, dass sie in dieser Einrichtung Opfer häufiger und schwerer Gewalt durch Mitgefangene waren. Außerdem behauptete eine Anzahl Jugendlicher, dass sie nach ihrer Ankunft im Gefängnis Pozanti von Gefängniswärtern körperlich misshandelt wurden. In ihrer Antwort haben die türkischen Behörden Informationen über Strafverfahren und Disziplinarverfahren und Ermittlungen sowohl gegen Gefängnispersonal als auch gegen Jugendliche vorgelegt.“, äußerte das CPT in einem gestern vorgelegten Bericht über seinen ad hoc Besuch im Juni 2012 in der Türkei und über die Antwort der türkischen Behörden.

Das Hauptziel des Besuches des CPT war, die Behandlung und Lage von Jugendlichen in Gefängnishaft zu untersuchen. Der Besuch wurde ausgelöst durch Berichte Anfang des Jahres 2012 über Misshandlung von jugendlichen Gefangenen durch Gefängniswärter und Gewalt unter Gefangenen im Gefängnis Pozanti.

Die Delegation besuchte das Jugend-Gefängnis in Ankara-Sincan, in das  alle Jugendlichen, die zuvor im Gefängnis Pozanti inhaftiert waren, verlegt worden waren, sowie das Jugendgefängnis in Istanbul Maltepe und die Abteilungen für Jugendliche in den Gefängnissen für Erwachsene in Diyarbakir und Gaziantep.

Hinsichtlich der Lage der Jugendlichen in den während des Besuchs 2012 besuchten Einrichtungen im E-Typ-Gefängnis Diyarbakir gab es fast keine Berichte über Misshandlung von Jugendlichen.

Im Gegensatz dazu erhielt das CPT eine beträchtliche Anzahl in sich stimmiger und glaubwürdiger Berichte über willkürliche körperliche Misshandlung jugendlicher Gefangener durch das Gefängnispersonal des Jugendgefängnisses Sincan. Eine Anzahl ähnlicher Berichte erhielt es auch von Jugendlichen im E-Typ-Gefängnis Gaziantep.

Im Gefängnis Maltepe erhielt die Delegation eine Anzahl von Berichten über exzessive Gewalt durch Gefängniswärter, wenn sie gegen Gewalt zwischen Gefangenen einschritt. Verschiedene Empfehlungen für die Verhütung von Misshandlung von Jugendlichen in der Zukunft wurden gegeben.

Auf der anderen Seite sagte die CPT-Delegation, dass sie im allgemeinen einen positiven Eindruck von zwei Pilotprojekten habe, die in verschiedenen Abteilungen der Gefängnisse in Sincan und Maltepe eingerichtet wurden, um den Schutz und die soziale Rehabilitation jugendlicher Gefangener zu verbessern.

Reaktion der Türkei

Das Außenministerium der Türkei veröffentliche gestern eine schnelle Antwort auf CPT-Bericht.

„Dieser spezielle Bericht des CPT zeigt den erreichten Fortschritt und die Verbesserungen hinsichtlich der Gesetze und der Umsetzung des Rechtssystems für Jugendliche. Die Türkei misst dem unabhängigen Beobachtungsmechanismus des Europarates Bedeutung bei und strebt danach, den Empfehlungen eines solchen Mechanismus in Übereinstimmung mit der Verpflichtung durch Konventionen zu folgen, denen die Türkei beigetreten ist.“, sagte die Presseabteilung des türkischen Außenministeriums gestern.

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