Bettina Gruber: FRAUENFEINDLICHER FEMINISMUS I: Konstruktivismus für geistig Arme / KEIN FISCH OHNE FAHRRAD

MESOPOTAMIA NEWS : PARADOXIEN IN DER LBGTI-KULTUR

Als Alternativ-Untertitel schlug unsere Autorin »Die Gender-Theorie ist die Welt-Eis-Lehre der Moderne« vor, dem treffenden Vergleich eines anonymen Foristen folgend. Ob Judith Butler in einigen Jahrzehnten ebenso müde belächelt werden wird wie der findige Welt-Eis-Vordenker Hanns Hörbiger oder ob sie genügend Deutungsmacht entfalten kann, um Wirklichkeiten auch weiterhin als Anachronismen dastehen zu lassen, steht einstweilen noch in den (Gender-)Sternen.

In den Naturwissenschaften nimmt die Wahrnehmung der physischen Differenzen zwischen den Geschlechtern zu. »Allmählich wird klar: Vom Immunsystem bis zu Magensäuregehalt – Männer und Frauen unterscheiden sich in weit mehr als nur ihren Geschlechtsorganen und ein paar Hormonen. Die Unterschiede sind nicht unerheblich und begünstigen einmal die Männer und ein anderes Mal die Frauen. Gesellschaftlich betrachtet ist eine solche Erkenntnis geradezu anachronistisch. Wir leben in einer Zeit der Gleichstellung, die in jahrhundertelangem Kampf errungen worden ist. Und doch wächst in der Medizin gerade jetzt das Bewusstsein für die Geschlechtsunterschiede − und die Einsicht, dass sie mitunter über Tod und Leben entscheiden. Daran, dass diese Unterschiede bislang kaum berücksichtigt wurden, krankt die gesamte medizinische Versorgung von der Hausarztpraxis bis zur Universitätsklinik. Ein unbemerktes Problem, man könnte auch von einem geräuschlosen Skandal sprechen

https://www.zeit.de/2017/22/geschlechter-medizin-maenner-frauen-medikamente-unterschiede

Dem Zeitautor ist die Existenz leibhaftiger, nicht wegzudiskutierender physischer Unterschiede peinlich − kein Wunder, hier wird in der Rubrik »Wissen« gerade gegen einen zentralen Glaubensartikel der Kollegen vom »Feuilleton« verstoßen. Leider hat sich die Natur mir nichts dir nichts einen »Anachronismus« erlaubt, ohne zuvor bei Frau Butler oder ihren einheimischen Stellvertreterinnen nachgefragt zu haben, die sie eines Besseren belehrt hätten. Die geisteswissenschaftlich angesiedelten Gender Studies leugnen ja bekanntlich mehrheitlich die Realexistenz von Geschlecht, und damit auch die möglichen Unterschiede zwischen den Geschlechtern: Geschlecht ist, worüber sich mittlerweile allenfalls Amazonas-Indianer ohne Internet im Unklaren befinden dürften, eine bloße Konstruktion. Das ist natürlich reinster akademischer Populismus (wäre man boshaft, würde man sagen: Konstruktivismus für Arme), eine Art postmodernes Seitenstück zum Sozialdarwinismus oder zu Stalins Einlassungen zur Sprachwissenschaft. Und er verfolgt ähnliche Zwecke, nämlich die stromlinienförmige Zurichtung möglichst großer Bevölkerungsgruppen − »Mainstreaming« ist ein sehr verräterisches Wort…

Diesem Populismus der akademischen Disziplin folgt die Politik und setzt auf dieser Basis auf radikale »Gleichheit«. Die Widersprüche werden nicht thematisiert: weder der zwischen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen und der Butleristischen Lehre von der Inexistenz biologischen Geschlechts noch der zwischen der Beschwörung der Gleichheit der Geschlechter und der aggressiv vorgetragenen Doktrin von der grundsätzlichen Dressurbedürftigkeit des männlichen Geschlechts.

Abgesehen von den Widersprüchen, die sich vermehren ließen, denn die Essenz von Gender-Theorien ist nicht logische Konsistenz, sondern ein rhetorisches Verwirrspiel, das gegen Kritik immunisieren soll: Diese Egalität ist Lippenbekenntnis, denn das Bild, das Gender vom Körper der beiden Geschlechter erzeugt, ist asymmetrisch. Während Männer als gefährliche testosterongesteuerte Bomben gelten, entsteht das Bild einer Frau ohne (realen) Körper: das, was sie vor jeder gesellschaftlichen Prägung zur Frau macht, ihre Anatomie und ihre hormonelle Ausstattung, soll für ihre Präferenzen und Fähigkeiten keinerlei Rolle spielen. Männer sind (um auf die vulgärste Ebene dieses Diskurses einzusteigen) angeblich »schwanzgesteuert« (ein Klischee, das ich mit der Generation meiner Großmutter für ausgestorben gehalten hatte), Frauen können seltsamerweise ganz unabhängig von ihrem Körper einfach alles.

Tatsächlich ist dieses Denken körperfeindlich: Das Postulat der Gleichheit (nicht Gleichwertigkeit) der Geschlechter vernichtet den konkreten geschlechtlichen Körper, um ein Phantom an seine Stelle zu setzen: das eines Frauentypus, der in allen Dingen die gleiche Wahl treffen wird, wie Männer es klassischerweise tun. Die phantasmatische feministische Überfrau hat einen Körper nur dann, wenn es ums selbstbestimmte sexuelle Vergnügen geht, steht aber mirakulöserweise in keinerlei Abhängigkeit von diesem. Geschlecht ist anscheinend doch Schicksal, aber derzeit nur für den Mann. Es dürfte sich um die speziell weibliche Variante einer Omnipotenzphantasie zu handeln, die man mit einem Achselzucken quittieren könnte, würde sie Frauen nicht mit staatlicher Rückendeckung und unter 24/7-Propagandagetrommel als Realität suggeriert.

Dies ist längst als Wunschbild widerlegt, trotzdem wird alles getan, um es zur Realität werden zu lassen. Ungeachtet der Tatsache, dass eine überwältigende Überzahl von Mädchen einfach nicht in MINT-Fächer will, wird weiter geschoben, gedrückt und gedrängt, während man sich gleichzeitig über Länder erregt, die Geburtenförderung betreiben, als wäre das etwas Illegitimes. Das zeigt sehr gut das wahre Gesicht dieser vorgeblichen Befreiungs- und Gleichstellungsbewegung: Es geht um die Durchsetzung einer neuen Norm von Weiblichkeit, das Wohl realer Frauen ist dabei bestenfalls nachrangig. Damit handelt es sich, wie bei anderen Formen von political correctness, um eine äußerst aggressive Form von social engineering, die sich unter dem Stichwort »Befreiung« verkaufen kann, weil »Freiheit« ein Begriff ist, der seit der Französischen Revolution Pawlosche Reflexe auszulösen scheint, egal was gerade darunter verstanden wird. Wovon die europäische Frau im 21. Jahrhundert befreit werden sollte, bleibt schleierhaft (von feministischen Vorbeterinnen und Vorbetern, die nur ihr Bestes wollen? Sie sollte es ihnen nicht geben!).

Das ist auch festzuhalten in Bezug auf die ewige Leier von den »traditionellen Rollenbildern«, die »aufgebrochen« werden müssten. Das erweckt bei naiven Gemütern zwingend den Eindruck, Frauen würden durch Gleichstellungsbeauftragte und Ministerinnen in silberner Rüstung vom Drachen namens »Rollenbild« befreit, während tatsächlich ein massiver neuer Rollendruck entwickelt wird. Die vielen magersüchtigen Jugendlichen und die endemischen Bindungsprobleme, die Karrierezwänge bei tickendem biologischem Uhrwerk und die Zuschreibung sämtlicher Probleme an die Adresse der (weißen heterosexuellen) Männer deuten nicht auf irgendeine »Befreiung« hin, sondern auf Überlastung, Maßstablosigkeit und Verwirrung. Frauen werden gnadenlos in die für sie in der schönen neuen Welt politisch vorgesehenen Rollen hineingedrängt – von Frauen (und neuerdings auch von männlichen Unterstützern, die quasi als Hirtenhunde für die feministischen Hirtinnen fungieren). Gender-Doktrinen und der gesamte neuere Feminismus sind damit nicht bloß androphob, sondern, so paradox das klingt, auch noch massiv frauenfeindlich: Die von der dürren Egalitätsdoktrin abweichenden Bedürfnisse realer heterosexueller Frauen können nicht akzeptiert werden. Das ist konsequent, denn mit dem biologischen Geschlecht muss gleichzeitig eine elementare Tatsache geleugnet werden: die grundlegende Bezogenheit der Geschlechter aufeinander. Geschlechter lassen sich nicht als Monaden beschreiben, sie existieren, weil das jeweils andere in der Welt ist, ansonsten gibt es für den Dimorphismus keinen Grund. (Die Vorstellung, dass der eigene Körper seine konkreten Gestalt seiner Fortpflanzungsfunktion verdankt und sich ihrer individuellen Willkür entzieht, ist für die spätfeministische Frau die narzisstische Kränkung schlechthin. Es ist eine besondere Art, nicht Herrin im eigenen Haus zu sein.)

Genau an diesem Zugeordnetsein scheitern feministische und genderistische Beschreibungsversuche (und darin, diese einfache Tatsache zu verdrängen, dürfte ein zentrales Motiv der wundersamen Geschlechtervermehrung zu suchen sein). Und genau deshalb werden ihre Vertreterinnen (was immer sie behaupten mögen), die überwältigende Mehrheit heterosexueller Frauen niemals repräsentieren. So sehr frühe Forderungen wie Wahlrecht und gleicher Lohn für gleiche Arbeit zu überzeugen vermochten, so wenig tragfähig ist alles, was darüber hinaus gefordert wurde.

Bevor wir diese »Bezogenheit« im zweiten Teil näher erläutern, erteile ich einem unbekannten Kommentator das Wort: »Die Gender-Forschung ist die Welt-Eis-Lehre der Moderne. Sie wird genauso abrupt enden wie diese.« (»Forist2«, Kommentar zu spiegel online-Artikel über den widerborstigen Biologen Ulrich Kutschera, 04.09.2015).

Lieber Unbekannter, Ihr Wort in Gottes Ohr…

(Teil II: »Frauenfeindlicher Feminismus II. Kein Fisch ohne Fahrrad« folgt alsbald.)

http://www.spiegel.de/lebenundlernen/uni/universitaet-kassel-professor-ulrich-kutschera-zieht-ueber-genderforschung-her-a-1050888.html

 

Bettina Gruber: KEIN FISCH OHNE FAHRRAD − Frauenfeindlicher Feminismus II

Unsere Autorin hatte in der ersten Lieferung dieser kleinen Serie festgestellt, dass Feminismus nicht nur männerfeindlich ist (was nun keine Überraschung darstellt), sondern auch frauenfeindlich, weil er nicht von den Bedürfnissen realer Frauen ausgeht, sondern von einem Frauentypus, der seinen rigiden Normvorstellungen und Idealen entspricht. Er reagiert damit unter anderem auf ökonomische Anforderungen und politische Opportunität (Frauen bilden ein attraktives Wählerpotential.)

*Der Mythos einer Befreiungsbewegung (die der frühe Feminismus bis zu einem gewissen Grade war) wird immer mehr als genau das erkennbar: ein Mythos, oder besser: ein ideologisches Versatzstück in einer Menschen schablonisierenden Ideologie. Wo Gleichstellung draufsteht, ist Normierung drin.

Die Durchsetzung dieser neuen Normen funktioniert also unter der Fahne der Befreiung bestens. Ihr ausdauerndes Schwenken stellt sicher, dass die Normierten begeistert mitschwenken, weil sie glauben, hier würde ihre Sache vertreten und verhindert, dass der Vorgang als das erkannt wird, was er ist.

Die Feindseligkeit gegenüber beiden Geschlechtern (das vom Bundesverfassungsgericht statuierte dritte ist hier nicht mein Thema) äußert sich deutlich im Versuch, die Grundkategorie des Geschlechts selbst zu zerstören. Diese passt in ihrer Tendenz nicht zum gewünschten totalisolierten Individuum, das ideologisch und als Konsument leicht lenkbar ist. Geschlecht impliziert ja im statistischen Normalfall (völlig ohne Wertung) eine Bezogenheit auf das »gegenüberliegende« Geschlecht und damit die Möglichkeit einer Bindung. Gut strukturalistisch erhalten die Begriffe »Mann« und »Frau« ihre Bedeutung nur durch ihr Gegenteil. Ob das postmodernen Geistern gefällt oder nicht, dieser Bezug ist binär, wenn auch mit einer enormen Bandbreite an jedem seiner Pole. (Dass es keineswegs übertrieben ist, vom Wunsch nach einer Zerstörung der Zweigeschlechtlichkeit zu sprechen, zeigt z.B. die »Neue Regelung für geschlechtergerechte Sprache« der Stadt Hannover. Dort lässt man die Katze aus dem Sack, denn es heißt ganz offen: »Das Sternchen zwischen der maskulinen und femininen Endung … hebt gezielt den Geschlechterdualismus auf.« Deutlicher kann man nicht mehr werden.

Dieses Aufeinander-Bezogen-Sein ist die grundlegende Wahrheit von Geschlecht − eine Banalität, die man aussprechen muss, weil sie außer Gebrauch gerät. Ohne Zweigeschlechtlichkeit hätten wir diese Kategorie gar nicht. Die alte Symbolik von Schloss und Schlüssel ist allerdings viel mehr als nur anatomisch. Sie bedeutet auch, dass weite Bereiche unseres Alltagslebens durch eine ständige (latente oder aktuelle) Bezugnahme auf das andere Geschlecht gekennzeichnet sind.

Der öfters an universitären Klotüren zu lesende feministische Programm-Spruch »Eine Frau ohne Mann ist wie ein Fisch ohne Fahrrad« ist demnach so sinnvoll wie weißes Rauschen und so nutzbringend wie Tetanus − das gilt auch, wenn man »Frau« und »Mann« gegeneinander vertauscht. Es ist evident, dass der Fisch-Fahrrad-Satz für die Mehrzahl der Frauen in der Mehrzahl ihrer Lebenssituationen schlicht unzutreffend ist. Die Millionen von Menschen auf der Welt, die ständig (auch in dem Augenblick, in dem Sie dieses lesen) und oft verzweifelt nach gegengeschlechtlichen Lebenspartnern oder Sexualkontakten suchen, belegen das Gegenteil. Um im Bild zu bleiben: Frauen ohne Männer und Männer ohne Frauen sind wie Fische ohne Wasser. Es gibt also kaum eine Behauptung, die realitätsverleugnender sein könnte. Allenfalls macht ihr noch Sheila Jeffreys’ ebenfalls einst beliebtes Zitat »Alle Frauen sind lesbisch außer denen, die es noch nicht wissen« Konkurrenz. Die unglaubliche Anmaßung und Frauenverachtung, die in diesen Sätzen steckt, hat der Gender-Aktivismus vom radikalen Feminismus geerbt und potenziert. 90 % der Frauen werden damit einer Beschreibung unterworfen, die keinerlei Respekt vor ihrer sexuellen Orientierung zeigt.

Der Spruch entspricht keiner Wahrheit, aber er erfüllt dafür einen Zweck und er ist repräsentativ für ein sehr ernstzunehmendes Streben. Geprägt wurde er von der (nicht-lesbischen) amerikanischen Feministin Gloria Steinem, die als Gallionsfigur und Herausgeberin des Magazins Ms. berühmt wurde. Nun kann man sich (auch wenn man einen spielerisch-provokativen Charakter des Satzes in Rechnung stellt) fragen, wie eine heterosexuelle Frau und mit ihr eine ganze Bewegung dazu kommt, einen solchen Satz als eine Art Motto anzusehen.

Der Grund ist klar, auch wenn er in den offiziellen und offiziösen Diskursen, die die Frauenbewegung feiern, nicht auftaucht: Ihr Fetisch ist und war das überlebensgroße Phantasiebild einer absolut unabhängigen und sich selbst ermächtigenden Frau. Bezogenheit auf das andere Geschlecht dagegen nimmt über weite Strecken des Lebens unweigerlich die Form einer gegenseitigen Abhängigkeit an. Damit widerspricht sie einem Ideal westlicher Gesellschaften, das auch die Entstehung des Feminismus befeuerte, nämlich dem radikaler Un-abhängigkeit (die für jedes Lebewesen ein Phantasma bleiben muss) und Freiheit. Sie bildet einen Stolperstein für den Kultus des autonomen (hier: weiblichen) Subjekts, nicht zuletzt, weil sie in ihrem grundlegendsten Aspekt auf Fortpflanzung ausgelegt ist. Störender als stabile weibliche Heterosexualität ist für diese feministische Selbstschöpfungsphantasie dann nur mehr die Mutterschaft. Die ganze Fisch-ohne-Fahrrad-Geschichte ist also einfach eine Fortsetzung der radikalen Individualisierungs- und Vereinzelungstendenzen, mit dem sich der Feminismus in völlig unorigineller Weise der Gesamttendenz der Modernisierung angepasst hat. Revolutionär, wie gerne geglaubt wird, ist an den Feminismen in dieser Hinsicht gar nichts. Die stolze Proklamation der Selbstgenügsamkeit ist im Rückblick ein Akt des totalen Konformismus. (Das ist besonders traurig, wenn man bedenkt, wie viel das Streben nach diesem Richtwert Frauen, und in der Folge Männer und Kinder, gekostet hat, und wieviel Anstrengungen, beste Absichten und Herzblut in diesen Kampf an einer falschen Front geflossen sind.)

Sätze dieser Art fungieren als ein Abwehrzauber gegen die Einsicht, dass es für heterosexuelle Menschen, also die überwältigende Mehrheit, keine Unabhängigkeit der Geschlechter voneinander geben kann und diese für den Zusammenhalt der Gesellschaft auch nicht wünschbar ist.

Diese sehr einfache Erkenntnis wird durch die Verwechslung von Geschlecht und sexueller Orientierung, wie der Gender-Hype sie systematisch betreibt, für die, die sich innerhalb seiner Grenzen bewegen, fast unmöglich gemacht. Da es sich mittlerweile um ein den öffentlichen Diskurs beherrschendes Paradigma handelt (in Großbritannien werden Meinungsabweichungen im Internet von einer Task-Force verfolgt), gerät eine uneingeschränkt positive Bewertung von Heterosexualität fast schon zur Dissidenz. ( Vgl. https://www.gwi-boell.de/de/comment/335 – Bei der Böll-Stiftung ist man schon so weit: »Alle Heteros sind homophob.«)

Gerade deswegen muss eine neue Beschreibung her, die nachholt, was Feminismus und Gender-Studies nicht leisten konnten und wollten, nämlich eine Beschreibung des Mit- und Gegeneinanders beider Geschlechter im historischen Wandel, also ein Verhältnisgeschichte. Es gibt »systemische Therapie«, die gemeinsame Therapie von Gruppen oder Familien, eine systemische Geschlechterforschung aber fehlt. Die würde dann endlich zwei unerträgliche Mankos korrigieren: dass in einer mit Unsummen von Steuergeldern geförderten akademischen (!) Disziplin eine Hälfte der Bevölkerung dämonisiert, die andere idealisiert wird, was zu Lasten beider geht; und dass die sexuelle Orientierung von vielleicht 90 % der Bevölkerung als »Zwangsheterosexualität« dämonisiert werden kann und ansonsten keine Rolle spielt.

 

Über die Autorin: BETTINA GRUBER, Dr. phil. habil., venia legendi für Neuere Deutsche Philologie sowie Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft. Vertretungs- und Gastprofessuren in Deutschland, Österreich und den USA. Ernennung zur außerplanmäßigen Professorin an der Ruhr-Universität Bochum 2005. 2015 bis 2017 im Rahmen des BMBF-Projektes FARBAKS an der TU-Dresden. Letzte Buchveröffentlichung: Bettina Gruber / Rolf Parr (Hg.): Linker Kitsch. Bekenntnisse – Ikonen−Gesamtkunstwerke. Paderborn 2015.