Die USA planen eine militärische Pufferzone in Nordsyrien – und sehen dabei die Europäer in der Hauptrolle

MESOPOTAMIA NEWS „PUFFERZONE SYRIEN“: WENN WIR ES MACHEN KÖNNEN WIR JA DIE USA NICHT MEHR KRITISIEREN ! – Kühle Reaktion in Europa

Eine von den Westmächten kontrollierte Sicherheitszone in Syrien soll türkische und kurdische Truppen auf Distanz halten. Für diese Idee werben die Amerikaner derzeit in Europa und argumentieren dabei mit der Gefahr eines neuen Flüchtlingsstroms.  Andreas Rüesch 31.1.2019, NEUE ZÜRCHER ZEITUNG

«Gemetzel vermeiden»

Von hoher Bedeutung ist auch die Pflege von Bündnisbeziehungen, wie der damalige Verteidigungsminister James Mattis im Dezember in seinem Rücktrittsschreiben hervorhob. Ein abrupter Abzug aus Syrien läuft darauf hinaus, die syrisch-kurdischen Partner im Stich zu lassen, die sich in den Kämpfen seit 2014 als zuverlässigste Alliierte erwiesen haben. Ziemlich unverhüllt wird in Washington daher nach Möglichkeiten gesucht, den Rückzug hinauszuzögern oder zuvor zumindest eine bessere Ausgangslage zu schaffen. Im Januar erzeugte Trumps Sicherheitsberater John Bolton Schlagzeilen mit der Aussage, die Amerikaner würden nicht abziehen, bis die Türkei die Sicherheit der kurdischen Kämpfer garantierten. Aussenminister Mike Pompeo warnte sogar vor einem Gemetzel in den Kurdengebieten, sollte die Türkei ihre Drohung einer Intervention in Nordsyrien wahr machen.

Vor diesem Hintergrund ist die jüngste Initiative der USA für einen Ausweg aus dem Syrien-Dilemma zu sehen. Wie das «Wall Street Journal» in seiner Donnerstagsausgabe schreibt, schlägt Washington die Schaffung einer Pufferzone entlang der syrisch-türkischen Grenze vor. Sie soll rund 30 Kilometer tief reichen und vom Euphrat über Hunderte von Kilometern nach Osten bis zur irakischen Grenze führen. Der Vorschlag konterkariert den türkischen Plan, mit einer Militärintervention im Nachbarland selber eine solche Zone zu schaffen und die dort tonangebenden kurdischen Selbstverteidigungseinheiten zu vertreiben. Ankara betrachtet diese Miliz als verlängerten Arm der türkisch-kurdischen Terrorgruppe PKK und möchte unter allen Umständen verhindern, dass die Kurden unter amerikanischem Schutz einen de facto unabhängigen Staat im Norden und Osten Syriens aufbauen können.

Laut dem «Wall Street Journal» versuchen die Amerikaner, europäische und andere westliche Verbündete davon zu überzeugen, die Kontrolle einer solchen Pufferzone zu übernehmen. Genannt werden dabei Länder wie Grossbritannien, Frankreich und Australien. Ihre Aufgabe wäre es, die Türkei von einem Einmarsch abzuhalten und den Kurden, die weiterhin weiter südlich in Kämpfe mit dem IS verwickelt sind, den Rücken frei zu halten. Den USA selber würde ein solches Arrangement ermöglichen, wie geplant aus Syrien abzuziehen. Ihre Rolle würde sich laut dem Plan darauf beschränken, die Schutztruppe mit nachrichtendienstlichen Informationen und Rettungseinsätzen in Notfällen zu unterstützen. Solche Operationen würden die Amerikaner voraussichtlich vom Irak aus unternehmen. Eine offizielle Bestätigung für den Plan gibt es nicht; der kommissarische Verteidigungsminister Pat Shanahan unterstrich am Dienstag in Washington lediglich, dass Gespräche mit den Europäern über Unterstützung für Nordsyrien am Laufen seien.

Kühle Reaktion in Europa

Dass diese Idee bei den Europäern nicht auf Begeisterung stösst, erstaunt nicht. Bei Gesprächen, die in der vergangenen Woche unter anderen der Vorsitzende der Joint Chiefs of Staff, General Joseph Dunford, in Brüssel führte, kamen offenbar keine Zusagen. Weitere Treffen sind laut dem «Journal» nächste Woche in Washington auf der Ebene der Aussenminister geplant. Die USA befinden sich in der kniffligen Situation, ihren Verbündeten eine nicht risikolose Mission schmackhaft zu machen, für die sie selber nicht bereit sind, zumindest nicht unter Präsident Trump. Das Hauptargument der Amerikaner lautet dabei, dass eine Pufferzone nötig sei, weil die mehr als 3,5 Millionen syrischen Vertriebenen in der Region sonst nach Europa strömen könnten.

Derweil hält sich in Washington eine hohe Vertreterin der syrischen Kurden auf. Ilham Ahmed, die Vorsitzende des Demokratischen Rats Syriens, des politischen Arms der in Nordsyrien herrschenden Milizen, lobbyiert dabei für eine Hinauszögerung des amerikanischen Abzuges. Nach ihren Angaben unterstützt die Führung der Kurden die Idee einer europäisch kontrollierten Pufferzone. Bei einem Auftritt im Middle East Institute unterstrich sie, dass ohne genügenden Schutz nur eine Alternative verbliebe: eine Einigung der kurdischen Milizen mit dem Asad-Regime in Damaskus. Dies hiesse, die kurdischen Bewaffneten in Asads Regierungsarmee zu integrieren, im Tausch gegen ein bestimmtes Mass an Selbstbestimmung in den Kurdengebieten. Die USA lehnen eine derartige Ausdehnung des Herrschaftsgebiets von Asad ab. Doch vorläufig fehlt ihnen ein überzeugender Plan, wie sie dieses Szenario abwenden wollen.

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