Clans in Deutschland : „So etwas habe ich noch nie erlebt“

MESOPOTAMIA NEWS : “DER BESTE” : ISLAMWISSENSCHAFTLER; SOZIOLOGE & PUBLZIST BEDROHT / DIE KURDISCH-LIBANESISCHEN FAMILIENCLANS IN DEUTSCHLAND

Von Reiner Burger  FAZ  -Aktualisiert am 07.05.2019

Der Migrationsforscher Ralph Ghadban warnt seit Jahren in Büchern und Interviews vor der unterschätzten Gefahr krimineller kurdisch-libanesischer Großfamilien. Nun wird Ghadban massiv von Clanmitgliedern bedroht.

Herr Ghadban, Sie sind einer der wenigen Wissenschaftler in Deutschland, die sich schon seit vielen Jahren intensiv mit kriminellen kurdisch-libanesischen Familienclans und ihrer Parallelgesellschaft in Deutschland befassen. Ende 2018 ist Ihr Buch „Arabische Clans. Die unterschätzte Gefahr“ erschienen. Nun sehen sie sich einer Hass- und Drohkampagne ausgesetzt. Was genau ist passiert?

Das ist massiv, so etwas habe ich noch nie erlebt. Es sind nicht nur Mitglieder einer Familie, sondern der gesamten so genannten Mhallamiye-Kurden. Eine führende Rolle spielt allem Anschein nach die Familien-Union in Essen, die von mehreren der Mhallamiye-Familien 2008 unter dem Vorwand der Integrationsförderung gegründet wurde. Nach einem Treffen diverser Clan-Mitglieder bekam ich am 24. April über die sozialen Medien Hetz- und Hassbotschaften.

Was waren die schlimmsten Drohungen?

Die Familienclans fühlen sich durch meine wissenschaftliche Aufarbeitung und Aufklärung in ihrer Ehre gekränkt. Ich werde – wie das im arabischem Raum üblich ist – auf sexueller Basis aufs Übelste verunglimpft. In einer anderen Botschaft wird dazu aufgerufen, mit meinem Gesicht „den Boden und die Schuhe“ von Angehörigen der Großfamilien zu wischen. Der Bruder eines zu langer Haft verurteilten Schwerkriminellen kündigte an: „Wir finden dich, egal wo du bist. Und wir werden auf deinen Kopf treten.“ Das Schlimmste aber ist, dass der Mann, der die Familien-Union einst gegründet hat, sich in einer Sprachnachricht an die Mhallamiye auf der ganzen Welt richtet, im Libanon, in Syrien, in der Türkei, in Deutschland. Er ruft dazu auf, gegen mich hart vorzugehen. Der letzte Satz lautet: „Überall, wo ihr ihn findet, seid mit ihm gnadenlos.“

Welche ganz konkreten Auswirkungen haben die Drohungen für Sie bisher?

Ich stehe jetzt unter Polizeischutz und habe meine Wohnung gewechselt. Ich kann derzeit nicht mehr allein auf die Straße. Das Leben ist nicht mehr wie früher. Ich fühle mich von der Berliner Polizei gut geschützt. Die Tatsache, dass der deutsche Staat mich schützt, hat die Clan-Mitglieder übrigens gebremst. Diese Leute sind rückständig, weil sie komplett vom Stammes- und Clandenken und ihren eigenen patriarchalen Ehrbegriffen geprägt sind. Die haben wirklich gedacht: Der hat uns beleidigt, der Staat muss mich verfolgen, nicht sie. Meinungsfreiheit, mit Argumenten und auf wissenschaftlicher Basis diskutieren, das ist ihnen alles komplett fremd. Die Leute, die den Hass gegen mich verbreitet haben, waren sich übrigens so sicher, dass sie ihre Namen und ihren Wohnort genannt haben.

Wie wichtig ist es, dass der Essener Oberbürgermeister Thomas Kufen von der CDU die Drohungen aufs Schärfste kritisiert und die Familien-Union zu einer Erklärung aufgefordert hat?

Das war überaus wichtig. Die Clans waren richtig geschockt. Denn die Familien-Union hatte Kufen bei der Oberbürgermeisterwahl unterstützt. Die dachten, die sind gut vernetzt bei ihm. Nach der Intervention des Oberbürgermeisters hat der Gründer der Familien-Union einen zweiten Appell an die Mhallamiye weltweit abgesetzt. Jetzt verlangte er von ihnen, sich zu beherrschen. Wenn sie sich von mir beleidigt fühlten, müssten sie sich an die Justiz wenden. Aber ich mache mir nichts vor: Das ist natürlich keine Entwarnung, der Zorn ist sehr groß gegen mich. Der Umstand, dass die Clans ihre eigene Parallelgesellschaft haben, macht sie auch in dieser Situation umso gefährlicher.

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Sie äußern sich schon seit Jahren immer wieder sehr kritisch über Clans, ihr jüngstes Buch ist schon vor mehr als sechs Monaten erschienen. Wie erklären Sie sich, dass die Clans jetzt so heftig reagieren?

Der Grund ist wohl, dass Anfang April ein libanesischer Fernsehsender ein Interview mit mir auf Arabisch ausstrahlte. Nach Auffassung der Clans habe ich damit dort ihre Ehre beschmutzt. Der Vorfall verdeutlicht übrigens nochmal, was ich in meinen Büchern und Interviews immer wieder benenne: Die Clans, die jede Form von Kriminalität betreiben und schnell viel Geld verdienen, sei es durch Raubüberfälle, Drogenhandel oder Prostitutionskriminalität, sind international bestens vernetzt. Dass sie aber in so kurzer Zeit die gesamte Gemeinschaft überall auf der Welt mobilisieren können, das war mir neu. Sie haben mich zu einem „Volksfeind“ erklärt. Auch diesmal geht es den Clans wieder um eine Machtdemonstration. Sie wollen zeigen, dass sie stärker sind als der deutsche Staat, den sie im Grunde ihres Herzens verachten. Sie wollen, dass ich mich entschuldige.

Ist das für Sie eine Option?

Auf keinen Fall. Ich beschreibe in meinen Büchern und Interviews ja nur die Wirklichkeit – die übrigens viel zu viele Leute und vor allem viel zu viele Politiker in Deutschland nicht wahrhaben wollten. Ich habe mittlerweile drei Strafanzeigen erstattet. Ich habe mir dafür die Drahtzieher der Hass-Aktion gegen mich ausgesucht.